Großbritannien würde planmäßig in der zweiten Jahreshälfte 2017 das nächste Mal die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Stimmt eine Mehrheit morgen, Donnerstag, für den Ausstieg aus der EU, wäre das Königreich zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied, weil die Verhandlungen zum Austritt sicher noch andauern würden. Den Vorsitz im Gremium der EU-Staaten würde die Insel aber wohl nicht mehr übernehmen. In Brüssel geht man davon aus, dass die Briten im Falle eines Austritts verzichten und Estland im Kalender der Ratspräsidentschaften ein halbes Jahr vorrückt.
Zuvor sind jedenfalls die Slowaken am Zug. Sie übernehmen am 1. Juli das Zepter von den Niederlanden. Das Programm für ihre Ratspräsidentschaft konnte die slowakische Regierung aber noch nicht vorlegen. Vieles hängt auch hier am Ausgang des britischen Referendums.
Sollten die Briten für den Austritt stimmen, steuert die EU ins Ungewisse. Die Verhandlungen über den Austritt - und allein die Organisation dieser Verhandlungen - würden in den kommenden sechs Monaten der slowakischen Präsidentschaft wohl alles überschatten. Eigene Akzente bei der europäischen Agenda könnten die Slowaken dann kaum setzen.
Stimmen die Briten für den Verbleib, haben die Slowaken mehr Spielraum. Einige britische Anliegen müssen sie dennoch einplanen: Premier David Cameron hatte in seinem Deal mit den EU-Partnern Änderungen ausgehandelt, die im Falle eines Verbleibs in der EU schlagend werden. Darunter die Notbremse bei Sozialleistungen für EU-Ausländer, die unter slowakischer Präsidentschaft im Rat verhandelt werden müsste - und parallel dazu im Europäischen Parlament.
Abseits der Briten-Themen stehen die Schwerpunkte der Slowaken fest. Premier Robert Fico nannte nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kürzlich die Stärkung der europäischen Wirtschaft und dabei speziell des digitalen Binnenmarktes sowie die Migrations- und Asylpolitik.
Spannend wird vor allem, wie der slowakische Vorsitz bei der Migrationspolitik agiert. Fico versicherte, man werde als "ehrlicher Vermittler" auftreten. Bislang standen die Slowaken, mit anderen östlichen Staaten, bei gemeinsamen Lösungen vor allem auf der Bremse. Wegen seiner antiislamischen Rhetorik drohten seine europäischen Parteikollegen Fico zuletzt sogar erneut mit dem Rauswurf aus der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE).