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Ein Lunch, der keinem schmecken will

Es brodelt weiter im "LuxLeaks"-Ausschuss des EU-Parlaments. Für Unmut sorgt Jean-Claude Juncker - und eine Ikea-Einladung.

Stephanie Pack-Homolka

Auf 18 Jahre alten Geschichten muss man doch wirklich nicht mehr herumreiten, findet dieser Tage so mancher Sprecher der EU-Kommission in Brüssel. Muss man doch, beharrt hingegen der Sonderausschuss zu "LuxLeaks" im Europaparlament. Die alte Geschichte betrifft die viel kritisierten Steuerdeals in Luxemburg und die Frage, wie stark der heutige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker damals in seiner Funktion als Premier und Finanzminister in diese Absprachen eingebunden war.

Zumindest hätte er alarmiert sein müssen, was ihr Ausmaß angeht. Das legt ein Bericht über Steuerbetrug in Luxemburg nahe, den Juncker 1997 als Premier selbst in Auftrag gegeben hat. Der Autor Jeannot Krecké warnte darin, das Großherzogtum locke internationale Konzerne mit dem Versprechen niedriger Steuern an. Ähnliche Praktiken gebe es auch in den Niederlanden. Weil er mit dieser Erkenntnis keine internationale Diskussion über Steuervorbescheide auslösen wollte, entfernte der Autor, ein sozialdemokratischer luxemburgischer Abgeordneter, die brisante Seite einfach aus dem Bericht - was mittlerweile aufflog.

18 Jahre nach dem Report stand Juncker nun dem "LuxLeaks"-Ausschuss vor gut einer Woche Rede und Antwort. Auch auf die Gretchenfrage: Hat er von jener Seite, die aus dem Bericht entfernt wurde, gewusst? Juncker verneinte das in der öffentlichen Anhörung. Der Autor des Berichts widersprach allerdings. Laut Krecké hat Juncker, damals Premier, den vollständigen Bericht erhalten.

Hat der Kommissionspräsident vor dem Ausschuss gelogen? Oder liegt die Angelegenheit so weit zurück, dass er sich tatsächlich nicht erinnert? Fakt ist, dass der politische Druck auf Juncker mit der Angelegenheit noch einmal gestiegen ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er die betreffende Seite mittlerweile veröffentlicht hat.

Viele EU-Abgeordnete wollen mehr denn je die Frage klären, welche politische Verantwortung dem Kommissionspräsidenten im Zusammenhang mit den Steuerdeals zukam. Auf Antworten warten sie außerdem von Unternehmen, teils vergeblich. Der Ausschuss hatte eine Reihe von Firmen, die in den "LuxLeaks"-Enthüllungen auftauchten, zu einer Anhörung ins Parlament eingeladen. Ikea zählt zu denen, die nicht aufgetaucht sind. Dafür kam jetzt eine Einladung des Möbelhauses an den Sonderausschuss: Man will sich zu einer "informellen Steuerdiskussion" bei einem Lunch treffen.

Eine Frechheit, finden viele im Parlament. Ikea drückt sich um die offizielle Anhörung und will stattdessen im Lobbyformat reden - das schmeckt den Abgeordneten nicht. Obwohl die Einladung nicht einmal zu Ikeas Köttbullar gedacht war, sondern zum Griechen.