Kennen Sie Dimitris Avramopoulos? Vielleicht seit der vergangenen Woche. Der griechische EU-Kommissar ist für Migration, Inneres und Bürgerschaft zuständig. Am heutigen Dienstag stellt er gemeinsam mit Frans Timmermans, dem Vizepräsidenten der Kommission, die neue Sicherheitsstrategie der EU vor. Zuletzt präsentierte er an der Seite der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini den Zehn-Punkte-Plan, mit dem die Kommission auf die Flüchtlingskatastrophe reagierte.
Avramopoulos steht in der zweiten Reihe. Genau wie 19 seiner Kollegen, die "einfache Kommissare" in Jean-Claude Junckers Team sind. Jedes Thema, das sie bearbeiten, geht über den Schreibtisch eines der sieben Vizepräsidenten. Der Hintergrund: Vor Jahren hätte die Zahl der Kommissare beschränkt werden sollen, auf Druck von Irland blieb man aber bei dem System "Ein Land, ein Kommissar". Um die Agenden nicht unnötig aufzuspalten und für jeden der 28 ein Ressort zu konstruieren, wählte Juncker die neue Architektur: 20 Politikfelder, die von je einem Kommissar bearbeitet werden, darüber die sieben Vizepräsidenten, die deren Arbeit koordinieren.
Es gab Zweifel, ob das System den Praxistest bestehen wird. Grabenkämpfe um die Zuständigkeiten wurden befürchtet. Die Frage des richtigen Ansprechpartners drängte sich auf - für Diplomaten, Journalisten und Lobbyisten gleichermaßen. Nach knapp einem halben Jahr fällt eine erste Bilanz gespalten aus. Den richtigen Ansprechpartner finden zumindest jene auf Anhieb, die regelmäßig in Kontakt mit der Kommission stehen. Die Sache der doppelten Zuständigkeit hat mitunter sogar Vorteile. So hört man etwa aus dem Parlament inhaltliche Kritik am deutschen Kommissar Günther Oettinger, zuständig für Digitales. Mit dem zuständigen Vizepräsidenten Andrus Ansip sei die Gesprächsbasis hingegen gut, heißt es.
Aus dem Umfeld der Kommission hört man hauptsächlich Gutes über die neue Struktur. Sie habe zu mehr Teamgeist geführt, der Wettbewerb unter den Kommissaren um Themenführerschaft und Reputation habe im Vergleich zu früheren Kommissionen abgenommen. Die Abstimmung unter den Kabinetten der Kommissare funktioniert, in der Regel ist auch der Draht zwischen Kommissaren und den zuständigen Vizepräsidenten gut. Besonders auch zwischen dem Österreicher Johannes Hahn und der EU-Außenbeauftragten Mogherini.
Aber nicht in allen Etagen des Kommissionsgebäudes herrscht eitel Sonnenschein. Dicke Luft gibt es dem Vernehmen nach zwischen Miguel Arias Cañete, Kommissar für Klima und Energie, und Maroš Šefcovic, dem Vizepräsidenten für die Energieunion. Beide wollen die Hand auf dem wichtigen Portfolio haben.