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Der Tod und die Apothekerin

Martin Behr

Schon wieder eine Warteschlange, diesmal in der Apotheke. Ein Mann wird von der Angestellten irrtümlich vor einer schon länger wartenden Pensionistin bedient, worauf sich dieser bei ihr entschuldigt: "Tut mir leid, dass Sie übersehen wurden." Die Pensionistin: "Macht ja nichts. Ich hab Zeit. Auf mich wartet eh keiner mehr. Nur der Tod." Plötzlich Ruhe im Gehüstel der Wartenden. Der Mann (etwas konsterniert): "Gehen S', wer wird denn vom Sterben reden, jetzt vor Weihnachten?" Die Frau: "Wäre traurig, ausgerechnet vor Weihnachten zu sterben . . ." Wieder konsterniertes Schweigen. Einer aus der Warteschlange mischt sich ein: "Sterben ist immer traurig." Die Stimme der Apothekerin beendet das bizarre, morbide Gespräch: "Wer ist der Nächste?"