Die gemeinnützige Salzburger Wohnbaugesellschaft Gswb hat Mietwohnungen zu Spottpreisen an drei ihrer leitenden Mitarbeiter vergeben. Die Betreffenden verdienen zwischen 3700 und 4700 Euro netto monatlich. Eine der Wohnungen kostet 406 Euro für 68 Quadratmeter, eine andere (58 Quadratmeter) 346 Euro. Von so günstigen Mieten können wesentlich finanzschwächere Menschen in Salzburg oft nur träumen. Dennoch sieht der Aufsichtsratsvorsitzende in der Vergabe an eigene Führungskräfte keinen Skandal. Da irrt er. Aus mehreren Gründen.
Erstens wurden die Wohnungen mit Mitteln der Wohnbauförderung errichtet. Auch wenn sie mittlerweile ausfinanziert sind: Sie sind für Menschen gedacht, die auf dem freien Wohnungsmarkt wenig Chancen haben. Und nicht für Spitzenverdiener.
Zweitens ist Wohnbauförderung Steuergeld. Es wird eingesetzt, um einen sozialen Ausgleich zu schaffen. Die Wohnungsvergabe an überdurchschnittlich verdienende Führungskräfte aus dem eigenen Unternehmen dient diesem Zweck nicht.
Drittens - und das wurde erst jetzt einer breiteren Öffentlichkeit bekannt - gibt es bei der Gswb keine transparenten, für alle nachvollziehbare Vergabekriterien. Die beiden Geschäftsführer entscheiden ganz allein darüber, wer eine Wohnung bekommt und wer nicht. Das ist unhaltbar. Gegenüber den Kunden, die sich solcherart in die Rolle von Bittstellern versetzt fühlen, denen ein Gnadenakt gewährt wird. Und gegenüber den Geschäftsführern, die angreifbar werden, selbst wenn sie nach bestem Wissen und Gewissen vorgehen.
Viertens gehört die Gswb je zur Hälfte Stadt und Land - und damit allen Salzburgern. Wie die Wohnungen vergeben werden, liegt also im öffentlichen Interesse. Dieses zu wahren wäre unter anderem die Aufgabe der Politiker, die im Gswb-Aufsichtsrat sitzen. Derzeit sind das SPÖ-Klubchef Bernhard Auinger, ÖVP-Klubchef Christoph Fuchs, SPÖ-Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer und Gemeinderätin Ulrike Saghi (Bürgerliste). Der Landtagsabgeordnete Otto Konrad schied diese Woche aus.
Die Ausrede gilt nicht, wonach die Politiker nichts gewusst hätten von der undurchsichtigen Vergabepraxis: Das städtische Kontrollamt hat diese Praxis bereits 2010 in einem Bericht thematisiert; der Landesrechnungshof hat diesen Mai nachgelegt und "eine transparente, nachvollziehbare Wohnungsvergabe für Miet- und Eigentumswohnungen" vermisst; und Gemeinderätin Saghi hat bereits 1999 gefordert, die Stadt solle mit ihren Vergabekriterien das alleinige Zuweisungsrecht in der Stadt haben.
Geschehen ist nichts, bis das "Salzburger Fenster" diese Woche die Sache aufgedeckt hat.
Fünftens macht der Hinweis, es handle sich ja nur um drei Fälle, die Sache nicht besser. Es geht nämlich nicht um die Anzahl, sondern ums Prinzip: Der Eindruck entstand, dass eher zu einer Wohnung kommt, wer Entscheidungsträger kennt und über Insiderwissen verfügt. Das regt viele Wohnungssuchende auf. Zu Recht. Und es bestätigt jene, die ohnedies der Meinung sind, "die da oben" richteten es sich schon auf Kosten "der da unten". Wer wissen will, welche Motive Politikverdrossene und Protestwähler haben, der sehe sich diese Causa genau an.
Sechstens scheint auch die Gswb selbst der Ansicht zu sein, Fehler gemacht zu haben: Warum sonst kündigt der Aufsichtsrat an, nun doch einen Kriterienkatalog für die Wohnungsvergabe erstellen zu lassen? Warum sonst will die Gswb nun auf die betroffenen drei Führungskräfte einwirken, freiwillig aus dem Mietvertrag auszusteigen?
Der Duden definiert Skandal übrigens mit "Geschehnis, das Anstoß und Aufsehen erregt". Genau darum handelt es sich hier.