"Aus der Forschung wissen wir, dass schon sechs Wochen mit einem Dankbarkeitstagebuch das Denken verändern."
Elisabeth Walcher
Psychotherapeutin
Manch einen, der sich selbst noch nicht allzu sehr auf der Sonnenseite des Lebens wähnt, könnten diese fünf Punkte jedoch zunächst überfordern. Es hilft jedoch schon, damit anzufangen, einen zentralen Aspekt der Positiven Psychologie für sich zu verinnerlichen, sagt Walcher: den der Dankbarkeit. "Das ist sowohl eine Emotion als auch eine Charakterstärke, die sich aktiv stärken lässt. Wer sich täglich damit beschäftigt, wofür er oder sie dankbar im Leben ist, erlebt nachgewiesenermaßen bereits nach sechs Wochen positive Veränderungen im Denken und Empfinden. Um zu dieser Dankbarkeit zu gelangen, sei es schon hilfreich, sich jeden Morgen oder Abend fünf Minuten hinzusetzen - und drei Dinge in ein Tagebuch aufzuschreiben, über die man sich freue. "Das können große und kleine Dinge sein. Es kann im Kleinen ein tolles Gespräch sein, das man mit einem lieben Menschen geführt hat, oder ein schöner Moment beim Spazierengehen. Und es kann das Große sein, dass man Zugang zu Trinkwasser und ausreichend Nahrung hat, in einem Land lebt, in dem es keinen Krieg gibt." Entscheidend sind oft gar nicht die ganz großen Glücksereignisse im Leben - sondern viele kleine, sogenannte Mikromente des Glücks, sagt Walcher. "Wer offen und achtsam ist, wird viele von diesen erleben, bei ganz alltäglichen Dingen - man muss ihnen nur Raum geben, sonst werden sie von der Alltagsroutine verschluckt."
Beziehungen enorm wichtig
Ein Aspekt sei zudem besonders entscheidend für ein glückliches Leben, betont Walcher: gute Beziehungen zu führen: "Die Grant-Studie, die längstdauernde Glücksstudie der Welt, belegt das ganz deutlich: Menschen, die rückblickend betrachtet ihr Leben als ein glückliches bezeichnen, sind solche, die enge und gute Beziehungen pflegen. Es ist eines der tiefsten Bedürfnisse im Menschen überhaupt, zu lieben und geliebt zu werden, für jemand anderen bedeutsam zu sein." Natürlich sei es nicht immer einfach, intensive Beziehungen zu pflegen - "es ist anstrengend, man muss sich immer wieder aufeinander einlassen, Kompromisse schließen. Doch es lohnt sich." So sei nachgewiesen, dass Menschen mit guten sozialen Beziehungen im Schnitt nicht nur zufriedener, sondern auch länger leben.
Negative Denkmuster aufbrechen
Auch die eigenen Denkmuster zu hinterfragen sei ein wichtiger Schritt der Positiven Psychologie. "Wir bewerten viele Dinge oft automatisch negativ", sagt Walcher. Da helfe es, aufzudröseln: Was ist gerade passiert? Als Zweites: Welche Gefühle löst das in mir aus? Und erst in dritter Instanz: Wie möchte ich dieses Ereignis für mich bewerten? "Wir nennen das das ABC-Modell, es stammt aus der Resilienzforschung, die sich damit beschäftigt, gut mit Widrigkeiten des Lebens zurechtzukommen." Regelrecht wie ein Befreiungsschlag könne es sich anfühlen, habe man erst einmal geschafft, negative Denkmuster zu entlarven und in weiterer Folge aufzubrechen. Im Sinne des ABC-Modells und der Positiven Psychologie sei es sehr wichtig, ein gutes Selbstbild von sich zu entwickeln. "Viele neigen dazu, allzu selbstkritisch zu sein. Doch jeder darf sich selbst auf die Schulter klopfen und sagen: Ich bin stolz auf mich selbst, ich habe den Weg bis hierhin geschafft und habe das großartig gemeistert."
Ziele setzen
Um auf schöne Gedanken zu kommen, empfiehlt Walcher zudem, im Alltag für Abwechslung zu sorgen und Beschäftigungen einzuplanen, die einem persönlich Freude bereiten. "Gerade neue Dinge auszuprobieren und für diese offen zu sein ist sehr wertvoll. Das kostet erst Überwindung, weil man sich aus seiner Komfortzone herausbegibt. Doch für das Gehirn ist das eine Anregung, sich für positive Erfahrungen zu öffnen."
Nicht zuletzt seien Ziele im Leben von großer Bedeutung. "Im besten Fall solche, bei deren Erreichung auch andere profitieren. Wir wissen aus der Forschung, dass es besonders glücklich macht, wenn wir nicht nur uns selbst, sondern auch anderen eine Freude bereiten können."