"Die Männer in Österreich gehen zu selten zur Vorsorge."
80 Prozent aller Männer über 70, erklärt der Facharzt weiter, haben eine vergrößerte Prostata - doch nur die Hälfte von ihnen empfinde einen Leidensdruck. Entsprechende Medikamente brächten ihnen Erleichterung. "Wir schauen präventiv, dass wir die Blase funktionell halten. In manchen Fällen kommen dabei auch minimalinvasive Eingriffe in Frage, bei denen überschüssiges Gewebe entfernt wird."
Aggressive Karzinome rechtzeitig entfernen
Das dritte und größte Problem in Verbindung mit der Prostata habe eine Gemeinsamkeit mit der Prostatahyperplasie: In beiden Fällen sei der PSA-Wert, kurz für Prostata-spezifische Antigene, im Blut erhöht. "So kommt es dazu, dass manche Patienten einen erhöhten PSA-Wert aufweisen, was eigentlich auf Krebs hindeutet - und doch gar kein Karzinom haben." Ein MRT und im sich daraus ergebenden Verdachtsfall eine Biopsie bieten schließlich Klarheit. Um ein Karzinom in der Prostata rechtzeitig festzustellen, sei es für Männer ab dem 45. Lebensjahr von großer Bedeutung, jährlich einen Urologen oder eine Urologin aufzusuchen. "Wenn es in der Familie bereits Prostatakrebs-Betroffene gab, dann sogar noch früher."
Nicht jedes Karzinom, das bei den Untersuchungen entdeckt werde, erfordere einen sofortigen Eingriff. "Früher wollten wir jedes Karzinom entfernen", sagt Shariat, "heute sind wir intelligenter und beobachten Karzinome: Wie schnell wächst es? Verändert es seine Eigenschaften? Manche Karzinome in der Prostata trägt ein Mann sein Leben lang problemlos mit sich." Es sei jedoch nicht einfach, ausschließlich das Karzinom aus der Prostata herauszuoperieren. Meist müsse dabei ein Teil der Prostata, manchmal sogar das ganze Organ entfernt werden.
Im Falle eines aggressiven Karzinoms bleibe ohnehin keine Wahl. "Wir hatten in Österreich vergangenes Jahr 7000 Diagnosen von aggressiven Prostatakarzinomen und 1417 Menschen, die daran gestorben sind. Wird der Krebs nicht rechtzeitig entdeckt, handelt es sich um eine Krebsart mit hohem Todesrisiko. Wird der Krebs im Zuge der jährlichen urologischen Untersuchung jedoch gefunden, erhöht das die Heilungschancen natürlich signifikant." Bei der Operation der Prostata sei Fingerspitzengefühl gefragt, da der Chirurg dicht am Nervengewebe in Verbindung mit dem Penis arbeite. Nach einer erfolgreichen Behandlung könne ein Mann auch ohne Prostata gut leben. "Er kann weiterhin eine Erektion und Sex haben, auch das Harnhalten funktioniert noch."
Männer motivieren, zur Vorsorge zu gehen
Shariat ist es ein Herzensanliegen, das Thema der Männergesundheit politisch voranzutreiben. "Für Frauen gibt es viel bessere Vorsorge- und Aufklärungsprogramme, die haben wir hierzulande für Männer nicht", kritisiert der Urologe, "die Tatsache, dass Männer noch immer so viel früher sterben als Frauen, hängt stark damit zusammen, dass sie sich oft erst dann in ärztliche Hilfe begeben, wenn es schon zu spät ist." Man solle schon bei jungen Männern ansetzen und ihnen die hohe Bedeutung regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen für ihr Leben vermitteln. "Wir brauchen eine nationale Gesundheitsstrategie für Männer, damit auch sie die medizinischen Möglichkeiten, die wir in Österreich bieten können, in Anspruch nehmen."