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Gin - das Parfum der Spirituosen

Von der Medizin über ein Rauschmittel zum In-Getränk, diesen Wandel hat Gin in den vergangenen 500 Jahren vollzogen.

Pur getrunken sind die Aromen eines Gins am intensivsten wahrzunehmen. In der Regel wird Gin jedoch als Mixgetränk genossen.
Pur getrunken sind die Aromen eines Gins am intensivsten wahrzunehmen. In der Regel wird Gin jedoch als Mixgetränk genossen.

In frühen Jahrhunderten wurde Alkohol für die Medizinproduktion destilliert und mit Kräutern und Beeren, denen eine heilende Wirkung nachgesagt wurde, versetzt. So gab es zum Beispiel ein Wacholderdestillat, das als Heilmittel während der Pest zum Einsatz kam. Der holländische Arzt Franciscus Sylvius gilt als Erfinder des Gins, denn er stellte im 16. Jahrhundert einen Wacholderschnaps her, dem er den Namen Genever gab. Genever ist die holländische Bezeichnung für Wacholder. Mit der Weiterentwicklung des Genever-Rezepts wurde das Getränk bei den Holländern immer beliebter. Auch der Adel gönnte sich gerne ein Glas. In Holland stationierte englische Soldaten brachten den Genever schließlich in ihre Heimat, wo aus Genever Gin wurde.

Damit eine Spirituose als Gin bezeichnet werden darf, muss sie drei Voraussetzungen erfüllen, wie Mike Daxer vom Gin-Store "Mr. Gin" in Salzburg erklärt. Der Basisalkohol muss per Gesetz aus landwirtschaftlicher Produktion stammen, also aus Kartoffeln, Getreide, Rübenmelasse oder Trauben hergestellt sein. Außerdem muss Gin Wacholder enthalten und einen Alkoholanteil von mindestens 37,5 Prozent haben. Eine Ausnahme bildet der Sloe Gin. Bei ihm darf es weniger sein - in der Regel 25 bis 30 Prozent. "Eigentlich ist er ein Schlehenlikör, aber er darf als Gin bezeichnet werden", informiert Daxer.

Herstellungsverfahren

Gin enthält aber nicht nur Wacholder. Seine verschiedenen Geschmacksrichtungen bekommt er durch weitere Botanicals, wie etwa Kräuter, Beeren, Gewürze, Blumen und Schalen von Zitrusfrüchten. "Gin wird deshalb auch das Parfum der Spirituosen genannt", erklärt Daxer. Die einzelnen Aromen kommen auf verschiedene Weisen in den Gin. Welche Botanicals in einem Gin sind, muss übrigens nicht angegeben werden.

Bei der Mazeration werden die Botanicals für mehrere Stunden oder Tage im Basisalkohol eingelegt und geben ihre Aromen ab. Bei der Perkulation erfolgte diese Abgabe, wenn der Basisalkohol unter Druck durch einen Behälter mit Botanicals gepumpt wird. Ein weiteres Verfahren ist die Digestion. Dabei strömt heißer Alkoholdampf durch die Botanicals, die sich in sogenannten Aromakörben befinden. Die Aromen werden vom Dampf aufgenommen, der schließlich abgekühlt und damit wieder flüssig wird. Hat der Alkohol die Aromen der Botanicals durch eines der drei Verfahren aufgenommen, wird er destilliert. Abhängig von der Gin-Sorte können noch weitere Destillationsvorgänge folgen, damit der Alkohol mit weiteren Botanicals versetzt werden kann. Nach einer gewissen Zeit der Lagerung wird durch die Zugabe von Wasser der Alkoholgehalt auf Trinkstärke herabgesetzt. "Die Qualität eines Gins hängt davon ab, wie gut der Destillateur seine Anlage kennt", betont Daxer.

Gin-Sorten

Je nach Herstellungsweise ergeben sich verschiedene Sorten. Der London Dry Gin ist weitverbreitet und eine der meistverkauften Sorten, weiß Daxer, der in seinem Geschäft, das er zusammen mit Vanessa Rother betreibt, rund 50 Handcrafted Gins aus Österreich stehen hat und dort auch Verkostungen anbietet. "Er ist die reinste Form des Gins und der reglementierteste", informiert er. Dem London Dry Gin dürfen keine künstlichen Aromen und Farbstoffe sowie Zucker hinzugefügt werden. So darf er nur 0,1 Gramm Zucker pro Liter enthalten, daher die Bezeichnung Dry. Im Dry Gin sind im Gegensatz zum London Dry Gin auch nicht-pflanzliche Stoffe erlaubt. Allerdings darf auch ihm kein Zucker zugefügt werden. Ein Distilled Gin muss mindestens zwei Mal destilliert sein. Sowohl der London Dry Gin als auch der Dry Gin und der Distilled Gin haben eine starke Wacholdernote.

Der New Western Dry Gin ist laut Daxer zu betrachten wie ein Dry Gin. Er ist sehr trocken, allerdings ist der Wacholder nicht die dominante Note, sondern andere Aromen stehen im Vordergrund.

Im Gegensatz zum normalen Gin wird der Compound Gin nicht destilliert, sondern angesetzt. Wacholder und andere Botanicals werden in einem neutralen Trinkalkohol, wie Wodka oder Korn, eingelegt. Compound Gin lässt sich leicht daheim herstellen.

Dry Tonic Waters matchen zu 90 Prozent mit allen Gins.¦Mike Daxer¦GF Mr. Gin
Dry Tonic Waters matchen zu 90 Prozent mit allen Gins.¦Mike Daxer¦GF Mr. Gin

Die ursprünglichste Sorte ist der Old Tom Gin. Sie war vor allem im 18. und 19. Jahrhundert beliebt. Weil der Gin damals sehr bitter und aufgrund seines starken Alkoholgehalts schwer zu genießen war, wurde ihm Zucker beigemischt. Heute erlebt der Old Tom Gin ein Comeback, weil man ihn gut zum Mixen für Cocktails verwenden kann.

Im Trend sind laut Daxer der Barrel Aged Gin und der Navy Strength Gin. Der Barrel Aged Gin wird mindestens zwölf Monate im Fass gelagert, wodurch zusätzliche Aromen entstehen und der Gin goldgelb bis braun wird. Die Bezeichnung Navy Strength Gin enthält einen Hinweis auf den hohen Alkoholgehalt der Spirituose. Dieser liegt bei 57 Volumenprozent und mehr.

Darüber hinaus gibt es auch ortsgebundene Sorten, wie den Plymouth Gin, den Vilnius Dry Gin oder den Gin de Mahón. Gins dürfen diese Bezeichnung nur tragen, wenn sie in dieser Region beziehungsweise Stadt hergestellt wurden.

Gin-Genuss

Wer die Aromen eines Gins am intensivsten wahrnehmen will, sollte ihn pur trinken und zwar bei Zimmertemperatur aus einem Digestivglas. Das sollte zuvor befeuchtet, also ausgespült, werden. Allerdings wird Gin nur in sechs Prozent der Fälle pur getrunken, weiß Daxer. Zu 94 Prozent wird er als Mixgetränk verwendet, großteils als Gin Tonic. Diesen kann man in einem Tumbler, einem Longdrinkglas oder in einem Ballonglas servieren. Dazu gibt man möglichst große Eiswürfel. Kleine würden schnell schmelzen und das Getränk verwässern.

Tonic Waters gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen: neutrale - sie haben meist ein gelbes Etikett -, florale/fruchtige, würzige/herbe und trockene - mit meist hellblauen oder silbernen Etiketten. Zu welchem Tonic Water man greift, ist vom Gin und den persönlichen Vorlieben abhängig. Es darf ausprobiert werden.

Auf Nummer sicher geht man mit Dry Tonic Waters. "Sie matchen zu 90 Prozent mit allen Gins", sagt Daxer. Das Mischungsverhältnis beträgt ein Teil Gin auf ein bis vier Teile Tonic, je nach Intensität des Gins und individuellem Geschmack.