"Gin-Trinker sind Genussmenschen, die wollen probieren", sagt der Destillateur. Zu probieren gibt es bei ihm so einiges, denn Peinsteiner hat sich geschmacklich das Salzkammergut vorgenommen. Da es in jedem Tal einen anderen Dialekt gibt und die Menschen, die dort leben, einen eigenen Charakter haben, hat er für jede Region einen eigenen Gin kreiert. Zum Beispiel ist der kräftigste Gin der "Gletscher-Gin", der für das Dachstein-Gletschergebiet und den Gosausee steht. Aus ihm ist der Wacholder stark herauszuschmecken. In eine andere Richtung geht der "Attersee-Gin". Am Attersee gibt es den sogenannten Rosenwind. Er soll früher den Duft der Rosen aus dem Garten von Schloss Kammer an der Nordseite des Sees über das Wasser getragen haben. Peinsteiner hat deshalb Rosenblätter und "andere florale Sachen" als Zutaten für diesen Gin verwendet.
"Gin-Trinker sind Genussmenschen. Die wollen probieren."
Johannes Peinsteiner
Destillateur
Würzig statt blumig ist der "Fürst-Erzbischof-Gin" für die Fuschlsee-Region. Dieses Gewässer war früher der Hofküchen-See von Salzburg. Von hier wurden Wild, Krebse und Fisch in die Stadt geliefert. Dieser Umstand inspirierte Peinsteiner, zu Wild- und Fischbeizgewürzen als Botanicals zu greifen.
Inzwischen umfasst das Sortiment der See-Destillerie rund 30 verschiedene Gins. Darunter sind auch komplette Chargen für Hotels oder Gins, die aus Kooperationen heraus entstehen. Ein solcher ist etwa der Hanf-Gin mit Hanf des "Flowerbauers" Alexander Kanzler aus Tauplitz. Ein weiteres Produkt kommt noch vor Weihnachten in die Regale. Der "Wolfgangsee-Gin Reserva Barrel Aged" lagerte eine längere Zeit in Fässern aus Eichen- und Akazienholz.
Das Entwickeln neuer Rezepte ist laut Johannes Peinsteiner "eine ziemliche Tüftelei". Seine Frau Renate ist nicht nur die Chefin der See-Destillerie und für die Buchhaltung zuständig. "Sie ist sensorisch sehr gut drauf", würdigt ihr Mann sie. "Sie spielt deshalb eine wesentliche Rolle bei den Rezepten und den Botanicals." In jeden Gin kommen fix Wacholder, Himbeeren, Ingwer und Zitronenzesten. Neben regionalen Botanicals werden aber auch exotische, wie Zimt, Nelken und Kardamom, verwendet.
Genussenthusiast will die besten Gewürze
Gewürze spielen im Leben von Oswald Held eine große Rolle. Bei einem Blick in seine Vita ist das aber nicht gleich offensichtlich, denn ihr ist zu entnehmen, dass der 64-Jährige 20 Jahre im Investmentbanking und 15 Jahre im Immobiliendevelopment tätig war beziehungsweise ist. Seine Leidenschaft für Gewürze hat familiäre Gründe, denn Held ist ein Nachfahre von Seefahrerfamilien aus Indonesien, die im 19. und 20. Jahrhundert mit Gewürzen handelten. 2019 ist Held unter die Gewürzhändler gegangen. Er ist geschäftsführender Gesellschafter von Van den Berg Gewürze mit Sitz in Graz.
Inzwischen gehört auch Gin zum Sortiment von Van den Berg. "Das ist naheliegend, ist er doch eine Gewürzspirituose", erklärt Held. Zusammen mit der Distillery Krauss aus dem steirischen Sulmtal entstanden ein London Dry Gin und ein Distiller's Cut Gin. Beim London Dry Gin dominiert der Geschmack von Wacholder, der mit leichten Zitrus- und Kräuternuancen bereichert wird. Das Aroma des Distiller's Cut erinnert an Zitronen, Limetten und ein wenig an Bergamotte. In Italien nennt man diese Früchte Limetts. Sie besitzen ein betörendes Aroma in der Schale. Ihr Fruchtfleisch kann nicht verwendet werden, da die Früchte kaum Saft und kein Aroma enthalten.
Bei seinen Gewürzen als auch den Gin-Botanicals setzt Held auf Qualität. Wobei er dieses Wort ungern in den Mund nimmt, da es für ihn ein inflationärer Begriff ist. Held spricht lieber von Intensität. Seine Gewürze seien eine andere Liga. Hohe Ansprüche stellt er auch an seinen Partner. "Gewürze und Distiller müssen exzellent sein." Das Ergebnis ist preisgekrönt. Sowohl der London Dry Gin als auch der Distiller's Cut wurden 2021 mit Gold beim Concours International de Lyon ausgezeichnet. Der London Dry holte zudem 2022 Gold bei der San Francisco World Spirits Competition.
Bei beiden Gins ist die Zahl der Botanicals bewusst überschaubar. Die Wacholderbeeren bezieht Van den Berg aus Mazedonien und aus der Steiermark. Ebenfalls enthalten sind unter anderem Zitrusfrüchte, die aus Italien kommen, sowie Rosmarin aus Deutschland. Wenn möglich, wie bei den Botanicals, bezieht Held die Gewürze aus der Europäischen Union. Ansonsten ist der Gewürzhandel ein kosmopolitisches Geschäft.
Held, der sich und sein Team als Genussenthusiasten bezeichnet, ist selbst immer wieder unterwegs, um neue Gewürze zu finden und ihre Produzenten kennenzulernen. Im Mai dieses Jahres war er zum Beispiel in Marokko. "Da haben wir exzellente Minze gesucht. Wir haben sie nicht gefunden, dafür aber die mit Abstand besten Rosenknospen und Orangenschalen, die uns jemals untergekommen sind", schwärmt Oswald Held. Getrocknet passen die Rosenknospen perfekt zu Gin Tonic. "Denn das Auge isst beziehungsweise trinkt mit. Gewürze sprechen viele Sinne an", betont der Gewürzhändler.
Geheimnisvolle und heimische Botanicals
Gin hat aufgrund seiner Zutaten, die nicht angegeben werden müssen, auch etwas Geheimnisvolles an sich. Dieses Geheimnisvolle zelebrieren Sarah Herzog und René Grüner von Munakra in Wien. Munakra ist ein Anagramm des lateinischen Worts für "Geheimnis". Der Name der Destillerie geht auf eine mysteriöse Begegnung zurück, die das Paar hatte. Herzog und Grüner sind leidenschaftliche Gin-Trinker und wollten den Anspruch, den sie an die Spirituose stellen, mit einem eigenen Gin erreichen. Von Herzogs Opa stand noch eine alte, mit Holz beheizbare Kupferdestille im Keller, die sie aufbauten, um mit ihr das Brennen zu probieren. Als sie Holz für den ersten Brennvorgang holen wollten, entdeckten sie zwischen dem Holz eine blaue Schlange, die auch gleich wieder verschwunden war. "Uns hat niemand geglaubt, als wir von der blauen Schlange erzählten", berichtet Grüner. Eine Recherche ergab zudem, dass es keine blauen Schlangen in Europa gibt.
Inzwischen hat das Paar mit einer neuen Destille im Pot-Still-Verfahren zwei Gins herausgebracht: den Mystic Garden Dry Gin und den Night Blossom Dry Gin. Beides sind keine klassischen Gins, bei denen der Wacholder im Mittelpunkt steht. Herzog und Grüner geben ihren 16 Botanicals den Vorrang. "Darunter sind seltene, die nicht jeder verwendet und die nicht leicht zu bekommen und teuer sind", erklärt Grüner. Ferner werden heimische Botanicals wie Hagebutten, rote Weintrauben, Holunderblüten und Aroniabeeren verwendet.
"Außerdem bauen wir in jedes Produkt etwas Geheimnisvolles ein", informiert der Destillateur. Beim Night Blossom Dry Gin sind das nachtblühende Blumen, wie etwa die Nachtkerze. Der Mystic Garden Dry Gin hat eine rosa Farbe, die er durch die Infusion mit einem speziellen Hibiskus, der Baumwollrose, bekommt. Die Baumwollrose hat eine Besonderheit: Sie blüht morgens weiß, mittags rosa und abends purpurrot. Für den Mystic Garden haben sich Herzog und Grüner ein Grundrezept überlegt. "Der Gin ist uns dann sofort gelungen. Es hat nur ein Feintuning gegeben, weil wir auf eine neue Destille umgestiegen sind", erzählt Grüner. Für den Night Blossom hingegen brauchten sie mehrere Anläufe, "damit er nicht zu parfümiert ist". Bei den beiden Gin-Variationen soll es erst einmal bleiben. Trotzdem ist das Paar am Tüfteln, weil es viele Dinge nebenher probiert. "Wir sind ständig auf der Suche nach Dingen für limitierte Editionen", sagt René Grüner. 2024 solle eine solche auf den Markt kommen.