"Ich bin in Pension", ruft Gisela Holleis mit ihren 94 Jahren, um in derselben Sekunde mit aufmerksamem Blick und festem Schritt schnurstracks auf ein deutsches Urlauberpaar zuzumarschieren. Holleis, die Grande Dame der Hoteliersszene im Salzburger Land, begrüßt die beiden Gäste gleich am Eingang herzlich. Die zwei sind hier, wie viele im Salzburgerhof, gut bekannt und echte Wiederholungstäter. Im kurzen Plausch mit der Inhaberin erzählen sie dieser, dass sie sich bereits seit mehr als 35 Jahren kennen und immer wieder in das Fünf-Sterne-superior-Haus zurückkehren. Holleis nickt wissend. Mit ihrer Sorge um das Wohl der Besucherinnen und Besucher und mit ihrer Einsatzfreude nimmt man ihr den Status als Pensionistin allerdings nur schwer ab. "Sie ist unsere Eminenz", bringt es ihr Sohn Wilfried Holleis schließlich auf den Punkt. Aus dem operativen Tagesgeschäft habe sich die Mutter Schritt für Schritt zurückgezogen; präsent sei sie nach wie vor aus Leidenschaft. Nach Jahrzehnten im Tourismus ist im Salzburgerhof eine neue Ära angebrochen. Die Zeichen standen im Frühsommer 2024 auf Übergabe. Eine große Aufgabe in einem Familienbetrieb. Doch der Reihe nach.
Salzburgerhof und Grand Hotel am Zeller See: Familienimperium mit Unterstützung von außen
Wilfried Holleis führt heute das nahe gelegene und geschichtsträchtige Grand Hotel am Zeller See, in dem sich das Casino befindet. Außerdem ist er für Projekte an der Adria und den 1967 errichteten Salzburgerhof zuständig. Mit Bettina Tiefenbacher und Melanie Scheffenacker als Direktorinnen hat sich der Traditionsbetrieb kürzlich Verstärkung außerhalb der Familie gesucht.
Was sich in vielen Betrieben zur echten Herausforderung auswachsen kann, läuft hier offenbar recht reibungslos ab. Denn: Tiefenbacher ist seit vielen Jahren in Holleis-Betrieben tätig, zuletzt in Kroatien im feinen Kvarner Palace. Die gebürtige Osttirolerin kennt Menschen und Strategie im Unternehmen also in- und auswendig. Nach neun Jahren im Ausland wollte sie zurück nach Österreich; die Familie Holleis ist ihre Arbeitgeberin geblieben. Den Salzburgerhof kennt Tiefenbacher lange, war sie doch zu Beginn ihrer Laufbahn an der Rezeption anzutreffen. Danach folgten fünf Jahre als Vizedirektorin im Grand Hotel, das nur wenige Schritte entfernt liegt und ebenfalls zum Familienimperium gehört.
Auch die dynamische Arbeitsweise von Gisela Holleis ist Bettina Tiefenbacher bestens bekannt. "Wer rastet, der rostet", sagt Holleis ganz selbstverständlich. Und dass auch sie selbst nun wirklich mit der Zeit gehen und die Übergabe des Hauses endlich zuwege bringen müsse. "Es ist reichlich spät, dass ich den Stab übergebe", gibt sie zu und sagt ihrem Sohn direkt: "Das Familiäre habe ich dir vorgelebt. Auf deinem bisherigen Weg haben sich Erfolge eingestellt und auch hier in Zell am See kommt Lob. Unsere Gäste und ihre Bindung ans Haus, sie sind das Wichtigste." Ihren Fokus hat die Inhaberin stets auf ein Publikum aus Österreich, Deutschland und den Niederlanden gelegt, während Wilfried Holleis verstärkt auch arabischen Gästen Angebote im Grand Hotel und in der Region macht, etwa im Berghotel Rudolfshütte.
Generationen im Einklang: Neue Ära zwischen Tradition und Moderne
Bettina Tiefenbacher schätzt genau diese familiäre Konstellation und den Blick auf besagte wiederkehrende Gäste im Salzburgerhof: "Wir arbeiten in der Leitung quasi in drei Generationen und jede Generation bringt ihr Wissen und ihre Erfahrungen ein, damit wir unsere Ziele erreichen." Melanie Scheffenacker nickt zustimmend und ergänzt: "In unseren ersten gemeinsamen Monaten als Direktorinnen machen wir uns daran, Prozesse administrativ zu verbessern, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlasten, etwa durch eine neue Software. Dazu wollen wir das Haus auch jüngeren Gästen näherbringen. Es hat so einen eigenen Charme und eine besondere Vintage-Architektur." Eine gute Mischung aller Altersgruppen ist auch für Tiefenbacher das erklärte Ziel, "damit die Geschichte in Zell am See weiterleben kann". Gisela Holleis, die diese Geschichte jahrzehntelang geschickt gestaltet hat, nickt. Sie weiß um die Bedürfnisse jener Menschen, die auf Urlaub in den Pinzgau kommen. Entspannung, Natur, Berge. Für Scheffenacker ist klar, dass sich dieser Sehnsucht auf Social Media heutzutage perfekt begegnen lässt. Damit Luxus und Lifestyle nicht zu kurz kommen, gebe es schon Pläne in Sachen Wellness. "Wir haben so ein Glück mit dem See", sagt die neue Direktorin.
Abends ist im Salzburgerhof übrigens Familienzeit für Gisela und Wilfried Holleis, mitunter samt Frau und Kindern. Nicht verwunderlich, denn die Inhaberin wohnt im Haus, der Sohn im Grand Hotel. Kochen können beide nicht, geben sie lachend zu. Nicht zuletzt deshalb begrüßen sie erst die Gäste rundum, bevor sie sich an ihren eigenen Tisch im Restaurant zurückziehen und zwischen einem Glas Wein oder Bier und der Zeitung beim Dinieren den Tag - und neue Projekte - besprechen. Ob so der Alltag einer Pensionistin aussieht? Gisela Holleis schmunzelt und hält sogleich nach neu ankommenden Gästen Ausschau, die sie bei ihrem nächsten Spaziergang durch die Rezeption begrüßen kann.