Was machen Betriebe, die genügend und exzellent arbeitende Beschäftigte haben, anders als jene, deren Klage über die Personalnot und "furchtbare Mitarbeiter" nicht endet? Sie bilden sich weiter, erwerben feinere soziale Fähigkeiten. Was mitunter bedeutet, ein überkommenes autoritäres Führungsdenken abzulegen und sich selbst zu spiegeln.
"Betriebe, die sich weiterbilden, haben ausreichend Personal", weiß Brigitta Brunner, Leiterin des Bildungscampus der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV).
Zeitgemäßer Umgang mit Lehrlingen in der Hotellerie
In Kursen lernen Führungskräfte insbesondere einen zeitgemäßen Umgang mit Lehrlingen. Denn ihre Zahl hat sich seit der Jahrtausendwende halbiert: von 13.233 Auszubildenden zur Jahrtausendwende auf nur noch 6949 im Vorjahr, so der Branchenbericht der Wirtschaftskammer Österreich zur Tourismus- und Freizeitwirtschaft 2022.
Die Gründe dafür: Das Reservoir der 15- bis 20-Jährigen ist seit der Generation der Babyboomer von 782.000 Personen (1980) auf zuletzt 534.000 geschrumpft. Zudem umgibt die stürmische Branche ein Image, das Gewerkschaften und Arbeiterkammern so auf den Punkt bringen: schlechte Bezahlung, wenig Wertschätzung, unattraktive Arbeitszeiten.
Was wünschen sich Menschen von einem Job in Hotellerie oder Gastronomie?
Die Rekrutierung von Nachwuchskräften sei für die Hotellerie elementar, meint Campusleiterin Brunner. Die Kunst ist, sie dann auch zu halten. "Wir fragen uns: Warum verlassen junge Menschen die Branche? Am Geld allein liegt es nicht. Das könnte immer mehr sein. Es geht darum, dass die Arbeit attraktiv ist."
Aus Befragungen wisse man, was sich (nicht nur) junge Menschen heute von einem Hotel- oder Gastronomiejob wünschen: Wertschätzung durch den Chef, die Chefin, Gespräche und Teammeetings, planbare und verlässliche Dienstzeiten, ein Gratisessen bei der Arbeit, die Möglichkeit zur Weiterbildung und - der große Unterschied zu den vorhergehenden Generationen - junge Menschen wollen, dass der Beruf das Familien-, Freundes- und Freizeitleben nicht erdrückt, so Studien des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) und des Market-Instituts.
Lehrlingsausbilderakademie: im Zentrum steht der Generationenunterschied
Die Lehrlingsausbilderakademie des Hotelverbands hat genau diese Dinge im Fokus. Das Kursprogramm dreht sich um praktische Fragen, etwa wie man die Lehrlinge in den Arbeitsprozess und das Team des Hotels integriert oder auch wie ein modernes Bewerbungsmanagement aussieht.
Einen Tag lang spricht ein Jurist der Arbeiterkammer Salzburg über arbeitsrechtliche Bestimmungen - man wolle "das Hirnschmalz" aller Seiten zusammenfließen lassen, erklärt Campusleiterin Brunner.
Im Zentrum stehe jedoch "die Generationengeschichte" mit ihren Turbulenzen, dem geänderten Verhältnis zu Autorität und Hierarchie und den Zukunftsängsten der Jungen. "Die Lehrlingsausbildung war noch nie so herausfordernd. Die jungen Menschen bekommen heute weniger Erziehungsrahmen mit, den die Familie oder die Schule früher gegeben hat. Es ist eine Gratwanderung. Man ist nicht Eltern, nicht Freund, aber man muss ein bissl was abdecken", sagt Brigitta Brunner.
Und so lernen die Ausbildner zunächst selbst in Rollenspielen: Wie gebe ich Feedback, ohne komplett zu demotivieren? Wie löse ich Konflikte weniger autoritär, sondern emphatisch? Wie funktionieren teamdynamische Prozesse? Was geht in jungen Menschen in der Pubertät vor? Warum gibt es langsame und schnellere Lehrlinge? Ein Spielinhalt kann etwa die Frage sein: "Warum muss der Lehrling in der Küche so viele Erdäpfel schälen? Nicht weil er weniger wert ist, sondern weil jede Arbeit wichtig ist und erlernt werden muss" (Brunner).
Wie guter Führungsstil entsteht
Der Personalberater und Coach Martin Battig vermittelt im Kurs, wie guter Führungsstil entsteht. "Es geht um Selbstreflexion, um Vorbildwirkung. Ich kann einen Menschen nur dorthin führen, wo ich selber stehe. Man kann Motivation nicht künstlich schaffen, nicht anordnen. Echte Wertschätzung zeigt sich nicht durch Lippenbekenntnisse auf der Homepage. Das muss ich konkret in den Alltag übersetzen", sagt der Unternehmensberater aus Eggersdorf bei Graz. Battig stellt den erfahrenen Branchenleuten Impulsfragen wie: "Wie war das, als du 16, 17 warst? Wie hast du ausgeschaut? Was hat dich begeistert? Was hat dein Umfeld gesagt? Was hättest du gebraucht?" Und es gibt Inputs aus der modernen Gehirnwissenschaft: "Ein Lehrling darf gelinde gesagt ein, zwei Wochen einmal deppert sein, weil sich in seinem Kopf und Körper hormonbedingt verrückte Dinge abspielen." Dazu kommt: Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur, in familiengeführten Betrieben seien die Dinge oftmals "über die Jahre gewachsen", es gebe unklare Rollenverteilungen, familienübliche Spannungen.
Arbeit macht Spaß, kann aber auch hart und anstrengend sein
Die neuen, weicheren Führungsmethoden sollen jedoch nicht über eines hinwegtäuschen: Arbeit macht Spaß, kann aber auch hart und anstrengend sein, und am Ende des Tages geht es darum, Leistung abzuliefern. Man solle angehenden Lehrlingen keine Märchen erzählen, rät Battig. "Schenkt euren Leuten reinen Wein ein. Sagt: Die Küche ist ein genialer Ort, da kannst du dich selbst verwirklichen. Aber es wird heiß und zwischendurch wirst du es verfluchen. Du wirst in Ausnahmesituationen kommen, der Stress wird dich an deine Grenzen bringen. Aber wenn du etwas lernen willst, nehme ich dich bei der Hand und gehe den Weg mit dir", beschreibt Martin Battig das Wesen der Meisterschaft und die Stelle, "wo die Spreu sich vom Weizen trennt".
Yara Langthaller ist stellvertretende Hotelleiterin des Jufa-Familienhotels in Salzburg-Nonntal mit 48 Beschäftigten. Sie habe vom ÖHV-Kurs sehr profitiert, sagt die junge Managerin. "Oft ärgert man sich über die Lehrlinge. Sie kommen zu spät, sind launisch. Jetzt bin ich nachsichtiger. Auch ich hatte Probleme mit dem Schlafen und der Freund war das Wichtigste." Seit Kurzem hat das Hotel einen neuen "HGA-Lehrling", was für Hotel-Gastgewerbe-Assistenz steht. Die 18-jährige Emma-Lina ist wegen einer Allergie von einer Friseurlehre in die Hotellerie gewechselt. Sie mag die Arbeit, strahlt übers ganze Gesicht. "Ja, es gefällt mir. Es macht Spaß", sagt die junge Frau und vermittelt diesen ganz eigenen Zauber, den nur die Jugend hat.