Der Arbeitskräftemangel ist allgegenwärtig. Während die generelle Geschäftslage von den heimischen Unter- nehmen mehrheitlich positiv eingeschätzt wird - 54 Prozent bewerten die eigene Lage mit "sehr gut" oder "gut" -, spitzt sich die Lage am Arbeitsmarkt weiter zu. So weit der aktuelle Austrian Business Check des Salzburger Kreditschutzverbands KSV1870. 58 Prozent der heimischen Betriebe sind dem Bericht zufolge derzeit von einem akuten Personalmangel betroffen, knapp die Hälfte davon laut eigener Einschätzung sogar sehr.
Industrie und Bauwirtschaft besonders betroffen
"Der Arbeitskräftemangel ist eines der zentralen Themen der Gegenwart. Hier braucht es schleunigst einen Schulterschluss zwischen politischen Entscheidungsträgern und der Wirtschaft. Bloße Lippenbekenntnisse werden nicht ausreichen, um das Problem in den Griff zu bekommen", erklärt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG. Laut Umfrage ist insbesondere die Industrie (71%) massiv betroffen; auf Branchenebene ist es vor allem die Bauwirtschaft (76%), die mit fehlendem Personal zu kämpfen hat. "Der Mangel an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist ein Thema für die nächsten zehn Jahre, dem wir uns heute intensiv widmen müssen", so Vybiral. Auf Bundesländerebene fehlt es derzeit vor allem in Kärnten (73%) und Oberösterreich (67%) an Arbeitskräften. Dagegen sieht sich in Vorarlberg nur jedes fünfte Unternehmen vom Personalmangel unmittelbar betroffen.
Gegenmaßnahmen gegen den Arbeitskräftemangel
Eine Folge davon ist, dass Unternehmen neue Aufträge aufgrund von zu wenig Personal häufig ablehnen müssen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, planen 20 Prozent der Betriebe, den Mitarbeiterstand im Jahr 2023, trotz wirtschaftlicher Herausforderungen, zu erhöhen. Der Personalmangel hat auch Konsequenzen für die Menschen, die bereits im Unternehmen tätig sind: Für sie entstehen hohe Zusatzbelastungen. "Die Personalsuche ist das eine, gleichzeitig dürfen die Betriebe aber nicht darauf vergessen, auch für das bestehende Team attraktiv zu bleiben. Auch deshalb, weil es im Moment die Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber sind, die sich ihren Arbeitgeber de facto aussuchen können", gibt Vybiral zu bedenken.
Bindung beginnt vor dem Start in den Job
Ungleich kritischer ist die Tatsache, die die neue Haufe-Talent-Onboardingstudie 2023 offenbart: Viele Unternehmen verspielen wertvolle Potenziale beim Onboarding ihrer neuen Mitarbeitenden. Für die Studie wurden 755 HR-Verantwortliche und Führungskräfte, Recruiter, Personalentwicklerinnen und Coaches in Deutschland befragt. Die Umfrage verdeutlicht beispielsweise, dass 36 Prozent der befragten Unternehmen bereits Kündigungen vor dem ersten Arbeitstag erlebt haben. Diese hohe Frühfluktuation resultiert aus falschen Erwartungen der Onboardees und einem unprofessionellen Onboardingprozess. Zudem verkennen viele Unternehmen die Zeichen der Zeit: Statt in der Ära des Hybrid Work auf digitale Unterstützung im Onboarding zu setzen, sind ihre Prozesse und Tools genauso analog wie vor Corona. Moritz Sherpa, Market Owner bei Haufe Talent, betont die Bedeutung des Preboardings als eines zentralen Faktors für die Mitarbeiterbindung. Bereits 84 Prozent der befragten Unternehmen nutzen das Preboarding vor dem ersten Arbeitstag, um Fluktuation vorzubeugen. Daneben sind kontinuierliche Kommunikation und Feedback während des gesamten Onboardingprozesses entscheidend. Überraschenderweise verzichten jedoch zwölf Prozent der Unternehmen vollständig auf Feedback und verpassen so die Chance, Beschäftigte zu binden und zu motivieren.