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Spannende Lehrberufe, wo man sie nicht vermutet

Eine Lehre bei einer Gebietskörperschaft oder in einer Uni bietet eine breite Palette an Berufen: vom Job in der Verwaltung bis hin zu Tierpflege, Weltvermessung und Fitness.

Sofija Petrovic lernt in der Bezirkshauptmannschaft Seekirchen Verwaltungsassistentin – in Summe bildet das Land Salzburg in zehn Berufsbildern aus.  
Sofija Petrovic lernt in der Bezirkshauptmannschaft Seekirchen Verwaltungsassistentin – in Summe bildet das Land Salzburg in zehn Berufsbildern aus.  

Der 17-jährige Finn Golser aus St. Koloman hat schon als kleiner Bub Tiere über alles geliebt. Er bückte sich nach Schlangen und Eidechsen am Wegesrand, besitzt aktuell einen Hund, Leopardgeckos, Vogelspinnen und Madagaskar-Fauchschaben - prähistorisch anmutende, riesenhafte Insekten, deren Männchen bis zu sechseinhalb Zentimeter groß werden und zutraulich über die Handfläche krabbeln.

Tierpflegelehrling Finn Golser (l.) und sein Ausbildner Mario Katzinger: Die Lehre beginnt im Streichelzoo und endet bei den Raubkatzen.
Tierpflegelehrling Finn Golser (l.) und sein Ausbildner Mario Katzinger: Die Lehre beginnt im Streichelzoo und endet bei den Raubkatzen.

Sein Hobby hat der Teenager zum Beruf gemacht. Finn Golser absolviert im Zoo Hellbrunn - der je zur Hälfte Stadt und Land Salzburg gehört - eine Lehre zum Tierpfleger. Er ist im zweiten Lehrjahr, arbeitet gerade im Revier Südamerika, wo Totenkopfäffchen, Haubenkapuziner, Pfeilgiftfrösche und andere Arten leben. Nein, meint Finn, "wir Tierpfleger sind nicht die, die die Tiere streicheln und mit ihnen Späße treiben für die Zuschauer. Das glauben viele Leute." Die meiste Arbeit ist, die Tiere mit Wasser und Futter zu versorgen, die Gehege und Stallungen sauber zu machen, einzustreuen und auf die Gesundheit und das Wohlergehen der Schützlinge zu achten. Dies ist körperliche, durchaus anstrengende Arbeit. Natürlich baue man eine Beziehung zu den Tieren auf, sagt der 17-Jährige. "Wenn ich in der Früh komme, sage ich immer ‚Guten Morgen', und auch die Tiere erkennen dich und reagieren auf dich." Die Totenkopfäffchen lassen sich gerne mit süßen Rosinen anlocken. Anfangs scheu, strecken sie neugierig die Köpfe durch das Schlupfloch im Affenhaus, wagen sich immer weiter zur ausgestreckten Hand des Lehrlings vor, der die Äffchen mit Zisch- und Zungenlauten lockt.

Im Gehege gegenüber beobachten die Haubenkapuziner aufmerksam das Geschehen. Die Männchen mit ihrem militärischen Haarschopf und dem kantigen Kinnbart schauen ziemlich grimmig drein. "Die können aber auch flirten, wenn sie dich mögen", erzählt Mario Katzinger, Finns Ausbildner, und schon zwinkert das Alphamännchen seinem Lieblingspfleger zu, indem es Stirn und Haartonsur rhythmisch auf- und abhebt. Tiere seien wie Menschen verschieden in Wesen und Temperament. Einmal sei es gut, wenn einer Ruhe ausstrahlt, das andere Mal entstehe Freude, wenn ein Pfleger ein bisschen quirliger ist, sagt Katzinger.

Finn hat seinen Traumjob gefunden. Der Jugendliche sei ein Glücksgriff, lobt Ausbildner Katzinger. Die Lehrlinge in Hellbrunn beginnen ihre Ausbildung im Streichelzoo im Revier Eurasien, mit leicht zu versorgenden Tieren, und beenden sie in den Anlagen der großen und gefährlichen Tiere, wo sie unter Anleitung der erfahrenen Pfleger auch das sogenannte Schiebern lernen, das systematische Öffnen von gesicherten Durchlässen, um die Raubkatzen durch die Anlage zu leiten.

Von der HTL zur Lehre an der Universität Salzburg: "Bin aufgeblüht"

Wenig bekannt ist, dass auch die Universität Salzburg Lehrstellen für junge Menschen anbietet. Die duale Ausbildung wurde modernisiert und stark erweitert, man installierte eine Lehrlingsbeauftragte, arbeitet an neuen Berufsbildern, wie Daniela Werndl, Leiterin der Personalentwicklung und selbst Lehrlingsausbildnerin, erklärt. "Man hat die Uni nicht gleich als Arbeitgeber auf dem Schirm, obwohl wir 3000 Bedienstete und ein großes fachliches Spektrum haben." Aktuell arbeiten 15 Lehrlinge in acht Lehrberufen, unterstützt von 20 zertifizierten Ausbildnern. Ausgeschrieben sind heuer eine Stelle als Bibliotheksassistenz und zwei Lehrstellen im botanischen Garten. Das gesamte Spektrum ist bunt und reicht von Geoinformationstechnik, Informationstechnologie, Mechatronik, Reinigungstechnik, Fitnesscoach bis hin zu Verwaltungsassistenz sowie Finanz- und Rechnungswesen. Die meisten Lehrinteressierten kämen übrigens nicht über den herkömmlichen Weg über das Polytechnikum, schildert die Lehrlingsbeauftragte Linda Probst, sondern hätten Schulkarrieren und Studien abgebrochen oder seien Maturanten: "Diese jungen Leute haben meistens den Wunsch nach einer kürzeren beruflichen Ausbildung."

Die Uni hat ihr Lehrstellenprogramm massiv ausgeweitet: Personalstrategin Daniela Werndl (l.) und Geoinformatiklehrling Vivienne Linner.
Die Uni hat ihr Lehrstellenprogramm massiv ausgeweitet: Personalstrategin Daniela Werndl (l.) und Geoinformatiklehrling Vivienne Linner.

Vivienne Linner ist so ein Fall. Die 21-Jährige hat die HTL besucht und macht nun eine Lehre in Geoinformatik an der Salzburger Uni. Sie ist ihren Weg gegangen, als junges Mädchen, gegen den Widerstand ihres Umfelds: "Ich habe die HTL abgebrochen, Bautechnik gemacht. Das habe ich jedoch als sehr monoton empfunden. Alle haben ständig gesagt: Mach doch die Schule fertig, das ist das Wichtigste. Es war für mich aber nicht richtig, ich wollte etwas anderes machen und Geld verdienen." Die junge Frau bewarb sich an der PLUS und beschäftigt sich jetzt im dritten Lehrjahr mit Kartografie und Klimafolgen, konkret untersucht ihr Team die Eiskappenschmelzung. "Ich bin total aufgeblüht, ich bin so glücklich mit meiner Entscheidung", sagt die 21-Jährige. Vielleicht macht sie nun die Matura nach und geht in die Forschung.

Die Stadt Salzburg bezahlt alle Lehrlinge gleich

Auch die Stadt Salzburg hat eine Lehrlingsoffensive gestartet: Lehrlingsbeauftragter Rados Nedic, Magistratsdirektor Max Tischler, Bürgermeister Bernhard Auinger, Helmut Windinger (Stadtbibliothek), Lehrlingsausbildner Peter Rakar (v. l.) mit den Lehrlingen Rocio Escabosa (Info-Z) und Sofia Amin (Stadtbibliothek).
Auch die Stadt Salzburg hat eine Lehrlingsoffensive gestartet: Lehrlingsbeauftragter Rados Nedic, Magistratsdirektor Max Tischler, Bürgermeister Bernhard Auinger, Helmut Windinger (Stadtbibliothek), Lehrlingsausbildner Peter Rakar (v. l.) mit den Lehrlingen Rocio Escabosa (Info-Z) und Sofia Amin (Stadtbibliothek).

Die Stadt Salzburg ist ebenfalls einer der größten Arbeitgeber der Region und hat gerade eine Lehrlingsoffensive gestartet. Rados Nedic vom Personalamt ist zuständig für das Recruiting der künftigen Fachkräfte. "Wir wollen ab September rund 20 Lehrlinge ausbilden. Wir suchen Jugendliche für die Verwaltungsassistenz, als Maler und Tischler für die Zentralwerkstätten." Lehrstellen gibt es auch in der Gärtnerei der Stadt, die für ihre öffentlichen Blumenkunstwerke bekannt und beliebt ist, in der Stadtbibliothek und den Seniorenheimen. Dort hat ein junges Mädchen als Pflegelehrling begonnen, ein Bursch macht eine Kochlehre. Die Lehre bei der Stadt soll nach dem politischen Willen noch weiter ausgebaut werden, vielleicht bilde man bald auch Installateure und Schlosser aus, so Nedic.

"Wir möchten, dass ein gewisses Gerechtigkeitsgefühl entsteht."
Rados Nedic
Stadt Salzburg

Alle Lehrlinge bekommen ein standardisiertes Gehalt, das mit 1109 Euro startet. "Alle kriegen gleich viel. Wir möchten, dass die Lehrlinge gerne in die Arbeit gehen und ein gewisses Gerechtigkeitsgefühl entsteht", so Nedic. Bewerbungen sind bis 31. März möglich, Lehrbeginn ist am 1. September. Das Auswahlverfahren für eine Verwaltungsstelle umfasst einen kleinen Test im Rechtschreiben, Lesen, Fertigkeiten am Telefon und ein Bewerbungsgespräch.

Verwaltungsassistenten, Mechaniker und Metzger beim Land

Das Land Salzburg bildet bis zu 50 Lehrlinge aus und sucht für Herbst noch Lehrlinge für Verwaltungstechnik, Vermessungs- und Geoinformationstechnik, bautechnisches Zeichnen sowie Informationstechnologie mit Schwerpunkt Systemtechnik. Aktuell befinden sich 37 Lehrlinge in Ausbildung, darunter auch in der Verwaltung - wie Sofija Petrovic - oder Fleischverarbeitung an der Landwirtschaftlichen Fachschule Tamsweg. "Mit einer Lehre beim Land sind sehr schöne Karrieren möglich, es gibt viele Wege und inhaltliche Ausrichtungen, von Berufen in der Natur bis hin zur Arbeit mit Menschen", meint die für Lehrlingsstrategie zuständige Elisabeth Göllner-Kampel.

Die meisten Gebietskörperschaften locken mit Goodies - vom Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein B über Zuschüsse zur Super-s'Cool-Card, den Finanz-Führerschein, Welcome Dates und Events bis hin zu Sonderurlauben für ausgezeichnete Berufsschulabschlüsse und die Lehrabschlussprüfung.