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Stress am Arbeitsplatz: "Mehr Prävention und bessere Arbeitsbedingungen"

Die Belastungen am Arbeitsplatz steigen - Stress wird zunehmend zum Krankheitsauslöser. Nicht nur in Österreich, sondern in allen Ländern der EU haben krankheitsbedingte Fehlzeiten in den vergangenen Jahren stark zugenommen.

In der Arbeitswelt steigen die Stressfaktoren und führen zu immer mehr Fehlzeiten durch Krankheit. Besonders in Deutschland und Lettland sind die Zahlen alarmierend, während Österreich im europäischen Mittelfeld liegt.
In der Arbeitswelt steigen die Stressfaktoren und führen zu immer mehr Fehlzeiten durch Krankheit. Besonders in Deutschland und Lettland sind die Zahlen alarmierend, während Österreich im europäischen Mittelfeld liegt.

Im Fehlzeitenreport der OECD sind jüngst EU-weit die krankheitsbedingten Fehltage verglichen worden. Vorrangig lässt sich daraus eines ablesen: Die Fehlzeiten am Arbeitsplatz haben in allen Ländern der Europäischen Union in den letzten Jahren stark zugenommen.

Deutschland führt das Ranking dabei mit 24,9 Fehltagen pro Jahr an, dicht gefolgt von Lettland mit 20,4 und Tschechien mit 19,2 jährlichen Fehltagen. Österreich liegt mit 14,9 Tagen krankheitsbedingter Abwesenheit vom Arbeitsplatz im Mittelfeld.

Stress im Beruf als Krankheitsauslöser

Auch wenn die Pandemie vorbei ist, zählt Corona nach wie vor zu den "neuen" Infektionskrankheiten, die mit berücksichtigt werden (müssen) - neben vielen anderen schweren Erkrankungen. Denn Corona ist nach wie vor einer der Gründe, warum Krankenstände verlängert werden. Nicht außer Acht gelassen werden dürfen laut OECD-Erhebung außerdem die verschiedenen neuen Arbeitsformen, die prekäre Wirtschaftslage und die besonders in den Gesundheitsberufen vorherrschende Überbelastung.

"Diese geht nicht spurlos an den Menschen vorbei, wir verzeichnen einen Anstieg von psychischen Erkrankungen, der nicht zu unterschätzen ist. Der Ausbau der psychosozialen Versorgung als präventive Maßnahme ist dringend notwendig", sagt Andreas Huss, ÖGK-Arbeitnehmer-Obmann. Und weiter: "Denn gerade psychische Erkrankungen dauern sehr lange. Sie zu verhindern beziehungsweise schneller zu behandeln ist nicht nur für Patientinnen und Patienten enorm wichtig, sondern lohnt sich auch für das Gesundheitssystem und die Wirtschaft." Ein Fokus auf psychosoziale Versorgungszentren für Erwachsene und Kinder sowie Jugendliche sei hier essenziell.

Phänomen Präsentismus

Ein Phänomen sei des Weiteren, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer krank im Job erscheinen. Als Grund dafür wird die Angst, dass Arbeit unerledigt bleibt oder die Kolleginnen und Kollegen Tätigkeiten übernehmen müssen, genannt. Dieser sogenannte Präsentismus ist klarerweise mit Risiken verbunden - nicht zuletzt damit, bei Infektionskrankheiten Kolleginnen und Kollegen anzustecken. "Präsentismus ist in Österreich ein größeres Problem als Absentismus", bekräftigt Huss. "Wer krank ist, bleibt zu Hause - im Interesse der eigenen Gesundheit und um nicht auch noch die Kolleginnen und Kollegen zu gefährden", meint Claudia Neumayer-Stickler (Vorsitzende im Dachverband der Sozialversicherungsträger): "Im beruflichen Alltag scheint diese Devise allerdings oftmals nicht zu gelten, weil sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes fürchten müssen."

Präventionsmaßnahmen zur Stärkung der psychischen und physischen Gesundheit sind gefragt

So seien heimische Unternehmen gefordert, in präventive Maßnahmen zur Stärkung der psychischen und physischen Gesundheit ihrer Arbeitnehmerschaft zu investieren. Das vorrangige Ziel sollte insgesamt sein, zu schauen, dass die Belegschaft gar nicht erst krank wird, wie Neumayer-Stickler unterstreicht: "Statt Kampf dem Krankenstand wäre es wohl zielführender, dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesund bleiben. Dabei spielen neben vielen Faktoren auch die Unternehmenskultur und die Arbeitsbedingungen eine wesentliche Rolle." Huss: "Die Lösung heißt: mehr Prävention und bessere Arbeitsbedingungen."

Als Ziel gilt, das Bewusstsein für Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitskompetenz zu schärfen und in diesem Bereich zu investieren. Da vor allem auch Krebs einen weiteren Grund für lange Krankenstände darstelle, könne man Screeningprogramme gegen ausgewählte Krebsarten (wie zum Beispiel Darmkrebs oder PSA-Screenings gegen Prostatakrebs) verstärkt einsetzen, um diese Krankheiten noch vor oder kurz nach ihrem Ausbruch zu diagnostizieren und durch geeignete Maßnahmen ganz zu verhindern beziehungsweise abzumildern. Großes Leid könne so abgewendet, aber auch Behandlungskosten und lange Krankenstände reduziert werden, heißt es hierzu weiter vonseiten der Österreichischen Gesundheitskasse.