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Grenzen ziehen im Job - wenn das Büro nie schließt

Die digitale Arbeitswelt kennt keinen Feierabend: Moderne Kommunikationskanäle sorgen für ständige Erreichbarkeit. Wie technische Lösungen helfen könnten, klarere Grenzen zu ziehen.

Die digitale Arbeitswelt in Österreich verwischt zunehmend die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit.
Die digitale Arbeitswelt in Österreich verwischt zunehmend die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit.

Anrufe, E-Mails und Besprechungen können heute sowohl im Büro als auch von unterwegs oder zu Hause aus bearbeitet werden. Der Trend zu hybriden Arbeitsmodellen in Österreich, in denen Arbeitnehmende sowohl im Homeoffice als auch vor Ort im Büro arbeiten können, hat die Kommunikation digitalisiert und viele Abläufe vereinfacht. Doch die Modernisierung der Technologien führt zu einer ständigen Erreichbarkeit der Arbeitnehmenden. Eine Studie der Arbeiterkammer Niederösterreich und der TU Wien zeigt, dass von knapp 800 Befragten in Österreich 70 Prozent auch in der Freizeit erreichbar sind. Im Krankenstand sind 60 Prozent für den Arbeitgeber und Kollegen verfügbar und am Wochenende sowie im Urlaub betrifft die ständige Erreichbarkeit trotz Auszeit jeden Zweiten. Psychische Belastungen, Einschränkungen im Sozial- und Familienleben, chronischer Stress sowie Unruhe sind für viele dabei ständige Begleiter.

Unternehmen optimieren digitale Erreichbarkeit

"Es entsteht eine zunehmende Belastung für die Angestellten, denn die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben verschwimmen immer mehr", stellt Christian Stredicke, CEO des Kommunikationsunternehmens Vodia, fest. Moderne Kommunikationskanäle und eine wachsende Zahl digitaler Tools führen in vielen Unternehmen zu einer unübersichtlichen Erreichbarkeit. Mitarbeitende sind auf mehreren Wegen kontaktierbar - und nicht immer ist klar, wie und wann sie erreichbar sein sollten. "Es braucht eine zentrale Kommunikationslösung, die Struktur schafft und die Erreichbarkeit gezielt steuert", sagt Stredicke überzeugt. Ein System, das etwa per App, VoIP-Telefon oder Mobilfunk genutzt wird, kann Mitarbeitenden helfen, die Zeiten festzulegen, in denen sie erreichbar sind, und somit auch Grenzen zu setzen, wenn die Arbeitszeit vorbei ist. "Ein wichtiger Aspekt im Kontext von Arbeitsbelastung und digitaler Erschöpfung", betont der Experte für Kommunikationslösungen. Die Steuerung erfolgt flexibel, sodass sich auch Urlaube oder Feierabendzeiten unkompliziert berücksichtigen lassen. Bei browserbasierter Nutzung werden Anrufe nur durchgestellt, wenn das Fenster aktiv geöffnet ist, so lässt sich unbeabsichtigte Erreichbarkeit vermeiden. Über Zeitsteuerungen können zudem feste Arbeitszeiten definiert werden, sowohl für einzelne Nebenstellen als auch für ganze Organisationen. Feiertage lassen sich als Ausnahmen hinterlegen. Für bestimmte Rollen können gezielt Ausnahmen eingerichtet werden, etwa wenn Assistenzen auch außerhalb der regulären Zeiten Zugang zu leitenden Personen benötigen, ohne deren direkte Kontaktdaten weiterzugeben.

Privathandy im Job meiden

Der Experte weiß: "Wer einmal seine private Handynummer weitergegeben hat, wird oft auch außerhalb der Arbeitszeiten oder sogar nach einem Stellenwechsel kontaktiert - das lässt sich technisch vermeiden, wenn Kommunikation zentral gesteuert wird." Die Nutzung privater Mobiltelefone im beruflichen Kontext berge zudem nicht nur Risiken für Mitarbeitende, sondern auch für die Unternehmen selbst. "Werden private Geräte für die Kundenkommunikation genutzt, wird es für Firmen schwer, ihre Daten zu schützen", erklärt Stredicke. "Vor allem, wenn der Kontakt über private Kanäle erfolgt und die Kundenbeziehung an die Person und nicht das Unternehmen gebunden ist, können Probleme entstehen", warnt der Experte. Um eine Kundenabwanderung oder ungeschützte Firmendaten zu vermeiden, sollten Unternehmen Systeme verwenden, die keine Daten auf Geräten, sondern auf dem firmeninternen Server speichern.

App steuert Telefonnutzung sicher

Eine von Vodia entwickelte App, die zusammen mit den VoIP-Telefonen genutzt wird, ermögliche es außerdem, die geschäftliche Telefonnummer über verschiedene Geräte zu steuern. So können auch SMS versendet werden, ohne dass Daten über externe Plattformen preisgegeben werden. Technisch sollten auch noch weitere Datenschutzanforderungen erfüllt sein. "Verbindungen sollten standardmäßig verschlüsselt und im Dateisystem geschützt gespeichert sein", erklärt Stredicke. In der Praxis zeigt sich, dass das Bedürfnis nach kontrollierter Erreichbarkeit wächst: "Gerade zu Beginn der Homeoffice-Phase waren es Lehrer, die bewusst die Browser-App nutzten, um nicht rund um die Uhr erreichbar zu sein", berichtet der Experte. Inzwischen wachse aber das Verständnis dafür, dass auch mobile Anwendungen datenschutzkonform eingesetzt werden können, vor allem, wenn sie in klar strukturierte Unternehmensrichtlinien eingebettet sind.

"Werden private Geräte genutzt, wird es schwer, Kundendaten zu schützen."
Christian Stredicke
CEO Vodia

Neben der Frage der Erreichbarkeit gewinnt auch die Art der Kommunikation zunehmend an Bedeutung. Während Videokonferenzen zu Beginn der Homeoffice-Phase als zentrales Werkzeug galten, zeigt sich inzwischen eine gewisse Überlastung. "Die Rückmeldung, die wir erhalten, ist eindeutig: Die Vielzahl geplanter Videomeetings führt zu Ermüdung und Frustration", berichtet Christian Stredicke. "Dadurch geht für viele auch die Zeit für konzentriertes Arbeiten verloren." Stattdessen seien kurze, spontane Telefonate oft deutlich effizienter, berichtet der Experte. Insbesondere dann, wenn Kolleginnen und Kollegen auch mobil erreichbar sind, lassen sich Abstimmungen schnell klären, ohne dass alle Beteiligten gleichzeitig in einem virtuellen Raum präsent sein müssen. "Moderne Telefonanlagen mit App-Anbindung können solche direkten Kommunikationswege unterstützen und gleichzeitig helfen, der digitalen Erreichbarkeit Grenzen zu setzen."