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Abfall: Der ideale Weg führt im Kreis

Haushaltsmüll nervt die Menschen und schadet Umwelt und Klima. Nur mit einem umfassenden Kreislaufwirtschaftskonzept lassen sich die Mengen reduzieren und Materialien möglichst wiederverwenden.

Moderne Sortieranlagen können viele verschiedene Fraktionen voneinander trennen.
Moderne Sortieranlagen können viele verschiedene Fraktionen voneinander trennen.

Wenn es um das Thema Abfall geht, dann ist die Richtung klar: Es geht im Kreis. Konkret sollen die Abfallströme von einem linearen Weg in eine Kreislaufwirtschaft abbiegen, so sieht es zumindest die EU vor. "Wir müssen versuchen, die Ressourcen möglichst lang im Kreislauf zu behalten", sagt deshalb Daniel Resch, Geschäftsführer des ÖWAV (Österreichischer Wasser- und Abfallwirtschaftsverband). Für die Umsetzung habe Österreich mehrere Strategien. Einerseits geht es um das Produktdesign. "Viele Produkte landen am Ende im Abfall, weil man nicht weiß, was man damit noch tun kann", sagt Resch: "Ziel ist, dass man künftig die Produkte leicht zerlegen, aufteilen und wieder in den Prozess bringen kann." Dieses "Ökodesign" betrifft vor allem die Hersteller, doch dazu braucht es im globalen Warenverkehr klare Vorschriften der EU.

Sammelsysteme fördern Recycling-Effizienz

Die andere Strategie ist das Sammeln und Wiederverwenden. "Irgendwann ist alles Abfall", sagt Resch. Dann müssten spezielle Stoffe gesammelt und aufbereitet werden. "Das ist eine sehr komplexe Aufgabe und betrifft beispielsweise Batterien, Textilien oder Plastik", sagt der Experte. Es gelte die Frage zu klären, wie man die Stoffe wieder in einen Kreislauf bringen kann, etwa über ein Pfandsystem. Dreh- und Angelpunkt ist aber die Bevölkerung. Ihr müsse man entsprechende Sammelsysteme anbieten.

Der ÖWAV hat zehn Punkte formuliert, die den Weg zur Kreislaufwirtschaft ebnen sollen

So sollten Produkte, deren Nutzen überschaubar ist, weggelassen werden, neue Produkte sollten so gestaltet sein, dass sie intensiver genutzt werden können. Durch mehr Effizienz bei der Produktion könnten Rohstoffe eingespart werden, funktionsfähige Produkte sollten wiederverwendet, repariert oder verbessert werden. Teile aus defekten Produkten sollte man für neue nutzen, die dieselbe oder auch eine andere Funktion erfüllen. Recycling und letztlich die thermische Verwertung zur Energierückgewinnung sind weitere Punkte.

Wichtig ist, die Menschen dazu zu bringen, etwas beizutragen", ergänzt Alexandra Loidl, Leiterin Abfallwirtschaftsholding Graz und Präsidentin des VÖA (Vereinigung öffentlicher Abfallwirtschaftsbetriebe): "Egal, ob wir von Recycling oder Kreislaufwirtschaft reden, zuerst müssen wir die Abfälle getrennt erfassen."

"Die Recyclinghöfe müssen sich zu Ressourcenparks weiterentwickeln."
Alexandra Loidl
Präsidentin VÖA

Insgesamt fällt laut Aussage der Expertin aus den einheimischen Haushalten Abfall in einer Menge von 4,5 Millionen Tonnen an, "das sind 500 Kilogramm pro Einwohner und Jahr", rechnet Loidl vor. "Wir haben in Österreich davon eine Recyclingquote von 63 Prozent und liegen damit über dem EU-Schnitt von 48 Prozent." Das sei vor allem auf die gute kommunale Infrastruktur zurückzuführen, die über Jahrzehnte aufgebaut wurde. Loidl: "Wir stehen aber vor der Tatsache, dass immer mehr komplizierte Produkte auf den Markt kommen. Deshalb müssen sich die Recyclinghöfe zu Ressourcenparks weiterentwickeln." Dort würden bis zu 80 verschiedene Fraktionen getrennt. Loidl: "Wir müssen auch Future Waste bedenken, denn beispielsweise die derzeit so viel verbauten Photovoltaik-Paneele werden auch irgendwann zu Abfall und das sind sehr komplexe Produkte."

Pilotprojekt in Salzburg fördert effiziente Mülltrennung in Wohnsiedlungen

Um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, müsste die Bevölkerung weiter sensibilisiert werden. "Wir haben in Salzburg eine Abfallberatung aufgebaut, deren Schwerpunkt schon bei den Schülerinnen und Schülern ansetzt", sagt Jürgen Wulff-Gegenbaur, Leiter des Salzburger Abfallservice und VÖA-Vorstand: "2024 hatten wir im neuen Recyclinghof in der Stadt schon 6000 Besucher." Ab 2026 wolle man gezielt in die großen Wohnsiedlungen gehen. Dort werde ein Pilotprojekt gestartet, denn die Mülltrennung der Haushalte funktioniere in Einfamilienhäusern besser als im mehrgeschoßigen Wohnbau.

"Die neuen Unterflurcontainer funktionieren besser als die herkömmlichen Müllräume."
Jürgen Wulff-Gegenbaur
Vorstand VÖÄ

Das hat schon eine Studie des Landes Salzburg gemeinsam mit der Universität gezeigt. Bei den neu gebauten Mehrfamilienhäusern sei man auf einem guten Weg. Wulff-Gegenbaur: "Die neuen Unterflurcontainer funktionieren besser als die Müllräume, da sind wir in Salzburg federführend in Österreich." Dennoch müsse man bei der Bevölkerung noch daran arbeiten, die Diskrepanz zwischen positiver Einstellung zur Müllvermeidung und -trennung und dem tatsächlichen Verhalten zu verringern. Dass das bisher schon Erreichte auch international Anerkennung findet, beweise das Interesse. "Wir haben immer öfter asiatische Expertengruppen hier in Salzburg, die sich dafür interessieren, wie unsere Mülltrennung funktioniert", sagt der Abfallservice-Leiter: "Kreislaufwirtschaft funktioniert nur, wenn alle mitmachen. Auch die Bürger haben hier eine Verantwortung." Je besser die Kreislaufwirtschaft, desto unabhängiger werde man auch von den Rohstoffen aus anderen Weltregionen.

Recycling-Infrastruktur verbessern und Wissen vermitteln

Drei zentrale Punkte sieht die VÖA-Präsidentin Alexandra Loidl dafür als entscheidend an: "Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, also die Infrastruktur attraktiv gestalten." Zweiter Punkt ist die Wissensvermittlung. "Warum machen wir das? Das kann man zum Beispiel an einer PET-Flasche erklären." Und: Es braucht direkte Ansprechpartner. Das ist bei einem Einfamilienhaus gegeben, in Wohnblocks aber nicht. "Treviso hat ein Modell entwickelt, wo auch in Wohnbauten die Müllgebühr pro Wohnung berechnet wird. Das funktioniert wie die Stromrechnung: je weniger Müll, desto niedriger die Gebühren."

Industrie muss in die Pflicht genommen werden

Doch die Bürger müssen ja oft "ausbaden", was die Industrie anrichtet. "Da tut sich sehr viel auf technologischer Ebene", ergänzt Daniel Resch: "Wir haben zwar extrem gute Sortieranlagen in Österreich. Aber es braucht das Ökodesign bei neuen Produkten, da müssen die In-Verkehr-Bringer in die Pflicht genommen werden."

Doch was macht man nun wirklich mit den blinkenden Kinderturnschuhen, in die versteckt ein Akku verbaut ist? Loidl: "Am besten wäre, so etwas gar nicht zu kaufen. Wenn doch, dann nicht in den Restmüll, sondern in den nächsten Recyclinghof bringen. Dort wissen die Beschäftigten, wie man damit umgeht!"