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Baupreise und Baukosten haben sich entkoppelt

Vor allem im Vorjahr haben sich die Gewinnspannen erhöht. Wendepunkt in der Entwicklung war der Beginn der Coronapandemie.

Die Baupreise sind innerhalb eines Jahres deutlich gestiegen.
Die Baupreise sind innerhalb eines Jahres deutlich gestiegen.

Die Statistik Austria veröffentlicht regelmäßig amtliche Zahlen zur Entwicklung der Baukosten und der Baupreise in Österreich. Diese beiden baurelevanten Indizes sind wichtige Maßzahlen im volkswirtschaftlichen System des Landes und geben wesentliche Orientierung über das (wirtschaftliche) Baugeschehen.

Baukostenindex und Baupreisindex zeigen Kostenentwicklung für Bauunternehmen und Bauherrn

Der Baukostenindex beobachtet dabei monatlich die Entwicklung der vom Bauunternehmer (Baumeister, Professionisten) zu tragenden Kosten für Material und Lohn im Rahmen der Ausführung des Bauvorhabens.

Durch die Erfassung und Beobachtung der Preisentwicklungen der im Bauprozess eingesetzten Produktionsfaktoren, wie beispielsweise des Beton-, Ziegel- oder Stahlpreises, kann festgestellt werden, wie sich die Material- und Lohnkosten für die Bauunternehmen im Laufe der Zeit verändern.

Der Baupreisindex gibt daher quartalsweise die Entwicklung der Marktpreise für die Bauleistungen wieder. Das heißt, dass hier die vom Bauherrn an den Bauunternehmer zu zahlenden Endabnehmerpreise für die Erbringung von Bauleistungen beobachtet werden.

Verkürzt dargestellt, zeigt der Baukostenindex die Kosten für den Bauausführenden für Material und Lohn auf, während der Baupreisindex die Kosten für den Bauherrn wiedergibt. Die Differenz zwischen diesen beiden Indizes ist sohin die Gewinnspanne für den Bauausführenden, also das Delta zwischen dem, was es den Bauausführenden kostet, und dem, wie er sein Produkt, seine Leistung weiterverkaufen kann.

Baukosten und Baupreise vom 1. Quartal 2022 bis zum 1. Quartal 2023 im Vergleich : markante Gewinnspannen für Baufirmen.
Baukosten und Baupreise vom 1. Quartal 2022 bis zum 1. Quartal 2023 im Vergleich : markante Gewinnspannen für Baufirmen.

"Nunmehr ist die diesbezügliche Entwicklung über die Zeit spannend. Eine Zusammenführung der Datensätze über den Verlauf der vergangenen zehn Jahre zeigt, dass die beiden Indizes lange parallel gelaufen sind", analysiert Herwig Pernsteiner, Präsidiumsmitglied der Arge Eigenheim: "Zwischen 2013 und 2019 sind diese beiden Indizes mit jeweils rund zwei bis drei Prozent pro Jahr angewachsen, wobei der Baukostenindex sogar über dem Baupreisindex lag, was einer Gewinnschmälerung gleichkommt."

Zwischen 2020 und 2021 gab es demnach ein Zeitfenster (erstes Coronajahr), in dem die Baupreise stärker angewachsen sind als die Baukosten. Erstmalig in diesem Beobachtungszeitraum der vergangenen zehn Jahre sind die Baupreise zum einen stärker angewachsen als die Baukosten und zum anderen waren sie auch anteilig höher. "Ein erster Zeitabschnitt, in dem für die Bauwirtschaft überdurchschnittliche Ertragspotenziale gegeben waren", sagt Pernsteiner.

Ab dem Jahr 2021 kam eine weitere Verschärfung hinzu, da es zu einem exorbitanten Anwachsen der Baukosten und im Gleichklang zu einer ebensolchen Steigerung bei den Baupreisen gekommen ist.
Die Steigerungsraten lagen dabei in den 16 Monaten von Jänner 2021 bis Mai 2022 bei mehr als 20 Prozent (Baukosten: plus 22,4 Prozent; Baupreise: plus 20,3 Prozent). In den 96 Monaten zuvor - Jänner 2013 bis Dezember 2020 - kam es zu einem vergleichsweise geringen Anwachsen von 13,9 Prozent bei den Baukosten und 21,8 Prozent bei den Baupreisen.

Baukosten in Seitwärtsbewegung, während Baupreise unaufhaltsam steigen

Pernsteiner: "In Zusammenführung und Interpretation dieser beiden Kennzahlen ist nunmehr interessant, dass die Baukosten ab Mai bis Dezember 2022 leicht gesunken und in der Folge wieder geringfügig gestiegen sind und nunmehr wohl eine klassische Seitwärtsbewegung gegeben ist." Im Gegensatz dazu sind die Baupreise aber unaufhaltsam weitergestiegen. "Die Baupreise haben sich erstmalig von den Baukosten entkoppelt. Der weitgehend parallele Lauf der vergangenen zehn Jahre ist seit Mai 2022 aufgebrochen. Aus diesen amtlichen Zahlen lässt sich ableiten, dass die Baufirmen insbesondere im Jahr 2022 markante Gewinnspannen im Preis realisieren konnten", analysiert Pernsteiner.

Die Arge Eigenheim ist ein Zusammenschluss von rund 100 Wohnbauunternehmen in Österreich mit einem Verwaltungsbestand von über 400.000 Einheiten, etwa 5000 Mitarbeitern und einem jährlichen Bauvolumen von mehr als einer Milliarde Euro. Die genannten Indizes beziehen sich auf Daten zum Wohnhaus- und Siedlungsbau der Statistik Austria.