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Vom Fertighaus zum Architekturhaus: Herausforderungen beim Umbau eines Fertigteilhauses meistern

Fertigteilhäuser sind heute kaum günstiger als geplante Häuser. Das Umbauen kann allerdings eine Herausforderung sein. Wie man sie bewältigt, erzählt Architekt Peter Horner.

Ein Fertigteilhaus wird neu erschaffen: Um- und Zubauten sind eine Herausforderung.
Ein Fertigteilhaus wird neu erschaffen: Um- und Zubauten sind eine Herausforderung.

Fertigteilhäuser waren einmal eine günstige Möglichkeit, sich den Traum vom eigenen Haus zu erfüllen. Heute sind Preisunterschiede zu individuell geplanten Holz- oder Massivhäusern kaum mehr vorhanden. Kurze Bauzeiten und hohe Kostensicherheit sind als Argumente für ein Fertigteilhaus geblieben. Sollen Fertigteilhäuser nachträglich umgebaut oder erweitert werden, kann es aber zu Überraschungen kommen, wie bei herkömmlichen Bauten auch, erzählt Peter Horner.

Architekt Peter Horner ist bekannt für unkonventionelle Lösungen

Der Salzburger Architekt ist bekannt für unkonventionelle Lösungen, er plant viel in Holz und mit Bauteilaktivierung. "Für mich ist umbauen genauso spannend wie neu bauen", sagt Peter Horner: "Allerdings ist ein Neubau einfacher zu planen und zu kalkulieren, weil einen üblicherweise weniger Überraschungen erwarten."

Besuch des ersten von ihm umgeplanten Fertigteilhauses, knapp vor seiner Fertigstellung

Es steht in Anif, unweit von Schloss, Gutsverwaltung, Schlosswirt und Kramerbauer. Bis vor dem Umbau sah das Fertigteilhaus aus wie eine der früher beliebten mediterranen Stadtvillen, mit gelber Fassade, grün-weißen Fenstern und Zeltdach.

Eine große überdachte Terrasse für laue Sommerabende.
Eine große überdachte Terrasse für laue Sommerabende.

Ein Eindruck davon ist beim SN-Besuch nur auf der Eingangsseite geblieben. Auf der Gartenseite hat die große Veränderung bereits stattgefunden: Die vielen kleinteiligen Fensteröffnungen wurden durch großflächige Übereck-Verglasungen mit Schiebeelementen ersetzt. Über die gesamte Westseite des Hauses zieht sich zwischen Erdgeschoß und erstem Stock eine balkonartige Auskragung, welche die großen Glasflächen im Erdgeschoß beschattet und den offenen Terrassenbereich neben dem neuen Zubau überdacht. Damit erhielt die Hausfassade außen eine komplett neue und zeitlose Sprache. Aus dem Fertigteil- wurde ein Architektenhaus.

Umbau komplett neue Struktur und klarere Optik bringen

Der jetzige Umbau ist bereits der zweite seit Bestand des nur etwa siebzehn Jahre alten Hauses. Vor zehn Jahren wurde neben und auf der Garage ein Anbau für eine zweite Wohneinheit geschaffen. In diesem Jahr ging es den Eigentümern um mehr Raum, mehr Licht, mehr Großzügigkeit und zeitgemäßes Wohngefühl im Bestandsbau. Die Struktur sollte komplett neu aufgesetzt und die Optik wesentlich ruhiger und klarer werden.

Damit waren große Herausforderungen und Kosten verbunden, erzählt der Architekt. "Als im April mit dem Umbau begonnen wurde, stießen wir auf unvorhersehbare Probleme. Bei diesem Fertigteilhaus wurde nämlich hinter den Oberflächen gespart. Teilweise fehlten Vorsatzschalen, das sind die Holz-Unterkonstruktionen unter den Gipskartonplatten. Damit wurde es praktisch unmöglich, neue Steckdosen zu bohren. Sonst wäre die Dampfsperre zerstört worden, die verhindern soll, dass sich in den Wänden Kondenswasser bildet." Schlussendlich musste das gesamte Haus entkernt werden, nur drei Viertel des Rohbaus blieben stehen. Installation und Elektrik wurden komplett erneuert.

"Wir blieben punktgenau im Rahmen des Budgets."
Peter Horner
Architekt

Umbau für neues Wohngefühl kostet 65 bis 70 Prozent eines Neubaus

Der Umbau kostet laut Peter Horner 65 bis 70 Prozent eines Neubaus. "Ich bin trotzdem stolz, dass wir punktgenau im Rahmen des von mir kalkulierten Budgets geblieben sind."

Dafür dürfen sich die Besitzer demnächst auf ein völlig neues Wohngefühl einstellen.

Der Umbau sorgt auch im Inneren für eine neue Klarheit

Der westseitige Wohn-Essbereich war ursprünglich sehr unruhig, durch mächtige Leimbinder an der Decke, eine gewendelte Holztreppe ins Obergeschoß mitten im Raum und neun, teilweise kleinteilige Fensteröffnungen. Der Architekt verlegte die Stiege aus der Wohnküche in den Eingangsbereich auf der Nordseite des Hauses, wo auch der Keller erschlossen wird. Der frühere Erker im Wohnbereich ist einem deutlich größeren Zubau gewichen.

Ein großes Panoramafenster statt vieler kleiner Fenster, lautete die Devise. Im Dach sind die Systeme der Bauteilaktivierung zu erkennen: Sie kühlen im Sommer und wärmen im Winter.
Ein großes Panoramafenster statt vieler kleiner Fenster, lautete die Devise. Im Dach sind die Systeme der Bauteilaktivierung zu erkennen: Sie kühlen im Sommer und wärmen im Winter.

Große Fensterflächen sorgen für mehr Luft und freie Sicht hinaus in den Garten und zum Untersberg. Durch den Zubau erhält auch das Obergeschoß mehr Raum, Licht und Ausblick. Das zukünftige Schlafzimmer ist bis zum Giebel hin offen gestaltet. Über die gesamte Westfront zieht sich ein durchgehendes Fenster. Eine fast ebenso große Glasschiebetür führt südwärts auf den Balkon, der durch die Überdachung der Terrasse im Erdgeschoß entstanden ist.

Die bestehende Gasheizung wurde durch eine Wärmepumpe mit Tiefenbohrung ersetzt, der gesamte neue Holzanbau ist bauteilaktiviert. Im Sommer kann so in den großflächig verglasten Bereichen auch effektiv gekühlt werden.

Im Obergeschoß des Anbaus sind auch die Massivholzplatten des Dachstuhls vom Heiz- und Kühlsystem durchzogen, erklärt Peter Horner: "Damit kommt die Hitze, welche die Sonne im Sommer auf dem Dach verursacht, nicht im Inneren an. Sie wird vorher nach draußen in den Erdboden abgeführt. Die Massivholzplatten sind im Sommer ‚wassergekühlt', im Winter dienen sie als Heizung - wie ein großer Kachelofen aus Massivholz. Das ist das effizienteste Heiz- und Kühlsystem, das es gibt."

Umbau kann komplexes Unterfangen werden: halbe Lösungen sind er falsche Weg

Das Anifer Fertigteilhaus zeigt, dass jeder Umbau ein komplexes Unterfangen werden kann. Dafür lohnt es sich, einen Planer mit ins Boot zu holen, sagt Peter Horner: "Die Hausbesitzer müssen nur zuvor entscheiden, wie viel umgebaut werden soll. Halbherzig in Böden, tragende Wände, das Heizsystem, die Installation, die Elektrik einzugreifen, ist aus meiner Erfahrung der falsche Weg. Wer das versucht, kommt während des Umbaus nach und nach drauf, was alles Ungeplantes zu reparieren ist, und hat zum Schluss hohe Kosten für eine halbe Lösung."

Soll man sich kein Fertigteilhaus kaufen, wenn man später vielleicht einmal umbauen will?

"Das hängt von den Wandaufbauten des Fertigteilhauses ab. Es gibt sehr gute Fertigteilhäuser mit gedämmten Massivholzwänden, da ist viel möglich. Sobald man sich allerdings ein mittelpreisiges Fertigteilhaus kauft und dieses noch etwas umplant, kostet das nach meinen Erfahrungen etwa gleich viel, wie wenn ein Architekt ein Haus komplett plant und die Bauaufsicht übernimmt."