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Ein Wohnturm für Generationen

Das Zuhause von David Fischer und Carina Brunnelli bringt einen sparsamen Grundverbrauch, ökologisches Bauen und Mehrgenerationenwohnen unter ein Dach.

Ein Wohnhaus wie ein Berg mit der Skyline der Berchtesgadener Alpen.
Ein Wohnhaus wie ein Berg mit der Skyline der Berchtesgadener Alpen.
Die dreiköpfige Familie (David Fischer, Carina Brunnelli und Tochter) bewohnt das Haus auf drei Ebenen.
Die dreiköpfige Familie (David Fischer, Carina Brunnelli und Tochter) bewohnt das Haus auf drei Ebenen.

Kaum noch Bauland, überteuerte Grundstückspreise und überbordende Bürokratie bei den Baugenehmigungen: Diese Mischung macht leistbares Wohnen in Salzburg schwierig. So war es zumindest für den Diplomingenieur David Fischer von der dunkelschwarz ZT GmbH und die Fotografin Carina Brunnelli. Relativ konkrete Pläne für Neubauten scheiterten, bis die Eltern von Carina Brunnelli anboten, auf ihrem Grundstück in Puch bei Hallein an das bestehende Haus anzubauen, erzählt Fischer: "Der Gedanke, dass unsere Tochter mit Großeltern, Tanten, Onkeln, Cousins und Cousinen gemeinsam aufwächst, gefiel uns sofort. Das Mehrgenerationenwohnen war früher völlig normal und bringt auch heute nur Vorteile für alle mit sich."

Aber auch die Nähe zur Stadt Salzburg machte die Entscheidung einfacher. In rund 20 Minuten Fahrzeit ist David Fischer vom Büro im neuen Zuhause. Gleich nach der Autobahnabfahrt Puch-Urstein geht es innerhalb von wenigen Minuten durch ein Waldstück 200 Meter hinauf auf den Thunberg und man ist plötzlich mitten im Grünen: Der Blick reicht vom Untersberg über den Hohen Göll bis zum Watzmann. Alle paar Hundert Meter stehen kleine Siedlungen mit wenigen Häusern. In einer davon liegt das neue Zuhause von David Fischers Familie. Dort, wo früher eine Garage stand, schmiegen sich die schlanken, turmartigen drei Geschoße an das Wohnhaus der Schwiegereltern.

"Wohnturm" für die Familie

Bei der Gestaltung des Anbaus waren enge Grenzen gesetzt. Der Grundstücksanteil im Norden des Bestandshauses misst nämlich nur 200 Quadratmeter, erzählt David Fischer: "Uns stellte sich die Frage, wie wir hier 120 Quadratmeter Wohnfläche sinnvoll unterbringen können - mit einer gewissen Großzügigkeit, die uns einfach wichtig ist." Heraus kam ein unregelmäßiges Viereck als Grundriss mit nur 40 Quadratmetern Wohnfläche auf der untersten Ebene, auf die zwei weitere Geschoße aufgebaut wurden. Für diesen "Wohnturm" musste erst eine behördliche Genehmigung eingeholt werden, mit der Auflage, dass die Nachbarn ringsum nicht in ihren Sichtachsen beeinträchtigt werden. Die Architekten der dunkelschwarz ZT GmbH machten allerdings aus der Platznot eine Tugend. Sie unterstrichen die Vertikalität des Gebäudes mit einer längsverschalten Fassade aus unbehandelter Tanne. Und sie setzten ihm ein auffälliges Dach auf. Der First verläuft diagonal zwischen den Hauskanten, die Traufen zu beiden Seiten sind unterschiedlich hoch. Ein Fremdkörper ist das Haus dennoch nicht, weil sich die Dachneigung an der des Bestandshauses orientiert und es quasi nur verlängert. Trotz der drei Geschoße fügt sich das Gebäude harmonisch in die Siedlung ein, ebenso wie in die Skyline der Berchtesgadener Alpen im Hintergrund. Mit den Jahren erhält die Tannenfassade eine schwarzgraue Patina, womit der Bau noch mehr mit der Landschaft verwächst.

Holz und Stein

Eine harmonische Rhythmik der Außenfassade erzielten die Architekten durch bewusst über Eck oder fast die gesamte Hausseite gesetzte große Fensteröffnungen, die natürliches Licht und die Breitseite der Berchtesgadener Alpen ins Haus lassen. Vom gemeinsamen Eingangsbereich für beide Häuser geht es rechts in den Wohnturm hinein. Zwei Stufen führen in den offenen Küchen- und Essbereich hinunter. Ein Lehmboden und eine Fichtenlattendecke, ein raumhoher, lehmverputzter Kamin, Möbel aus Tanne und Esche sorgen für eine erdige Atmosphäre, ohne rustikal zu wirken.

Ein Wohnhaus wie ein Berg mit der Skyline der Berchtesgadener Alpen.
Ein Wohnhaus wie ein Berg mit der Skyline der Berchtesgadener Alpen.

Über die großflächig verglaste Eckzone gelangt man auf eine westwärts ausgerichtete Holzterrasse mit einem traumhaften Ausblick Richtung Untersberg. "Obwohl jede Ebene nur rund 40 Quadratmeter Wohnfläche misst, war uns im quasi-öffentlichen und extrovertierten Bereich des Erdgeschoßes Großzügigkeit sehr wichtig", erzählt Carina Brunnelli.

Lehmputz fürs Raumklima

Eine schlichte, gewendelte Holztreppe an der Ostwand führt nach oben. Auf ein Geländer wurde verzichtet. Den Sicht- und Absturzschutz bilden Holzstützen, welche die Decke tragen.
Eine schlichte, gewendelte Holztreppe an der Ostwand führt nach oben. Auf ein Geländer wurde verzichtet. Den Sicht- und Absturzschutz bilden Holzstützen, welche die Decke tragen.

Der erste Stock beherbergt Kinderzimmer, Büro, Bad und Toilette. Hier vermittelt naturbelassener Lehmputz an mehreren Wänden eine erdige Wärme. Bad und Toilette sind fensterlos. Kleine Fensteröffnungen hätten die klare Gliederung der Außenfassade gestört, erzählt David Fischer: "Wir haben dagegen festgestellt, dass uns ein wenig Introvertiertheit in den intimen Bereichen gar nichts ausmacht. Durch die reinen Lehmwände haben wir das Thema Feuchtigkeit auch so im Griff. Eine mechanische Lüftung gibt es zwar auch, die wäre aber eigentlich gar nicht nötig gewesen." Der Lehmputz ist ein Klimaregulator, nimmt Wasserdampf schnell auf und gibt ihn nach und nach wieder an die Raumluft ab.

Kleiner Fußabdruck

Der Holzriegelbau wurde außen mit Cellulose gedämmt, innen mit Tannenholz verschalt oder mit Lehmputz verkleidet.
Der Holzriegelbau wurde außen mit Cellulose gedämmt, innen mit Tannenholz verschalt oder mit Lehmputz verkleidet.

"Schlank und hoch ist natürlich bauphysikalisch nicht hundertprozentig optimal", merkt David Fischer an, der um einen kleinen ökologischen Fußabdruck bemüht war. Deshalb wurde der reine Holzriegelbau außen mit Cellulose gedämmt, innen mit Tannenholz verschalt oder mit Lehmputz verkleidet: "Wir haben einen Außensonnenschutz für unsere großen Fensterflächen. Außerdem war uns wichtig, die bestehende Ölheizung durch eine Wärmepumpe zu ersetzen, welche den Bestand mitversorgt und im Sommer auch mitkühlt."

Holz an Decken und Wänden holt die Natur ins Haus.
Holz an Decken und Wänden holt die Natur ins Haus.

Im zweiten Stock sind Elternschlaf- und Wohnzimmer untergebracht. Noch mehr Ausblick in die Berchtesgadener Alpen und noch mehr Intimität für den Feierabend. Die Wand für die Schiebetür zwischen Wohn- und Schlafraum ist gleichzeitig das Corpus für raumhohe Einbauschränke. Das Mobiliar wurde auf das Nötigste beschränkt. Carina Brunnelli: "Zum Glück sind wir beide Minimalisten und uns einig, dass wir so wenig Ballast wie möglich haben wollen."

So kann ein Haus, das mit Platz sparsam umgehen muss, trotzdem eine großzügige Weite entwickeln. David Fischer ergänzt: "Es ging nicht nur um ein Haus, sondern um eine neue Form des Zusammenlebens - verdichtet, nachhaltig, Generationen verbindend. Projekte wie unseres werden in naher Zukunft immer wichtiger werden."