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Leistbarer Wohnraum: Beton mischt kräftig mit

Österreich braucht erschwinglichen Wohnraum und die Klimakrise verlangt nach energieeffizientenLösungen. Zwei Wiener Großprojekte zeigen, dass Beton - obwohl als "Klimakiller" bezeichnet - als Baustoff nach wie vorsehr gefragt ist.

Beton – wie hier bei einem Wohnbauprojekt in Wien – ist ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen Bausektors.
Beton – wie hier bei einem Wohnbauprojekt in Wien – ist ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen Bausektors.

Die Bauprojekte Schneewittchen und Loft-Flügel sowie Nordbahnhof III im Wiener Nordbahnviertel gelten im Wiener Wohnbau als wegweisend: Mit 295 Wohneinheiten auf 29 Geschoßen und einer Bruttogeschoßfläche von 34.000 Quadratmetern ist das Hochhaus Schneewittchen das höchste Mietwohngebäude der Bundeshauptstadt. Es steht exemplarisch für flächensparendes Bauen mit Beton.

Zementindustrie treibt Bodenschutz voran

"Bodenschutz ist ein zentrales Anliegen der österreichischen Zement- und Betonbranche. Beton eignet sich als stabiler, robuster und langlebiger Baustoff hervorragend für platzsparenden, mehrgeschoßigen Wohnbau sowie für multifunktionale Gebäude mit ober- und unterirdischen Ebenen. Auch im laufenden Betrieb solcher Gebäude spielt Beton eine Schlüsselrolle, etwa durch thermische Bauteilaktivierung", erklärt Christoph Ressler, Vorstandsmitglied von Beton Dialog Österreich und Geschäftsführer des Güteverbands Transportbeton.

Wohnungen nutzen thermische Bauteilaktivierung

Im Hochhaus Schneewittchen und im benachbarten Loft-Flügel mit zusätzlichen 32 Wohneinheiten sind die Betondecken in den Wohnungen thermisch aktiviert. Die Wärme- und Kälteversorgung erfolgt über die Fernwärme bzw. Fernkälte Wien. "Die Aufenthaltsräume sowie das Bad sind mit thermischer Bauteilaktivierung ausgestattet, die entsprechende Regelung erfolgt über ein Thermostat. Die Gemeinschaftsräume werden über Fußbodenheizung beheizt, darüber hinaus verfügt das Haus über eine eigene PV-Anlage", sagt Thomas Fischl, technischer Leiter der EGW, Erste gemeinnützige Wohnungsgesellschaft mbH, die als Bauherrenvertretung für die Generalplanung und Baubetreuung verantwortlich war und die Wohnanlage verwaltet.

Nordbahnviertel: Urbane Terrassen mit begrünten Ebenen

Das Nordbahnviertel setzt auf energieeffizienten Wohnbau und klimafitte Außenräume. Bereits 2021 wurde die Bruno-Marek-Allee zum ersten Klimaboulevard Wiens erklärt. In der Wohnanlage Nordbahnhof III (Baufeld 1A) wurde das städtebauliche Konzept "Freiraum auf Wohnungsebene" umgesetzt. "Die Idee verbindet Gebäude und Landschaft durch eine Abfolge urbaner Terrassen. Diese Freiraumlandschaft wächst nach oben und bildet einen hybriden Stadtsockel mit begrünten Ebenen, in dem Wohnen, Gewerbe und soziale Infrastruktur auf innovative Weise miteinander verschmelzen. So entsteht ein Gesamtkonzept aus naturnaher Begrünung, nachhaltiger Landschaftsarchitektur und durchdachter Fassadenbegrünung", erklärt Dominik Scheuch, Geschäftsführer von Yewo Landscapes, dem Wiener Landschaftsarchitekturbüro, das diese beiden Außenräume im Nordbahnviertel plante.

Wie kann Zement und Beton nachhaltig werden?

Ohne Zement läuft in der Bauindustrie heutzutage immer noch wenig. Doch trotz vorhandener Vorteile des häufig verwendeten Baustoffs - und das ist die Kehrseite der Medaille - wird der Stoff im Beton oft als "Klimakiller" bezeichnet. Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ), sagte bei einem Kolloquium Ende 2024: "Zement und Beton werden auch in Zukunft nicht ersetzbar sein. Die Frage ist, wie die Zemente der Zukunft aussehen werden, wie eine CO₂-Minderung bei ihrer Herstellung gelingen und wie Nachhaltigkeit im Betonbau umgesetzt werden kann."

Horst-Michael Ludwig, Institutsdirektor der Bauhaus-Universität Weimar, erläuterte die Herausforderungen für das Bindemittel Zement: "Dieser muss und wird klimafreundlich sein. Dabei wird die Carbon-Capture-Technologie eine wichtige Rolle spielen. Materialseitig stellt auch zukünftig die Absenkung des Klinkerfaktors im Zement durch geeignete Kompositmaterialien das Hauptinstrumentarium zur Senkung der CO₂-Emissionen dar."