Mantelbaustein "futureBloc - S: Kaskadennutzung im Baumaterialien-Recycling
Die FH Salzburg forscht am Campus Kuchl am Projekt "futureBloc - S". Damit soll eine größtmögliche Nutzung bereits vorhandener regionaler Rohstoffe aus dem Rückbau von Gebäuden möglich werden.
BILD: SN/CAMPUS KUCHL/HERMANN HUBER
Der Holzbeton-Mantelstein besteht aus einem recycliertem Betonkern, einer aus Grünschnittfasern gepressten Dämmplatte und einem vollmineralischen Dreilagenputz. Der „futureBloc – S“ ist zu 100% kreislauffähig.
Beim Rückbau - d. h. Abbruch - von Gebäuden fällt eine enorme Menge an Material an. Bereits seit längerer Zeit wird Beton wiederverwertet. Damit er nicht auf Deponien gelagert werden muss, wird er zerkleinert und landet zum Teil als Füllmaterial beim Fundamentbau oder wird im Betonbau zugemischt und weiterverwertet.
Dämm- und Spanplatten enthalten Schadstoffe
Aber es fallen auch andere Materialien an, beispielsweise Holzspäne, die als mineralisch gebundene Holzwolle-Dämmplatten (bekannt unter dem Markennamen "Heraklith") oder als zementgebundene Spanplatten als Schalsteine verbaut wurden. Sie enthalten als Bindemittel Zement und andere Schadstoffe. Eine thermische Verwertung ist daher nicht ratsam.
Firma Iso Span produziert neue Schalsteinen aus Holzspänen von Gebäudeabbrüchen
Dennoch können die Holzspäne weiterverwertet werden, wie an der FH Salzburg am Campus Kuchl aktuell getestet wird. Unter der Leitung von Hermann Huber, Lehrgangsleitung Holzbau Professional, Department Green Engineering and Circular Design, wurde der Mantelbaustein "futureBloc - S" entwickelt.
"Wir erforschen die praktische & ökonomische Umsetzung"
Hermann Huber
FH Campus Kuchl
In diesem werden die anfallenden Holzspäne zu neuen Schalsteinen inklusive Dämmung verarbeitet. "Das bedeutet eine beträchtliche Einsparung an Frischholz", wie Hermann Huber erklärt. Produziert werden die Schalsteine bei der Firma Iso Span, die auf die Produktion von Holzspan-Mantelsteinen, Holzspan-Fertigwänden sowie Holzspan-Dämmplatten spezialisiert ist.
Unter dem Aspekt, die Lieferabhängigkeiten weitgehend zu reduzieren, haben sich regionale Salzburger Unternehmen zusammengetan und einen Wandaufbau entwickelt, der aus hundert Prozent wiederverwertbaren, heimischen Stoffen hergestellt ist. Sie arbeiten gemeinsam an der regionalen Alternative zu Dämm- und Klebstoffen im Wohnbau, um sich unabhängiger von globalen Lieferketten zu machen. Gleichzeitig verhindern sie durch die Nutzung bereits vorhandener Sekundärrohstoffe massive CO₂-Belastungen aus der Bauwirtschaft.
Firma Ehrensberger liefert Baumaterialien
Grünschnitt-Holzspäne für die Schalstein-Produktion liefert die Firma Ehrensberger, Experte für Beton, Sand, Kies, Splitt, Steine, Ziersteine, Erde, Humus sowie Entsorgung und Recycling von Baumaterialien. Ebenfalls eingebunden in das Projekt sind die Universität Salzburg, bvfs sowie die Firmen Deisl-Beton, Leube und Baumit. Treibende Kraft hinter der Idee war Roland Wernik von der Salzburg Wohnbau, die im Zuge ihrer Wohnbautätigkeit etliche Altbauten rückzubauen hat. "Dabei ist die Frage aufgetaucht, wie sich all diese Materialien sinnvoll verwerten lassen und mit der Kaskadennutzung wieder in den Kreislauf zurückzuführen sind", erklärt der Lehrgangsleiter.
Baumit entwickelt neuen Öko-Putz
Der zentrale Teil des Wandaufbaus ist ein Holzbeton-Mantelstein. Er besteht aus einem recyclierten Betonkern, der unter Einsatz des neuen CO₂-reduzierten "Green-Tech-Zements", aus einer aus Grünschnittfasern gepressten Dämmplatte und ein vollmineralischer Dreilagenputz hergestellt wird . "Die Firma Baumit hat dazu ein neues Putzsystem entwickelt", wie Huber betont. Üblicherweise wird auf eine Wand vor dem Verputzen eine Bewehrung aus Kunststoff aufgebracht. "Damit kein Kunststoff benötigt wird, haben sie einen Putz auf Basis von Kalk samt biobasierten Klebstoffen - in diesem Fall Tanninschäume - entwickelt. Bei der Wiederverwertung kann der Putz einfach abgefräst werden."
Eigenschaften des Holzbetons werden an Testwand überprüft
BILD: SN/RICKY KNOLL
Äußerlich normal und unscheinbar: die Testwand „futureBloc – S“.
Am Campus Kuchl wurde vor etwa einem Jahr eine Testwand aufgebaut, um die Eigenschaften zu überprüfen. "Eine Hälfte ist aus herkömmlichem Standardmaterial hergestellt, die andere aus dem Holzbeton-Mantelstein. Angebracht wurde eine Reihe von Sensoren, die permanent das Verhalten überwachen und die entsprechenden Daten aufzeichnen."Grundsätzlich mussten zuvor Fragen der Belastbarkeit und Dichte des gedämmten Schalsteins geklärt werden. Welchen Anteil an Recyclingmaterial verträgt er, ohne zu brechen? Welche Eigenschaften weist er auf? Zusätzlich geht es um Fragen der Machbarkeit, der Umsetzung und vor allem der Wirtschaftlichkeit. "Wir wissen noch nicht, was kann der Stein überhaupt, gibt es vor allem genug Bedarf danach und fällt genug oder wie viel Material zum Recyceln an."
Forscher untersuchen Wirtschaftlichkeit des Holzbeton-Mantelsteins
Dazu untersucht der Forscher, was in den 1960er- und 1970er-Jahren verbaut wurde, wie viel Beton, wie viel oder wenig Holz. "Bei Massivholz aus Dachstühlen oder von Balkonen kann im Übrigen eine dritte Kaskade der Nutzung eingezogen werden: Es wird erst zu Spanplatten weiterverarbeitet und nach deren Lebensdauer kommt es als Spanmaterial beim Mantelstein zur Verwendung", berichtet Huber. Am Campus Kuchl wird derzeit die Frage der Produktionskosten untersucht, kann das Produkt konkurrenzfähig sein, ist es wirtschaftlich geeignet für die Massenproduktion oder bleibt es ein Nischenprodukt? "Wir wissen jedenfalls inzwischen, dass dieser Holzbeton-Mantelstein funktioniert. Die ersten Ergebnisse sind sehr positiv", freut sich Hermann Huber. Noch im Herbst wird es eine Zwischenevaluation geben und die Endergebnisse sollen im kommenden Frühjahr feststehen, um auch die Wintersaison in den Messergebnissen inkludiert zu haben.