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Nachhaltigkeit hält im Immo-Sektor Einzug

Nicht nachhaltige Gebäude verlieren Wert. Weitreichende ESG-Maßnahmen werden Teil des Green Deal.

Die Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien steigt in Europa deutlich. Das zeigt der aktuelle Sustainability Report der RICS, an dem rund 4000 Immobilienexperten weltweit teilgenommen haben.

Der RICS Sustainable Building Index misst die Nachfrage von Mietern und Investoren nach grünen Gebäuden. Der Begriff "grüne Gebäude" umfasst dabei Immobilien, die energie- und ressourceneffizient sind, eine geringe CO₂-Bilanz aufweisen und hohe Bewertungen nach verschiedenen internationalen Zertifizierungen für nachhaltiges Bauen erreichen.

Im Jahr 2024 wies der Index global einen Netto-Saldo von +41 auf, was eine steigende Nachfrage nach klimaanpassungsfähigen Immobilien verdeutlicht. Dieser Trend folgt auf eine Reihe positiver Werte wie +44 im Jahr 2023, +48 im Jahr 2022 und +55 im Jahr 2021. Obwohl die Werte in den vergangenen vier Jahren leicht gesunken sind, zeigt der positive Saldo weiterhin eine anhaltende Nachfrage nach nachhaltigen Gewerbeimmobilien.

Nachhaltige Immobilien zunehmend gefragt

Die gestiegene Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien wird in allen Regionen beobachtet, Europa ist dabei führend. Regionale Ergebnisse zeigen, dass etwa 50 Prozent oder mehr Befragte in Europa, APAC und im Nahen Osten sowie Afrika in den vergangenen Jahren eine steigende Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien wahrgenommen haben. Die Region Amerika bildet die einzige Ausnahme, wo lediglich 34 Prozent einen Anstieg verzeichnen.

Die Ergebnisse auf der Investorenseite sind ähnlich. Rund die Hälfte der Befragten weltweit verzeichnete zuletzt eine steigende Nachfrage von Investoren nach grünen Gebäuden. 40 Prozent berichteten von einem moderaten Anstieg, während neun Prozent von einem deutlicheren Anstieg sprachen. Die Untersuchung von 2023 zeigte, dass die Nachfrage der Investoren in der Region Amerika hinter anderen Regionen zurückblieb. Die diesjährigen Ergebnisse belegen, dass sich daran wenig geändert hat.

Europa liegt am anderen Ende der Skala: 68 Prozent der Experten in der Region gaben an, dass das Interesse der Investoren an grünen Gebäuden im vergangenen Jahr gestiegen ist. In Deutschland gaben 32 Prozent an, dass die Investorennachfrage nach grünen Immobilien deutlich gestiegen ist, von einem moderaten Anstieg berichteten 52 Prozent. Damit liegen diese Werte weit über dem globalen Durchschnitt.

Die aktuelle Umfrage untersuchte, ob grüne Gebäude höhere Marktwerte erzielen. Weltweit geben 44 Prozent der Befragten an, dass grüne Gebäude im Vergleich zu vergleichbaren nicht grünen Gebäuden mit einem Mietaufschlag belegt werden. 31 Prozent glauben, dass dieser Aufschlag bis zu zehn Prozent beträgt, während 13 Prozent davon ausgehen, dass der Aufschlag sogar höher sein könnte. Selbst wenn es keinen Mietaufschlag gibt, geben 31 Prozent der Fachleute an, dass wahrscheinlich ein "brauner Abschlag" (Mietminderung für nicht grüne Gebäude im Vergleich zu grünen) besteht. Weltweit glauben fast 50 Prozent, dass grüne Gebäude im Vergleich zu nicht grünen mit einem Preisaufschlag bewertet werden. Insgesamt geben in Deutschland 56 Prozent der Befragten an, dass es einen Mietpreisaufschlag für grüne Immobilien gibt. Zudem zeigen die Ergebnisse, dass 33 Prozent der Umfrageteilnehmer zwar keinen Preisaufschlag sehen, aber einen "braunen Abschlag"

Reaktionen auf den Klimawandel

Die Anpassung an und der Aufbau von Resilienz gegenüber den negativen Auswirkungen des Klimawandels gehören zu den dringendsten Herausforderungen für die gebaute Umwelt. Laut dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) werden die Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse in den kommenden Jahrzehnten erheblich zunehmen. Dies wird nicht nur den menschlichen Lebensraum und die Gesundheit belasten, sondern auch die gebaute Umwelt stark beeinträchtigen. Für Investoren könnten Klimarisiken zu folgenden Folgen führen: steigende Versicherungsprämien, beschleunigte Wertminderung von Vermögenswerten, höheres Risiko für ungenutzte (Stranded) Vermögenswerte und deutlich höhere Kapitalkosten. Der Bausektor muss sich an den Klimawandel anpassen, etwa durch aktive Designmethoden zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen extremes Wetter, die Bewertung von Risiken für bestehende Vermögenswerte und einen verstärkten Fokus auf die Umsetzung skalierbarer und messbarer Maßnahmen.

Großbritannien hinkt hinterher

In Großbritannien halten nur 21 Prozent der Befragten die Resilienz gegenüber den negativen Auswirkungen des Klimawandels für Investoren für wesentlich oder sehr wichtig. Für Mieter liegt der Wert bei sogar nur 15 Prozent. In Deutschland zeigt sich ein anderes Bild: Hier sagen 52 Prozent der Befragten, dass die Resilienz gegenüber den negativen Auswirkungen des Klimawandels für Investoren wesentlich oder sehr wichtig ist.

ESG-Fonds haben einen Wert von mehr als 30 Billionen US-Dollar erreicht. Weltweit geben 38 Prozent der Befragten an, dass die Nachfrage von Kunden und Stakeholdern einer der Hauptgründe für diesen Boom ist. Gesetzliche Anforderungen stehen an zweiter Stelle der einflussreichsten Faktoren. 25 Prozent der Befragten weltweit halten sie für entscheidend für das Wachstum von ESG-Investitionen. Dicht dahinter folgen weiterhin hohe Energiepreise und hohe Baukosten. Regulatorische Anreize und Subventionen sowie die zunehmende Verfügbarkeit von ESG-bezogenen Daten und Forschungsergebnissen landen am Ende der Liste.

Die Ergebnisse aus Europa, APAC sowie dem Nahen Osten und Afrika stimmen weitgehend mit dem globalen Bild überein. In diesen Regionen identifiziert ein erheblicher Anteil der Befragten die Nachfrage von Kunden und Stakeholdern als Schlüsselfaktor für ESG-Investitionen. In Deutschland liegt der Anteil bei 47 Prozent und damit im regionalen Durchschnitt.

Gesetze beflügeln ESG-Investitionen

34 Prozent der Befragten in Europa betrachten Regulierungen und gesetzliche Anforderungen als einen der Hauptgründe für den Boom der ESG-Investitionen - mehr als in jeder anderen Region weltweit. Dies ist laut Studie auf die Strategie der Europäischen Kommission zur Finanzierung des Übergangs zu einer nachhaltigen Wirtschaft zurückzuführen.

Diese umfasst weitreichende Maßnahmen, um Investitionen in nachhaltige Technologien und Unternehmen zu fördern, damit die Ziele des European Green Deal erreicht werden. In Deutschland gaben sogar 50 Prozent der Umfrageteilnehmer an, dass Vorschriften und gesetzliche Bestimmungen entscheidende Treiber für ESG-Investitionsentscheidungen sind.

Laut dem neuesten Global Status Report for Buildings and Construction sind die Kohlenstoffemissionen im Bau- und Gebäudesektor auf einem Rekordhoch, was den Sektor daran hindert, die Netto-null-Ziele bis 2050 zu erreichen. Um die Lücke zwischen den aktuellen Emissionen und dem erforderlichen Pfad zur Dekarbonisierung des globalen Gebäudebestands in den nächsten 30 Jahren zu schließen, sind gezielte politische Maßnahmen erforderlich.

Die RICS-Ergebnisse zeigen, dass Vorschriften zwar einen Einfluss haben, jedoch nur in begrenztem Maße. Weltweit glauben 38 Prozent der Befragten, dass gesetzliche Regelungen eine starke oder sehr signifikante Wirkung auf Trends und Praktiken im Bauwesen haben.