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Seniorenwohnen: Spezieller Wohnraum für ältere Menschen

Ein neuer Markt entsteht. Wohnraum für die Mittelschicht könnte Erleichterungen für alle Beteiligten bringen.

Neues Seniorenwohnen: privater Bereich und doch Betreuung und Gemeinschaft.
Neues Seniorenwohnen: privater Bereich und doch Betreuung und Gemeinschaft.

Auf dem Immobilienmarkt ist aktuell viel in Bewegung, doch es gibt auch langfristige Trends. Darunter fällt etwa der Bereich "Senior Living", also die Frage, wie, wo und unter welchen Bedingungen die ältere Generation künftig leben wird. "Wir sehen hier aufgrund der Demografie einen zunehmenden Bedarf", sagt Klaus Weichselbaum von Ephic Real Estate in Wien. Er habe zwar selbst noch kein konkretes Projekt, aber es gebe viel Interesse seitens der Betreiber, der Investoren und der Gemeinden.

Welche Wohnbedürfnisse gibt es für die ältere Generation?

"Da ist als Erstes der bauliche Aspekt. Der Großteil des Bestands ist nicht barrierefrei und oft genug auch nicht umbaubar", sagt Weichselbaum. Das gelte besonders im Umgang mit Rollstühlen, Rollatoren und Pflegebetten.

Aus seiner Sicht geht es hier vor allem um Menschen mit den Pflegestufen eins bis drei. Wer in einer höheren Pflegestufe sei, benötige meist eine 24-Stunden-Pflege oder lebt bereits in einem Pflegeheim. "Wir wollen uns mehr um das Seniorenwohnen darunter kümmern", sagt Weichselbaum.

Senior Living: Anlagen mit kleinen Wohneinheiten und Gemeinschaftsbereichen

Es gehe um Gebäude mit eher kleineren, dafür mehreren Wohneinheiten, um Gemeinschaftsräume und Gärten. "Das sind ähnliche Ansprüche wie im Tourismus", erläutert der Experte. Denn es brauche für ältere Menschen auch Animation: Ein sogenannter Community-Manager organisiert dabei bestimmte Dienste, etwa Handwerker, aber auch Massagen oder Sportangebote. "Das dient auch der Bildung einer Gemeinschaft", meint der Projektmanager.

Senioren würden in solchen Wohnanlagen einerseits Gemeinschaftsbereiche benötigen, andererseits auch einen persönlichen Rückzugsbereich. "Der muss dann gar nicht so groß sein." Da Senioren oft mobilitätseingeschränkt seien, müsse man bestimmte Dienstleistungen eben zu ihnen bringen. Doch kostet das nicht viel mehr? "Im Durchschnitt kostet eine Wohnung zehn Euro pro Quadratmeter, bei einer solchen Einrichtung wären es 20 Euro. Dafür kommt man mit einer kleineren Fläche aus, denn das Ganze soll ja finanzierbar bleiben." Seine Idee komme aus dem Hotelsektor: kleine Räume, viel Gemeinschaft. "Es würde sich deshalb anbieten, aufgelassene Hotels in Seniorenwohnhäuser umzuwandeln."

Weichselbaum sieht das Potenzial daher auch nicht in Luxusresidenzen, da die wenigsten Pensionisten eine so hohe Pension bekommen. "In Österreich liegt der Pensionsdurchschnitt bei 22.000 Euro netto pro Jahr. Wir sehen daher den Bedarf zwischen Luxusresidenzen und sozialem Wohnen." Weichselbaum, dessen Firma Ephic vor allem im Tourismus tätig ist, formuliert das entsprechend: "Wir sehen Potenzial im Mittelfeld, vergleichbar mit einem Drei-Sterne-Hotel, also ohne Schwimmbad etc."

Wo könnten solche Seniorenwohnanlagen am besten errichtet werden?

"Jedenfalls nicht in zentralen Gebieten der Landeshauptstadt, das wäre viel zu teuer", sagt der Immobilienexperte. "Besser wären periphere Lagen in mittleren Städten mit 5000 bis 15.000 Einwohnern, aber eingebunden in die nötige Infrastruktur, also mit Geschäften, ärztlichen Praxen und Lokalen in der Nähe, die fußläufig auch mit einem Rollator erreichbar sind."

Welche Zukunftstrends sollten in solchen neuen Wohnanalgen berücksichtigt werden? Das ist vor allem das assistierte Leben. "Ich spreche da von technischen Anwendungen, die das Leben der Älteren sicherer machen. So etwas fängt bei Brandmeldern an und geht bis zu einem Sturzboden, der Alarm schlägt, wenn sich eine Person nicht bewegt. Aber auch Steuerungen für Kühlschränke und Beschattungen - Stichwort: Smarthome - sind zu integrieren."

Auch bei der täglichen Versorgung könnte es verschiedene Pakete geben, etwa ein Grundpaket mit Zusatzpaketen, was die Lebensmittelversorgung betrifft. Ein weiterer Trend, der berücksichtigenswert wäre, ist das Mehrgenerationenwohnen. "Das hat sich bisher noch nicht durchgesetzt", sagt Weichselbaum. "Aber mehrere Generationen gemeinsam, daraus würden sich einige Synergien ergeben."

Er sieht jedenfalls für seine Überlegungen durchaus positive Resonanz: "Da gibt es Rückenwind von den Kommunen und aus allen Parteien." Aber warum sollte man im fortgeschrittenen Alter aus seinem Eigentum ausziehen und in ein solches Mietgebäude übersiedeln? "Etwa weil man das Haus den Kindern und deren Familie überlässt. Auch Vereinsamung im zu großen Haus und geänderte Bedürfnisse können der Antrieb sein, lieber in einer solchen Einrichtung zu wohnen." Bezahlbar sei dies für den gehobenen Mittelstand - etwa wenn auch eine Firmenpension ausbezahlt wird -, der aber nicht zum obersten Einkommensviertel zählt. "Mit dem Pflegegeld können entsprechende Bedürfnisse abgedeckt werden. Steigt der Pflegeaufwand, gibt es ja auch mehr Pflegegeld."

Was ist nun der Unterschied zum betreuten Wohnen der Gemeinden? "Die sind zwar billiger, bieten aber meist weniger Dienste an. Das wäre in der Hotellerie vergleichbar mit einem Ein- bis Zwei-Sterne-Haus." Als Beispiel für ein schon laufendes Projekt nennt Weichselbaum das so.me home im Seeviertel Gmunden. Das sei wie ein Hotel mit Seniorenwohnungen und normalen Wohnungen, aber mit gemeinsamem Concierge-Service, etwa einem Fahrradverleih.

DEMOGRAFIE UND WOHNSITUATION

Bevölkerungsentwicklung 65 plus
Die Altersgruppe der 65- bis 84-jährigen Personen nimmt in Österreich je nach Bundesland einen Anteil von 15 bis 20 Prozent an den gesamten Einwohnern ein. In absoluten Werten entspricht das 1,52 Millionen Personen. Anteile von 20 Prozent werden dabei im Burgenland und Kärnten erreicht, während der geringste Anteil mit 15 Prozent in Wien vorliegt. Hier zeigt sich bereits die verstärkte Konzentration der älteren Bevölkerungsgruppen auf ländlichere Räume im Gegensatz zu städtischen und verdichteten Gebieten. In der Altersklasse 65 bis 84 Jahre ist bis 2050 ein Bevölkerungsanstieg von 35 Prozent von rund 1,52 Millionen auf 2,06 Millionen Personen in ganz Österreich zu erwarten. Durch die kontinuierlich ansteigende Gesundheit der Senioren ist zukünftig davon auszugehen, dass mobile beziehungsweise teilstationäre Angebote einem hohen Ausbaupotenzial gegenüberstehen. Dasselbe gilt für betreute Wohneinheiten.

Wohnsituation
Die Altersklasse 60 plus gibt im Vergleich in allen Kategorien geringere Geldmittel für Wohnkosten aus. Personen im Alter von 65 plus geben durchschnittlich 328 Euro monatlich für Wohnkosten (Stand 2020) aus. In der Altersklasse 65 plus werden somit durchschnittlich 17 Prozent des Haushaltseinkommens für Wohnkosten benötigt. Zu berücksichtigen ist, dass 34 Prozent der Personen allein leben und überwiegend Frauen sind. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Wohnung der Personen von 60 plus beträgt 86 Quadratmeter, das heißt, allein lebende Personen in dieser Altersklasse leben in größeren Wohnungen. Der Umzug in ein Seniorenwohnprojekt ist daher ein deutlicher Einschnitt für die Zielgruppe und eine Umstellung von großen auf kleinere Wohnräume. Der Standort sollte zentral gelegen sein, um fußläufig die relevanten Nahversorgungs- und Freizeiteinrichtungen beziehungsweise medizinischen Einrichtungen gut erreichen zu können.