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Stadtteil Schallmoos als Antwort auf Wohnungsnot in Salzburg

Für neuen Wohnraum braucht es nicht nur unbebaute Grundstücke. In der Stadt Salzburg könnte der Stadtteil Schallmoos zu einem modernen Entwicklungsgebiet werden.

Kreativität ist gefragt, wenn es um zusätzlichen Wohnraum in Salzburg geht.
Kreativität ist gefragt, wenn es um zusätzlichen Wohnraum in Salzburg geht.

Die Grundstückspreise gehen nicht zurück und sind rar, neuen Verbauungen wird schnell der Stempel "Versiegelung" aufgedrückt, gleichzeitig ist neuer Wohnraum vonnöten. Ein Teufelskreis, aus dem Politik und Wirtschaft einen Ausweg suchen, mit ganz unterschiedlichen Herangehensweisen. Verschärft wird die Situation auch noch mit ideologischen Diskussionen, die sich besonders bei den ehemaligen Großparteien schon seit Jahrzehnten festgefressen haben.

Wohnungsneubau erlebt drastischen Rückgang

Der Wohnungsneubau ist jedenfalls stark im Abwind, das zeigen auch die neuesten Zahlen des "Österreichischen Wohnhandbuchs", das Anfang September der Öffentlichkeit vorgestellt werden wird. Der bis zum Jahr 2021 anhaltende Boom ist infolge der Zinswende 2022 zu Ende gegangen. Demnach erreichen heuer die Wohnungsfertigstellungen in Österreich einen Wert von 57.300 nach 69.100 im Vorjahr und 78.400 im Jahr 2022. Diese Zahl werde noch weiter sinken, sagt Christian Struber, Obmann des Gemeinnützigenverbands Arge Eigenheim und Geschäftsführer von Salzburg Wohnbau, der gemeinsam mit Wolfgang Amann Herausgeber des "Wohnhandbuchs" ist. Denn bis es wieder Fertigstellungen gibt, ist eine Vorlaufzeit von zwei bis drei Jahren zu erwarten.

Wohnungsbaubewilligungen erreichen Tiefststand

Auch die Zahl der heuer baubewilligten Wohnungen hat einen Tiefststand von 43.700 erreicht, nach 79.700 im Jahr 2021. "Für 2025 erwarten wir durch den Nachzieheffekt einen Anstieg der Bewilligungen auf rund 50.000", sagt Struber. "Anders als bei den Baubewilligungen ist bei den Fertigstellungen auch 2025 noch keine Stabilisierung zu erwarten", heißt es im entsprechenden "Wohnhandbuch"-Kapitel der Autorin Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald: "Dazu kommt, dass im Vorjahr auch zahlreiche bewilligte Projekte nicht oder erst mit Verzögerung in die Bauumsetzung geführt wurden."

Baukosten stabilisieren sich allmählich

Ein weiterer Baustein im Gefüge des Wohnbaus sind die Baukosten, die zuletzt stark gestiegen sind. Deren weitere Entwicklung hängt von verschiedenen Faktoren ab, es gilt zwischen Lohn- und Materialkosten zu unterscheiden. "Die Baukosten sind deshalb zuletzt nicht sprunghaft gesunken, weil die Gehaltserhöhungen, die in Summe zuletzt fast 20 Prozent erreicht haben, weiter gültig sind. Die Materialkosten sind schon gesunken", sagt Christian Struber. "Was man jetzt bemerkt: Große Baukonzerne bieten zu günstigeren Preisen an. Das ist bei ihnen ein Auslastungsthema. Bevor sie Personal verlieren, das sie später nicht mehr zurückholen können, bieten sie lieber zum Selbstkostenpreis an." Der Experte erwartet auch hier einen Nachzieheffekt: Die Preise werden sich stabilisieren oder nachgeben, aber "sicher nicht steigen".

Wohnbauförderung braucht neue Impulse

Zur Unterstützung dieser Entwicklung ist die Wohnbauförderung (WBF) essenziell. Die WBF-Zusicherungen sind zuletzt ebenfalls stark gesunken. Lagen sie 2020 noch bei 23.700, so erreichten sie 2023 mit 12.000 einen absoluten Tiefpunkt. "Es wird künftig mindestens 15.000 brauchen", so Struber, um wieder Schwung vor allem in den gemeinnützigen Sektor zu bringen. Dieser war immer schon eine der tragenden Säulen auf dem heimischen Wohnungsmarkt und kann durch ein ausgewogenes System mit im EU-Durchschnitt vergleichsweise niedrigen Förderquoten pro Kopf einen hohen Effekt erzielen. Das von der Bundesregierung zur Konjunkturankurbelung beschlossene "Wohnbaupaket" soll zusätzlich beitragen. "Diese Mittel sind eine befristete Maßnahme von 2024 bis 2026 und können von den Ländern additiv zu ihren bisherigen Wohnbauförderungsabgaben abgerufen werden", schreibt Gutheil-Knopp-Kirchwald.

"Die Zahl der Wohnungsfertigstellungen wird noch weiter sinken."
Christian Struber
Bundesobmann Arge Eigenheim

Und es wird künftig wohl auch zu einer großen Mittelverschiebung vom Neubau zur Sanierung kommen müssen. Bis circa 1990 waren Wohnhaussanierungen in erster Linie Standardanhebungen. Heute erfolgen in erster Linie umfassende Sanierungen und thermisch-energetisch wirksame Einzelmaßnahmen. Struber: "Wichtig wäre es, die Mittel in einen Topf zu geben. Heute gibt es für die Sanierung Förderungen vom Bund, von den Ländern und teilweise auch von den Kommunen. Das ist ein riesiger Dschungel." Trotz der Wichtigkeit der Sanierung ist deren Zahl zuletzt zurückgegangen. "Nach Höchstwerten um das Jahr 2010 sank die Sanierungsförderung der Länder um mehr als zwei Drittel ab. Die Sanierungsrate im geförderten Bereich sank damit von 1,8 Prozent auf 0,6 Prozent. Seit 2011 stieg sie wieder leicht und liegt 2022 bei 0,8 Prozent", heißt es im "Wohnhandbuch".

Besondere Salzburger Situation

Was bedeutet das alles für Salzburg? "Das nächste Jahrzehnt wird ein Bestands-Jahrzehnt", sagt Christian Struber, "auch wegen des Versiegelungsthemas." Die Gemeinnützigen könnten sich dabei quasi selbst mit Arbeit versorgen. "Wir haben einen hohen Bestand, wir können eigene Objekte benützen." Da gehe es nicht nur um Sanierung und Verdichtung, sondern auch um Abriss und Neubau.

Das könnte auch ganz generell den Neubau vor allem in der Stadt Salzburg, wo ja Grundstücke besonders rar und teuer sind, vorantreiben. "Das größte Entwicklungsgebiet ist der Stadtteil Schallmoos", sagt Struber: "Hier gibt es ein Riesengebiet, keine klassische Industrie, dafür Handel und kleines Gewerbe. So könnte man Arbeiten und Wohnen realisieren."

Und es gebe größere, zum Teil ungenutzte oder "falsch" genutzte Flächen, die man für den Wohnbau umwidmen könnte, ohne deshalb Unternehmen aus dem Stadtgebiet zu vertreiben. "Neubau ist auch auf schon versiegelten Flächen möglich", betont der Experte: "Das können nicht genutzte Gewerbeflächen sein oder auch eine Umnutzung früherer Handelsbetriebe." Dafür benötige es in Salzburg jedenfalls ein Anreizsystem in der Wohnbauförderung, die gerade überarbeitet wird. Um Versiegelung und Betonieren von Grünflächen zu vermeiden, brauche es in erster Linie eine zusätzliche Wohnbauförderung. "Wohnen und Arbeiten ist bei uns natürlich ein ganz anderes Projekt als in großen Metropolen", sagt Struber. Mit der Salzburg Wohnbau habe man dies bereits in einigen Projekt auch auf dem Land umgesetzt: etwa ein M-Preis-Markt mit Wohnraum in Bürmoos, Billa und Wohnraum in Thalgau oder M-Preis, Altersheim und Wohnungen in Golling.