SN.AT / Leben / Wohnen

Uttendorf: Der erste Schritt zum "grünen" Ziegel

Wienerberger baut weltgrößten Elektroofen zur Ziegelproduktion. Vorzeigeprojekt soll starke Verringerung der CO2-Emissionen im industriellen Prozess ermöglichen.

Die Ziegelproduktion soll weniger klimaschädlich werden.
Die Ziegelproduktion soll weniger klimaschädlich werden.

Im Werk Helpfau-Uttendorf wird die nachhaltigste Ziegelproduktion innerhalb der Wienerberger-Gruppe gebaut. Nach langjähriger Zusammenarbeit mit dem Austrian Institute of Technology (AIT) startet nun das NEFI-Projekt "GreenBricks", das vom Klima- und Energiefonds im Rahmen der FTI-Initiative "Vorzeigeregion Energie" gefördert wird, Wienerberger kommt für den Großteil des Investments auf.

Wienerberger: CO2-Reduktion in der Ziegelherstellung

Damit will der Ziegelhersteller neue Wege in der Dekarbonisierung seiner Herstellungsprozesse gehen. Der weltweit größte industrielle Elektroofen zur Ziegelproduktion, neue Tonmischungen und weitere Maßnahmen werden laut Unternehmen am Standort bereits kommendes Jahr zu einer Reduktion der CO₂-Emissionen um etwa 90 Prozent führen. Zudem werden 30 Prozent weniger Energie für die Produktion benötigt - 100 Prozent Ökostrom kommen dabei zum Einsatz. Das Werk Uttendorf sei bekannt als weltweiter Demo-Standort, an dem Wienerberger neue Technologien im Livebetrieb testet. So wurde hier unter anderem erstmals eine industrielle Hochtemperatur-Wärmepumpe (DryFiciency) für Trocknungsprozesse erfolgreich demonstriert. Nun wird Uttendorf einmal mehr zum Vorzeigewerk. Mit dem Projekt "GreenBricks" und dem Einbau eines industriellen Elektroofens macht sich Wienerberger gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology an die Dekarbonisierung der Ziegelproduktion.

Johann Marchner, Wienerberger-Österreich-Geschäftsführer, sagt: "Mit diesem Projekt liefern wir den Beweis, dass wir bei Wienerberger in Sachen Klimaschutz alle Ärmel hochkrempeln, mit vollem unternehmerischen Risiko ohne Zögern neue Wege gehen und unseren Beitrag zur Dekarbonisierung der Industrie durch Investitionen in Österreich leisten. Wir setzen damit aus Österreich heraus neue globale Standards in der industriellen Ziegelproduktion und sind hier absoluter Vorreiter in puncto Energieeffizienz und Reduktion von CO2-Emissionen."

NEFI-Projekte als Innovationslabor

Wolfgang Hribernik, NEFI-Verbundkoordinator und Head of Center for Energy am Austrian Institute of Technology, ergänzt: "Mit den NEFI-Projekten haben wir die Möglichkeit, neue Technologien in Echtzeit in den Unternehmen zu erproben. Wir forschen und entwickeln sehr nahe an der unmittelbaren Umsetzung." Im Projekt "GreenBricks" entwickeln die AIT-Experten ein Gesamtkonzept für die Energieeffizienz im Trockner, im Brenner und für die Wärmepumpe. "Die Berechnungen werden in einem digitalen Zwilling simuliert und für den Standort optimiert. Das Ziel ist ein optimiertes Konzept für diesen neuartigen, hocheffizienten Hochtemperatur-Tunnelofen", erklärt der Experte.

Revolution in der Ziegelproduktion

Um die industrielle Herstellung von Ziegeln weitestgehend von der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu befreien, verfolgt "GreenBricks" mehrere Ziele. Dazu zählt die ganzheitliche Optimierung des Herstellungsprozesses anhand neuer Technologien. Ein wesentlicher Schritt hin zur Klimaneutralität ist der Abbau des gasbefeuerten Brenners und dessen Ersatz durch einen modernen, elektrisch befeuerten Hochtemperaturofen - der erste industrielle Elektroofen weltweit in der Ziegelproduktion.

Neuer Elektroofen ermöglicht bis zu 90% CO2-Reduktion

"Mit dem neuen Elektroofen können wir den CO2-Ausstoß am Standort Uttendorf künftig um bis zu 90 Prozent reduzieren. Damit schlägt Ziegel den Carbon Footprint von Holz und auch anderen Baustoffen um Längen. Wir nutzen 100 Prozent Ökostrom, ein Teil kommt dabei aus unserer werkseigenen Photovoltaikanlage. Zudem werden wir weniger Energie zur Produktion benötigen und können damit die Herstellkosten optimal im Griff halten", schildert Marchner.

Ein digitaler Zwilling des Trockner-Brenner-Wärmepumpen-Wärmeverbundes ist ein zusätzliches Tool, das von den Experten des Center for Energy am Austrian Institute of Technology entwickelt wurde. Damit können Berechnungen rund um den neuen Elektroofen digital simuliert und Prozesse im Sinne des Klimaschutzes laufend optimiert werden. Darüber hinaus werden derzeit neue Tonmischungen mit einem minimalen CO2-Fußabdruck unter Berücksichtigung standortspezifischer Produkt- und Toneigenschaften sowie industrieller Produktionsumgebungen entwickelt. Der Startschuss für den Einbau des neuen Elektroofens fällt im August 2023, dieser wird etwa zwölf Monate in Anspruch nehmen. Der neue Ofen wird schrittweise in Betrieb genommen und bis zu einer Produktionskapazität von 270 Tonnen Ziegel pro Tag getestet und evaluiert. Der erste, nahezu klimaneutrale Wandziegel soll bereits im Sommer 2024 gefertigt werden, ab 2025 wird das Werk in Vollbetrieb gehen.

Einzigartige Kombination aus Technologie und Nachhaltigkeit

Die Technologie hinter dem neuen Elektroofen stammt von OneJoon, einem der weltweit führenden Unternehmen im Bau von Industrieöfen mit 125-jähriger Erfahrung in der Fertigung von kundenspezifischen Hochtemperaturindustrieöfen. Auch der Umbau selbst steht im Zeichen der Ressourcenschonung: Baustoffe aus den Abbrucharbeiten werden wiederaufbereitet und als Untergrundmaterial für die neue Werksstraße verwendet. Weitere Bestandteile des bisherigen Werks wie Stahl und Elektromotoren werden ebenfalls im Ressourcenkreislauf gehalten. Die meisten aller Umbau- oder Zubauarbeiten werden von lokalen Partnern aus der Region umgesetzt. Somit bleibt ein großer Teil der Wertschöpfung vor Ort. Die Finanzierung des ambitionierten Projekts übernimmt Wienerberger fast zur Gänze selbst. Darüber hinaus ist "GreenBricks" aufgrund seines zukunftsweisenden Konzepts eines jener Projekte, die vom österreichischen Klima- und Energiefonds im Rahmen der "Forschung, Technologie und Innovation"-(FTI-)Initiative "Vorzeigeregion Energie" vorangetrieben und im Zuge dessen gefördert werden. Bernd Vogl, Geschäftsführer Klima- und Energiefonds: "Österreichs Ziel heißt Klimaneutralität. Für diese Jahrhundertaufgabe brauchen wir Pionierunternehmen, die gemeinsam mit der Forschung praxistaugliche Lösungen umsetzen. Wienerberger wird in Uttendorf beweisen, dass erfolgreicher Klimaschutz in der Industrie möglich ist."

NEFI: Österreichische Schlüsseltechnologien für die Dekarbonisierung der Industrie

NEFI - New Energy for Industry - ist Teil der FTI-Initiative "Vorzeigeregion Energie" und verfolgt den Ansatz der Dekarbonisierung des industriellen Energiesystems mithilfe von Schlüsseltechnologien made in Austria. Der NEFI-Innovationsverbund hat sich um ein Konsortium aus Austrian Institute of Technology, Montanuniversität Leoben, OÖ-Energiesparverband und der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria formiert und bündelt die vielfältige Erfahrung im Bereich der Energieforschung und Umsetzung von Projekten. Maßgebliche Unterstützung kommt von den beiden industriestarken Bundesländern Oberösterreich und Steiermark. Das ständig wachsende Konsortium mit aktuell 120 Partnern aus Unternehmen, Forschungseinrichtungen und öffentlichen Institutionen entwickelt in 23 Projekten technologische und systemische Lösungen, welche die Energiewende in der Industrie ermöglichen sollen. Der Klima- und Energiefonds unterstützt die NEFI-Projekte insgesamt mit 28 Millionen Euro.