Zinssenkungen und KIM-Verordnung-Auslaufen beleben Wiener Wohnungsmarkt
Zinssenkungen und das Auslaufen der KIM-Verordnung stärken den Markt. Dennoch ist nicht mit einem raschen Anspringen des Neubaumarkts zu rechnen.
BILD: SN/FOTOMAREKKA - STOCK.ADOBE.COM
Frühlingsluft in Wien
Auf dem Wiener Wohnungsmarkt weht wieder ein milder Frühlingswind. Das zeigen die Zahlen aus dem ersten Quartal des laufenden Jahres. Die Erholung des Eigentumswohnungsmarkts setzte sich laut einer Marktanalyse von EHL Immobilien im genannten Zeitraum fort, wobei sowohl Eigennutzer als auch Vorsorgewohnungskäufer wieder deutlich stärkeres Kaufinteresse zeigen. "Die positive Entwicklung, die im Vorjahr durch die Zinswende der EZB ausgelöst worden war, hat sich verstärkt, wodurch mittlerweile auch wieder rascher Kaufentscheidungen getroffen werden", sagt die Geschäftsführerin von EHL Wohnen, Karina Schunker.
Wohnbauprojekte stagnieren
Die gestiegene Nachfrage schlägt sich auch in der Preisentwicklung nieder: Die Angebotspreise sind im ersten Quartal zumindest teilweise wieder moderat gestiegen und die Abschlusspreise nähern sich den geforderten Verkaufspreisen an.
"Neue Wohnbauprojekte werden kaum oder nur zögerlich aufgenommen."
Karina Schunker
Geschäftsführerin EHL Wohnen
Im Bereich Mietwohnungen ist die Angebotslücke noch deutlicher gewachsen, wodurch sich der Anstieg der Mieten über der Inflationsrate fortsetzt. Schunker: "Trotz der dadurch erneut gestiegenen Renditen für Investoren werden neue Wohnbauprojekte kaum oder nur zögerlich wieder aufgenommen und gestartet."
Preise steigen, Experten warnen
Trotz der steigenden Preise - sowohl beim Eigentum als auch bei der Miete - liege Wien im europäischen Vergleich noch unter dem Preisniveau vieler anderer Metropolen, ergänzt Christian Sommer, Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial Wien. "Ein Umstand, der jedoch ohne entsprechendes Gegensteuern nicht von Dauer sein dürfte." Der Experte sieht also Handlungsbedarf, um der steigenden Belastung für Wohnungssuchende wirksam entgegenzuwirken.
"Mit durchschnittlichen Kaufpreisen von 5500 bis 8000 Euro pro Quadratmeter und Mietpreisen zwischen 16 und 20 Euro pro Quadratmeter zählt Wien zweifellos zu den hochpreisigen Städten Europas, liegt aber im Vergleich zu Metropolen wie Paris, London oder Zürich noch deutlich darunter", erklärt Sommer. In Paris werden beispielsweise bis zu 17.000 Euro pro Quadratmeter gezahlt, die Mieten liegen zwischen 23 und 30 Euro pro Quadratmeter.
Wohnkosten steigen durch Baukosten
Dennoch wird Wohnen für viele Wienerinnen und Wiener zur finanziellen Herausforderung. "Ohne gezielte Maßnahmen ist ein Ende des Aufwärtstrends nicht in Sicht", betont Sommer. Die Gründe für die steigenden Wohnkosten in Wien seien vielfältig. Vor allem massiv gestiegene Baukosten seit 2020, ausgelöst durch Lieferengpässe und Teuerungen bei Materialien wie Holz oder Stahl, treiben demnach die Preise nach oben. "Gleichzeitig wächst die Stadt durch Zuzug, während das Wohnangebot begrenzt bleibt, nicht zuletzt durch langwierige Genehmigungsverfahren. Hinzu kommt, dass aufgrund der geringen Neubautätigkeit die Wohnungsknappheit im Jahr 2026 einen Höhepunkt erreichen wird."
Strenge Kreditrichtlinien beeinflussen Preise
Ein weiterer Preistreiber sind nach wie vor die seit der Einführung strenger Kreditvergaberichtlinien durch die Finanzmarktaufsicht im Jahr 2022 deutlich verschärften Bedingungen. "Was politisch als Wunsch nach Eigentum gefordert wird, scheitert oft an der Realität der Finanzierung", betont Sommer. "Die Schere zwischen Wunsch und Wirklichkeit geht immer weiter auseinander."
Gesetzliche Maßnahmen stoppen Mietanstieg nicht
Auch gesetzliche Mietpreisdeckelungen konnten den Anstieg auf dem Mietmarkt der Bundeshauptstadt bislang nicht aufhalten. "Im frei finanzierten Neubau ist der Markt nahezu unreguliert, hier treiben Angebot und Nachfrage die Preise. Selbst im Altbau, wo gesetzliche Grenzen gelten, führen politische Eingriffe - wie etwa die Aussetzung der Indexierung - oft nur zu einer Verschiebung der Lasten, nicht aber zu einer nachhaltigen Entlastung. Solche Maßnahmen führen lediglich dazu, dass Eigentümerinnen und Eigentümer die steigenden Betriebskosten allein tragen müssen. Das dämpft die Investitionsbereitschaft und die Sanierungstätigkeit", umreißt Sommer die Lage.
Aktuelles Regierungsprogramm beschleunigt Wohnbau kaum
Die Maßnahmen im aktuellen Regierungsprogramm greifen laut Sommer zu kurz: Zwar werden finanzierbares Wohnen und Wohnbauoffensiven thematisiert, doch fehle es an klaren Umsetzungsstrategien. "Was wir brauchen, ist eine Kombination aus praxisnahen Fördermodellen, gezieltem Ausbau des gemeinnützigen Wohnbaus und einer Rücknahme überregulierender Kreditvergaberichtlinien", fordert Sommer. Auch steuerliche Anreize für Sanierungen und ein Bürokratieabbau bei Genehmigungsverfahren, vor allem unter der Vereinfachung der Bauordnung, seien erforderlich, um dringend benötigten Wohnraum schneller zu schaffen. "Wenn Wien auch in Zukunft eine lebenswerte Stadt für alle Einkommensgruppen bleiben soll, braucht es mutige Entscheidungen, die auch die sehr wirksamen Marktmechanismen von Angebot und Nachfrage berücksichtigen." Eine wirksame Wende hin zu bezahlbarem und ausreichend verfügbarem Wohnraum sei möglich, aber sie erfordere entschlossenes Handeln und klare Prioritäten in der Wohnbaupolitik.
Sinkende Zinsen steigern Kreditnachfrage
In die Finanzierungsseite ist jedenfalls Bewegung gekommen, nicht nur durch das bevorstehende Auslaufen der umstrittenen KIM-Verordnung, sondern auch durch die gesunkenen Zinsen. "Die Nachfrage der österreichischen Privathaushalte nach Wohnbaukrediten stieg aufgrund der sinkenden Zinsen im ersten Quartal 2025 deutlich. Auch für das zweite Quartal 2025 erwarten die befragten Banken einen weiteren Anstieg der Kreditnachfrage", heißt es seitens der OeNB.
Zinssätze steigen bei Wohnbaufinanzierungen
"Für neue Wohnbaufinanzierungen mit Fixzinsen und langer Festschreibung ist mit steigenden Zinssätzen zu rechnen, insbesondere ausgelöst durch sonderkonjunkturelle Nachfrageschübe", warnt allerdings Christoph Kirchmair, Gründer und CEO von Infina. "Die Zinskurve wird dadurch wieder steiler, was langfristige Fixzinssätze verteuert. Noch sind besonders lange Zinsbindungen vergleichsweise günstig und werden auf dem Markt selektiv angeboten."
Die EZB werde ihre Zinssenkungen 2025 voraussichtlich fortsetzen, jedoch in moderaterem Tempo. Der Markt erwarte einen Rückgang des Drei-Monats-Euribor auf rund 2 Prozent bis Ende 2025. "Danach steigen die Erwartungen wieder bis auf etwa 2,7 Prozent bis Ende 2030. Auch variable Kreditzinsen würden dieser Entwicklung folgen, auch bei bestehenden Finanzierungen", erwartet Kirchmair. "Fixzinssätze bleiben, insbesondere aus Risikosicht, erste Wahl bei Wohnbaukrediten."