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Corona verstärkt die Sorgen im krisengebeutelten Libanon

Die Explosion im Hafen von Beirut wirft das krisengebeutelte Land noch weiter zurück. Steigende Covid-19-Infektionen verstärken nun die prekäre Situation. Die Caritas Österreich hilft beim Wiederaufbau mit.

Der Wiederaufbau läuft auf Hochtouren.
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Der Wiederaufbau läuft auf Hochtouren.

Von einem Albtraum spricht Rita Rhayem, die Caritas-Generaldirektorin im Libanon. Sie wünschte sich, daraus aufzuwachen. "Wir stehen immer noch unter Schock", sagt sie. Es hätten sich so viele Tragödien abgespielt, die Leute ihre Häuser, Autos, Angehörigen und Freunde verloren. Zudem erlebe der Libanon eine riesige wirtschaftliche Krise. Und außerdem stehe nun ein Lockdown aufgrund der steigenden Coronazahlen im Raum. Das verstärkt die Sorgen von Rita Rhayem, denn es gebe so viele Leute, die nicht wüssten, wie sie ohne Tagesarbeit über die Runden kommen sollen, oder auch kein Geld für Masken haben. Covid-19 ist ihren Worten nach in den vergangenen Wochen in den Hintergrund getreten, das tägliche Überleben in den Vordergrund.

Libanons Gesundheitsminister Hamad Hassan war am Montag wegen der steigenden Coronazahlen vor die Presse getreten. "Wir stehen jetzt am Abgrund und haben nicht den Luxus, uns weiterhin Zeit zu lassen", warnte er und forderte einen zweiwöchigen Lockdown. Nur so könne nach der verheerenden Explosionskatastrophe im Beiruter Hafen am 4. August eine weitere Ausbreitung des Coronavirus verhindert werden. Am Montag meldeten die Behörden 456 Neuinfektionen, am Dienstag schon mehr als 600. Als einziges arabisches Land hatte es der Libanon bis Anfang August geschafft, mit strikten Hygienemaßnahmen die täglichen Fallzahlen relativ gering zu halten. Doch dann detonierten die fast 3000 Tonnen Ammoniumnitrat und verwandelten weite Teile der libanesischen Hauptstadt in eine Trümmerlandschaft. Sowohl die öffentlichen als auch die privaten Spitäler seien inzwischen nicht mehr in der Lage, neue Coronapatienten aufzunehmen, sagte der Gesundheitsminister. Die Situation in den Krankenhäusern beschrieb er als teilweise chaotisch, weil noch immer Familien auf die Stationen kämen, um nach Angehörigen zu suchen, die seit der verheerenden Explosion im Beiruter Hafen vermisst werden.

Caritas Österreich ruft zum Spenden auf

Die Caritas Österreich nahm Presseteilnehmer und -teilnehmerinnen am Dienstagvormittag auf eine virtuelle Reise in den Libanon mit, um auf die Dringlichkeit der Hilfe für das Land aufmerksam zu machen - und um einen neuen Spendenaufruf zu starten. Aktiv ist die Caritas in der Region seit 25 Jahren. Die Caritas Österreich unterstützt, gemeinsam mit der Caritas Salzburg, in einem ersten Schritt mit 40.000 Euro in der Nothilfe.

Caritas-Präsident Michael Landau sagte, es sei ein dramatischer Anlass, die Explosion vor zwei Wochen im Hafen von Beirut habe das Leben Hunderttausender Menschen schlagartig verändert: Mehr als 170 Menschen haben ihr Leben bei der Explosion verloren, 6000 Menschen wurden verletzt, 300.000 obdachlos, zahlreiche sind noch immer vermisst. Die Menschen seien damit beschäftigt, den Schutt von der Straße und aus ihren Häusern zu schaufeln, "aber auch von der eigenen Seele". "Wer die Bilder gesehen hat, muss wissen, wir müssen vor Ort sein und vor Ort bleiben, auch dann, wenn die Kameras schon längst einen anderen Katastrophenschauplatz ins Visier genommen haben." Es brauche Hilfe mit langem Atem, und erst die Spenderinnen und Spender ermöglichten es der Caritas zu helfen.

Landau unterstrich in dem Gespräch aber auch, wie großherzig die Libanesen und Libanesinnen seien. "Sie helfen einander, das Engagement und der Einsatz der Zivilbevölkerung sind hoch." Das macht auch seiner libanesischen Kollegin Rhayem Hoffnung. So viele vor allem junge Leute seien aus dem ganzen Libanon gekommen, um in der Hauptstadt zu helfen. In ihren Gesichtern spiegle sich der Wille, das Land wiederaufzubauen.

In der Pressekonferenz war ein Video zu sehen, in dem diese Jungen zu Wort kommen. Sie helfen eigenen Angaben nach beim Aufräumen in Wohnungen, trösten Menschen, sorgen auch für Essen und unterstützen all jene, die nicht wissen, was als Nächstes zu geschehen habe. Eine junge Frau sagte: "Wir helfen so lange, bis die Situation besser wird. Das ist der Plan."

Auch für die Caritas-Delegierte im Libanon, Judith Hameseder, macht genau das Hoffnung, dass so viele Freiwillige vor Ort helfen. Vorrangig sei nun für die Hilfsorganisation, die Menschen aus Notunterkünften in Übergangsunterkünfte zu bekommen, die Häuser zu reparieren und die Schulen bis zum Schulbeginn im September wieder herzurichten. Auch müsste den syrischen Flüchtlingen geholfen werden, die die jetzige Situation besonders hart treffe, verstärkt durch die Coronakrise. "Viele leben in Zeltsiedlungen, wo es sehr eng ist und wo es schwierig ist, Abstand zu halten." Mehr als 900.000 Syrer und Syrerinnen sind im Libanon als Flüchtlinge registriert.

Forderung an den Bund nach Aufstockung der Mittel

Der Generalsekretär für Internationale Programme der Caritas, Andreas Knapp, nimmt den Tag der Humanitären Hilfe zum Anlass, um die Dringlichkeit der Hilfe für krisengebeutelte Länder wie den Libanon zu unterstreichen. "Schon mit kleinen Beiträgen kann viel bewirkt werden, ein Nahrungsmittelpaket um 100 Euro kann eine fünfköpfige Familie im Libanon für vier Wochen ernähren." Knapp fordert den Bund auf, die Mittel im Auslandskatastrophenfonds signifikant von 20 auf 60 Millionen Euro zu erhöhen. Österreich gibt seiner Information nach im Jahr nur 4,1 Euro pro Kopf aus, in Deutschland seien es 27,3 Euro.

Spendenkonto:

Caritas Österreich, Kennwort Libanon - Nothilfe nach Explosion,
IBAN: AT92 6000 0000 0770 0004
www.caritas.at/beirut