SN.AT / Panorama / International

Wehleidige Abrechnung könnte zum Bumerang werden

Spaniens Ex-Monarch Juan Carlos erweist mit seinen Memoiren seiner Familie einen schlechten Dienst – und gibt jenen, die die Monarchie ganz abschaffen wollen, neue Nahrung.

Stefan Veigl
Juan Carlos lebt seit Jahren im Exil auf der Arabischen Halbinsel – aus guten Gründen. Denn zu Hause ist er zu einer Belastung für seine Familie und sein Land geworden.
Juan Carlos lebt seit Jahren im Exil auf der Arabischen Halbinsel – aus guten Gründen. Denn zu Hause ist er zu einer Belastung für seine Familie und sein Land geworden.

Spaniens abgedankter König Juan Carlos hat unzweifelhaft einen großen Beitrag zu Spaniens rascher Umwandlung von einer Diktatur in eine Demokratie geleistet: Er hat sofort nach dem Tod des Faschisten Franco Ende 1975 als neues Staatsoberhaupt den Weg zu einer zeitgemäßen Verfassung mit einem frei gewählten Parlament eingeschlagen. Er hat mit dazu beigetragen, dass der Militärputsch 1981 niedergeschlagen wurde. Und schließlich war es auch mit sein Verdienst, dass Spanien schon 1986, und damit gute zehn Jahre nach Ende der Diktatur, gemeinsam mit Portugal der damaligen Europäischen Gemeinschaft, die mittlerweile zur Union geworden ist, beigetreten ist. Damit wurde die Transformation Spaniens zu Rechtsstaat und Demokratie endgültig unumkehrbar.

Soweit seine Verdienste. In den letzten Jahren seiner Regentschaft, aber auch nach seiner Abdankung 2014, ist der alte König jedoch zunehmend zu einer Belastung für sein Land und seine Familie geworden. Seine Affären – unter anderem mit einer deutschen Adeligen – füllten die Klatschpresse im Land und desavouierten seine Gattin, Königin Sofía. Dazu kam noch die Millionenspende aus dem arabischen Raum – die offensichtlich nach Korruption roch. Endgültig peinlich wurde Juan Carlos mit einer Aktion im Jahr 2019: Er brach sich die Hüfte – wie aber erst später bekannt wurde, bei einem Unfall während einer Elefantenjagd in Afrika. Da fragten sich nicht nur Natur- und Klimaschützer, ob so eine dekadente Lustreise, die im Endeffekt auf Kosten der spanischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geht, nicht völlig aus der Zeit gefallen ist.

Nun legt der anscheinend weitgehend abgehobene Ex-Monarch seine Memoiren vor – die vieles enthalten, was man auch als Provokation auffassen könnte: Es gibt Lob für Diktator Franco – was ein Hohn für dessen Tausende Opfer bedeutet. In jämmerlichem Ton bedauert der Bourbone, dass er beim 50-Jahre-Demokratie-Jubiläum nicht eingeladen ist und sein Sohn mit ihm gebrochen hat. Aber welche Alternative hätte der neue König Felipe hier gehabt? Und laut Ansicht des ehemaligen Monarchen bringt seine emanzipierte Schwiegertochter Letizia, eine ehemalige Top-Journalistin, Zwietracht in die Familie. Beobachter sagen hingegen, dass sie es ist, die das Königshaus endlich entstaubt und so sein Überleben sichert.

Juan Carlos hat hier wohl den Sprung in die Jetztzeit verpasst: Mittlerweile werden Monarchien in ganz Europa zu Recht von vielen Bürgerinnen und Bürgern sehr kritisch betrachtet. Gerade, wenn die Mitglieder der Fürsten- und Königshäuser für offensichtliche Skandale sorgen – und ihr meist weiterhin recht luxuriöses Leben von den Werktätigen im Land finanziert wird. Der Altkönig erweist mit seinen Memoiren seiner Familie einen denkbar schlechten Dienst – und gibt jenen, die die Monarchie ganz abschaffen wollen, neue Nahrung – und das nicht nur in Spanien. Das Buch könnte für den Autor und seine Familie also zum Bumerang werden – mit weitreichenden Folgen.