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Mentaltraining - Balance entsteht im Kopf

Wer im Kopf stark ist, bewältigt auch schwierige Situationen leichter. Der Schlüssel zu einer starken Psyche ist Mentaltraining.

Aus dem Spitzensport kommend hat sich das Mentaltraining mittlerweile auch im Alltag bewährt. Ob im Beruf oder im sozialen Umfeld, mentale Stärke hilft uns, fordernde Situationen besser zu meistern. Doch die Coronakrise hat den Menschen psychisch einiges abverlangt. Finanzielle Unsicherheit, die Angst vor der Pandemie und ein durcheinandergewirbelter Alltag können belastend sein.

Umso wichtiger sei es darum auch, nicht nur Körper, sondern vor allem den Geist gesund zu halten, betont der Sportwissenschafter und Mentaltrainer Patrick Bernatzky. Für ihn sind die Begriffe Mental Toughness (engl. für mentale Stärke) und Mental Health (engl. für mentale Gesundheit) eng miteinander verknüpft. "Um überhaupt mentale Stärke entwickeln zu können, braucht man eine psychische Gesundheit", erklärt er. Ein Wort, das in diesem Zusammenhang immer wieder falle, sei "Resilienz", also Widerstand. Die Widerstandsfähigkeit sei mit der psychischen Gesundheit verbunden und zeichne sich durch gutes Stressmanagement und Belastbarkeit aus.

Bernatzky vergleicht die Widerstandsfähigkeit mit dem Balancieren über eine Slackline. Eine Slackline ist ein gespannter Gurt, der meist zwischen zwei Bäumen befestigt wird. "Das Gehen über die Slackline erfordert Zielorientierung, Klarheit, Gleichgewicht. Kommt man ins Wackeln, gibt es diejenigen, die mental nicht so stark sind und zweifelnde, negative Gedanken hegen. Hat man diese Gedanken im Griff - im Sinne von mentaler Stärke -, dann akzeptiert man dieses Wackeln, wechselt aber sofort in einen klaren Gedanken, in den Fokus zurück", beschreibt der Wissenschafter.

Bernatzky arbeitet hauptsächlich mit Profisportlern. Dennoch gelte das Prinzip auch für alle anderen Situationen. "Mentale Kraft zeichnet sich für mich vor allem durch diese Gedankenkontrolle aus", sagt er. Der Entscheidung, sich entweder in einer Spirale an negativen Gedanken immer weiter abwärts zu bewegen oder aber rechtzeitig die Richtung zu ändern, liege eine Freiheit zugrunde, die durch psychische Kraft erst entstehe. "Die eine Stimme sagt, das schaffst du schon, die andere meint, das geht noch nicht. Menschen, die mental stark sind, gehen auch mit negativem Gedankengut bewusst um", erklärt Bernatzky. Er empfiehlt, sich bewusst zu machen, welcher "Stimme" man gerade zuhört. Das sei etwas, das man lernen könne. Man könne selbst entscheiden, welcher Qualität man Raum gibt. Auch das sei für den Mentaltrainer bezeichnend für mentale Stärke und - wie der Körper - ganz klar trainierbar.

Körper und Geist eint nicht nur das. Bernatzky sieht ein klares Zusammenspiel zwischen körperlicher und mentaler Kraft: "Körper und Gedanken beeinflussen sich gegenseitig und entscheiden schlussendlich über meinen Zustand. Wenn ich also durch Mentaltraining bestimmte Zustände, wie etwa Gelassenheit oder Selbstvertrauen, unterstützen möchte, tue ich gut daran, dass ich dementsprechende körperliche Qualitäten entwickle." Das bedeutet: Jemand, der körperlich fit ist, unterstützt damit seine "innerliche Fitness" - und umgekehrt. Das lässt sich mit Übungen wie der progressiven Muskelentspannung gut in den Alltag integrieren. Bei dieser Methode geht es darum, einzelne Körperteile und Muskelgruppen immer wieder anzuspannen und zu lockern. Ähnlich funktioniert das sogenannte autogene Training. Bei dieser Übung werden die Augen geschlossen und Körperteile fühlen sich nach und nach schwer an. Entspannungsmethoden wie diese fördern die Konzentrationsfähigkeit, indem sie die Muskeln des Körpers lockern und Ruhe in den Alltag bringen. Fokus und Visualisierung werden dadurch verbessert.

Der Benediktinermönch David Steindl-Rast prägte die Achtsamkeitstechnik "Stop - Look - Go", was für Innehalten, Beobachten und Handeln steht. Für Bernatzky ein wichtiger Aspekt zur Visualisierung und eine kraftvolle Strategie. "Wir kommen alle irgendwann ins Wackeln. Schlussendlich liegt es an uns, innezuhalten und zu entschieden, wie viel Platz wir dem geben."

Die Krise hat den Menschen einiges abverlangt. Eine starke Psyche ist jetzt besonders wichtig.
Die Krise hat den Menschen einiges abverlangt. Eine starke Psyche ist jetzt besonders wichtig.