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Millionenschwere Mahnwelle in Österreich wegen Google-Schriften: Jetzt läuft endlich die Auswertung der WKStA

Mehr als drei Jahre sind mittlerweile ins Land gezogen, seit in Österreich Tausende Unternehmen mit einer Welle von Abmahnbriefen überzogen wurden. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugsverdachts gegen die Initiatoren und spricht von einem rechtlich relevanten Schaden von bis zu sechs Millionen Euro. Nach langem Tauziehen kommt die Auswertung sichergestellter Daten nun voran.

Die Abmahnbriefe an Unternehmen wurden damit begründet, dass diese durch die Verwendung von Schriften des US-Internetkonzerns Google zu einer Datenschutzverletzung beigetragen haben sollen (Symbolbild).
Die Abmahnbriefe an Unternehmen wurden damit begründet, dass diese durch die Verwendung von Schriften des US-Internetkonzerns Google zu einer Datenschutzverletzung beigetragen haben sollen (Symbolbild).

Tausende Unternehmen erhielten im Sommer 2022 Briefe eines Anwaltes aus dem Marchfeld. Er schilderte darin im Namen seiner Mandantin, diese habe feststellen müssen, dass ihre Daten durch die jeweilige Firmenwebseite ohne ihre Zustimmung in die USA übertragen worden seien, weil auf der Homepage Schriften des US-Konzerns Google (Google Fonts) verwendet wurden.

Durch den Kontrollverlust über ihre Daten habe sie einen Schock und einen Schaden erlitten. Die Unternehmer wurden aufgefordert, ihr pauschal 190 Euro zu zahlen - 100 als Schadenersatz und 90 Euro für den Anwaltsbrief. Dann sehe man von einer Schadenersatzklage ab. Wegen der großen Aufregung darüber gab es zahlreiche Anzeigen und Klagen. Inzwischen gibt es mehrere zivilrechtliche Urteile, nach denen die Abmahnbriefe nicht rechtens waren, da der Verstoß gegen den Datenschutz provoziert worden sei. Auch strafrechtlich wird in dem Fall seit langem ermittelt - wegen des Verdachts des schweren Betruges. Denn es stellte sich heraus, dass ein IT-Unternehmer beauftragt worden war, ein Programm zu schreiben, mit dem gezielt massenhaft Webseiten angesurft wurden. So kam es letztlich zu insgesamt rund 32.000 Abmahnbriefen.

Allerdings trat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bei den Ermittlungen längere Zeit auf der Stelle. Denn die Beschuldigtenseite versuchte nach Kräften, die Auswertung von Unterlagen zu verhindern, die bei Hausdurchsuchungen sichergestellt worden waren. Daher war ein sogenanntes Sichtungsverfahren nötig, um jene Unterlagen herauszufiltern, die nicht ausgewertet werden dürfen, weil sie zum Beispiel der anwaltlichen Verschwiegenheit unterliegen. Eine diesbezügliche Entscheidung wurde vor kurzem rechtskräftig.

Das sollte neuen Schwung in die Ermittlungen bringen. Die Auswertung der Unterlagen läuft nun, wie die SN in Erfahrung bringen konnten. Offiziell äußert sich die WKStA nicht zu einzelnen Ermittlungsschritten. Es gebe nach wie vor drei Beschuldigte in dem Verfahren, hieß es. Das sind der Anwalt, seine Mandantin und der IT-Unternehmer. Sie wiesen die Vorwürfe stets zurück, es gilt die Unschuldsvermutung. Die WKStA geht von einem rechtlich relevanten Schaden von etwa 6 Millionen Euro aus. "Es ist dabei im rechtlichen Sinn unerheblich, ob es beim Versuch geblieben ist", erläuterte eine Sprecherin.

In einem Musterverfahren, in dem die Wirtschaftskammer einem Friseur aus dem Bezirk Amstetten Rechtsschutz gewährt, steht ein Urteil aus. Anwalt Thomas Schweiger aus Linz, der den beklagten Unternehmer vertritt, berichtete, dass der Akt in erster Instanz vor kurzem geschlossen wurde. Das Urteil am Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, das für Rechtsstreitigkeiten nach dem Datenschutzgesetz zuständig ist, wird schriftlich ergehen. Schweigers Zwischenbilanz nach drei Jahren lautet: mehrere Verhandlungstage, mehrere erfolglose Versuche der Klägerin zur Ablehnung der Richterin wegen Befangenheit und insgesamt bisher geschätzt 25.000 Euro Verfahrenskosten. Aber bei der ersten Instanz wird es in diesem spektakulären Fall wohl nicht bleiben.