Es beginnt schleichend. Erst waren es nur kleine Fehler, die man leichthin als Unaufmerksamkeiten abgetan hat. Dann kommt es zu drastischeren Vorkommnissen: Plötzlich hat man in der eigenen Heimat Orientierungsschwierigkeiten, erinnert sich nicht genau, wie es zurück nach Hause geht. Ein Gefühl des Unwohlseins macht sich breit: Was geschieht hier mit mir?
Definition von Demenz
Probleme in der Denk-, Konzentrations- und Orientierungsfähigkeit können vielfältige Ursachen haben. Bei etwa 115.000 bis 130.000 Österreichern sind es demenzielle Erkrankungen. "Unter dem Begriff Demenz versteht man das Auftreten von Defiziten im Bereich der kognitiven Funktionen", erklärt Ulrike Günther, Fachärztin für Neurologie in Salzburg. "Dazu werden die Merkfähigkeit, das Gedächtnis, das Denkvermögen, der Ideenfluss, das Lernen, die Auffassungsgabe und das Urteilsvermögen gezählt." Durch die Beeinträchtigungen komme es nach und nach zu immer massiveren Einschränkungen im Alltagsleben. Nicht unter Demenzerkrankungen fallen angeborene Einschränkungen der geistigen Fähigkeiten, beispielsweise nach einem verzögerten Geburtsverlauf. Für eine Demenzerkrankung müssen die Symptome zudem mehr als sechs Monate lang anhalten.
Drei Stadien von Alzheimer
Von allen demenziellen Erkrankungen ist Alzheimer die am meisten verbreitete. Der Verlauf der Krankheit lässt sich in drei Stadien einteilen. "Es beginnt mit der milden kognitiven Beeinträchtigung, die Symptome sind hier noch leichtgradig", beschreibt Günther. "Oftmals bemerkt der Betroffene die Veränderungen anfangs gar nicht richtig. Das Kurzzeitgedächtnis wird schlechter, man tut sich vielleicht schwer, Wörter zu finden, oder kann sich räumlich und auch zeitlich weniger orientieren." Das erste Stadium sei insofern für den Betroffenen ein besonders belastendes, als dass er in diesem seiner eigenen Situation noch gewahr werde. "Vielen wird klar: Mit mir stimmt etwas nicht, da geht etwas verloren. Daraufhin kann es zu einer Antriebslosigkeit kommen."
Gegenwart und Vergangenheit verschwimmen
Im zweiten Stadium verschlimmern sich die bereits aufgetretenen Symptome. Die selbstständige Lebensführung wird immer schwieriger, denn Betroffene vergessen sukzessive immer mehr der dafür wichtigen Schritte. Die richtige Bekleidung zu wählen, den Haushalt in Schuss zu halten, sich räumlich zu orientieren und sogar die Toilette zu benutzen: All das wird immer schwieriger. Gegenwart und Vergangenheit verschwimmen, die Namen von Menschen entfallen und auch das Bewusstsein für die eigene Situation schwindet nach und nach. Im dritten Stadium schließlich sind Patienten voll und ganz auf Hilfe angewiesen. Alle Tätigkeiten, auch das Essen, Gehen und die Kontrolle von Blase und Stuhlgang, sind nun stark eingeschränkt. "Am Ende versterben Demenzpatienten häufig an Entzündungen wie beispielsweise einer Lungenentzündung. Von den ersten Symptomen bis zum Tod dauert es im Schnitt acht bis zehn Jahre, doch es gibt auch Fälle, die 20 Jahre mit Demenz gelebt haben."
Ursachen der Krankheit
Ursächlich für das immer stärker grassierende Vergessen sind Ablagerungen in der Umgebung der Zellen, die zu deren Veränderung und schließlich Abbau führen. "Die betroffenen Nervenzellen werden quasi lahmgelegt, sie erzeugen keine Botenstoffe mehr, die für die Kommunikation zwischen den Nerven im Gehirn notwendig sind."
Andere Demenzerkrankungen
Neben Alzheimer gibt es auch andere demenzielle Erkrankungen, die deutlich seltener vorkommen. Bei der vaskulären Demenz etwa kommt es in Schüben zu kleinen Durchblutungsstörungen im Gehirn, die zu einem Zellverlust führen. Die Lewy-Body-Demenz wiederum ist eine Demenzerkrankung, die ähnliche Symptome wie Alzheimer und Parkinson verursacht. Das Gedächtnis bleibt im Vergleich zur Alzheimerdemenz zwar länger erhalten. Bereits früh führt diese Form der Demenz jedoch zu Halluzinationen, was Persönlichkeitsveränderungen mit sich bringen kann.
Wie umgehen als Angehöriger?
Eine Wesensveränderung lässt sich auch bei Alzheimerpatienten feststellen. "Die Vorgänge bei der Erkrankung sind extrem beängstigend, man verliert sich quasi immer mehr selbst. Viele entwickeln die Tendenz, sich zurückzuziehen, weil sie Gesprächen und dem Tagesgeschehen nicht mehr folgen können. Manche werden auch aggressiv, weil sie die Reize ihrer Umgebung immer mehr überfordern." Eine große Belastung, auch für die Angehörigen. Ihnen rät Günther, das Verhalten der Betroffenen nicht persönlich zu nehmen, Konfliktsituationen möglichst friedvoll zu lösen, Verständnis zu zeigen und keine Vorwürfe zu machen. Selbsthilfegruppen oder im Extremfall auch Gesprächstherapien helfen ein Stück weit, mit der belastenden Situation zurechtzukommen. Günther empfiehlt jedoch, rechtzeitig die Handbremse zu ziehen, wenn es nicht mehr geht. "Dann kann es doch die beste Lösung sein, für den Betroffenen einen Platz in einem Seniorenwohnheim zu finden." Erkenne man selbst einschlägige Symptome, so solle man unbedingt frühzeitig zum Arzt gehen, rät Günther. "Panik ist nicht notwendig, denn keineswegs muss es sich um Alzheimer handeln. Eine gewisse Vergesslichkeit ist ganz normal, besonders in einem höheren Alter. In jedem Fall ist es gut, wenn der Patient rechtzeitig Bescheid weiß und gegebenenfalls eine Therapie vornehmen oder seinen Lebensstil ändern kann."

Gegen Demenz vorbeugen
Mit einem gesunden Lebensstil lässt sich demenziellen Erkrankungen ein Stück weit vorbeugen. Dazu zählen ausreichend Bewegung, eine gesunde Ernährung mit einem hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Kräutern, Vollkornprodukten und Nüssen und das Pflegen von sozialen Kontakten. "Studien zeigen, dass der Bildungsgrad einen gewissen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit nimmt, an Alzheimer zu erkranken. Menschen, die sich im Laufe ihres Lebens einen großen Wissensschatz angeeignet haben, tragen damit quasi zu ihrer Vorsorge bei." Aktiv am Leben teilzuhaben, neue Dinge zu erlernen, das Tagesgeschehen zu verfolgen, all das kann einer Demenzerkrankung vorbeugen. Und damit helfen, ein Leben lang klar im Kopf zu bleiben.