Kunstraub in Salzburg: Von Mitläufern, Vertreibung und "Arisierung" während der NS-Zeit
Die Malerin Helene Taussig verlor während der NS-Zeit ihr Leben. Der Wettlauf um ihr Atelierhaus in Anif war im Hintergrund längst im Gange. Dann zog eine andere Künstlerin ein.
Kunstmalerin Helene von Taussig stellte ihre Bilder in Paris aus, lebte aber abgeschieden in Anif bei Salzburg. Ihr Atelierhaus musste sie 1940 verlassen - sie wurde von den Nationalsozialisten nach Wien ausgewiesen und später nach Polen deportiert. In das Haus zog die Künstlerin Poldi Wojtek ein - bekannt als Gestalterin des Logos der Salzburger Festspiele. Das lag auch in den Händen ihres Mannes und späteren Exmannes: Kajetan Mühlmann. Der Kunstkritiker, Festspielpropagandaleiter und später SS-Oberführer zog gerne die Fäden für sich und seine Liebsten. Er war an Arisierungen und Kunstbeutezügen beteiligt. Nach dem Krieg arbeitete er mit den US-Alliierten zusammen.
Ein Aufruf: Suche nach Nachfahren von Kajetan Mühlmann
Kajetan Mühlmann wurde 1898 in Uttendorf im Pinzgau geboren. Er war ab 1926 Propagandaleiter der Salzburger Festspiele. Er und sein Halbbruder Josef Mühlmann waren Kunsthistoriker - und zur Zeit des Nationalsozialismus auch an der Arisierung von jüdischem Vermögen und vor allem von Kunst beteiligt: überwiegend in Österreich, Polen und den Niederlanden.
Nach dem Krieg arbeitete Mühlmann mit den US-Alliierten zusammen und gab Insiderwissen zu den Vorgängen des NS-Regimes weiter. Ihm gelang 1948 während eines Spitalaufenthalts die Flucht nach München. Über seine letzten Jahre ist wenig bekannt. Er starb am 2. August 1958 im Alter von 60 Jahren an Krebs.
Der Doktorand Thomas Pawlowski sucht zu Forschungszwecken an der Universität Gießen Nachfahren von Kajetan Mühlmann. Er hatte mit seiner zweiten Frau Hilde, geborene Ziegler, mindestens vier gemeinsame Kinder, die zwischen 1939 und 1944 geboren wurden. Sie lebten auch am Attersee in Oberösterreich. Die Frau ist allerdings nicht wie zunächst vermutet als Hilde Reitter im Jahr 1964 in Salzburg verstorben. Neue Erkenntnisse nach der Veröffentlichung des Podcasts ergaben, dass Hilde Mühlmann bis in die 1970er-Jahre als Mathematiklehrerin am Gymnasium in Vöcklabruck gearbeitet hat. Es geht vor allem um Briefe, Fotografien und weitere Hinweise, die der Forschung dienlich sind. Diskretion wird garantiert.
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SN-Podcast Schattenorte:
In der Podcast-Serie "Schattenorte" widmen sich die SN-Redakteurinnen Anna Boschner und Simona Pinwinkler den dunklen Kapiteln in der Geschichte in und um Salzburg. Haben Sie Fragen oder Anregungen zu dieser Episode - oder kennen Sie Schattenorte in Ihrer Heimat, die es wert sind, beleuchtet zu werden? Dann schreiben Sie uns an podcast@sn.at.
Das Buch zum Podcast "Schattenorte - Geschichten und Geheimnisse in Salzburg" von Anna Boschner und Simona Pinwinkler, ist im Februar 2024 im Salzburger Verlag Anton Pustet erschienen und kann hier bestellt werden.
Weitere Episoden zum Nationalsozialismus in Salzburg:
Schatten über der Kulturhauptstadt Bad Ischl - von Kaiserkitsch, NS-Widerstand und Neonazis im Salzkammergut.
"Anschluss" und NS-Propaganda - wie eine Tafel im Herzen der Stadt Salzburg verschwand.
Turbulenzen um Schloss Fuschl - von Nazis, "Sissi" und dem Salzbaron. Eine bewegte Geschichte des Hauses im Flachgau.
Die Geschichte von Kleßheim und dem Kavalierhaus - Teil 2 - Als das Sommerschloss zum Gästehaus des Führers wurde.
Die Reichspogromnacht in Salzburg: Als Glas und Leben vieler jüdischer Familien in Bad Gastein, Hallein und in der Stadt Salzburg zerschlagen wurden.
Mythos Untersberg: Über kaum einen anderen Berg ranken sich so viele Sagen.
NS-Mütterheime am Wolfgangsee: In Strobl und Gilgen waren während des Zweiten Weltkriegs Mütter mit ihren Kindern auf Erholungsurlaub. Gegen Ende des Krieges versteckten sich dort hohe SS-Offiziere.
NS-Villen am Wolfgangsee: Zwei KZ-Kommandanten ließen sich in St. Gilgen private Häuser mit Häftlingen aus Dachau erbauen. Warum das Salzkammergut so attraktiv für die NS-Elite war.
Literatur zu dieser Folge:
- Kajetan Mühlmann: Einer der bedeutendsten Kunsträuber des "Dritten Reichs". In: Johannes Hofinger: Nationalsozialismus in Salzburg. Opfer. Täter. Gegner, 2. Auflage. Studien-Verlag, Innsbruck u. a. 2018 (Nationalsozialismus in den österreichischen Bundesländern; 5) (Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg; 44), S. 117-119.
- Jonathan Petropoulus: The Importance of the Second Rank: The Case of the Art Plunderer Kajetan Mühlmann. In: Günter Bischof, Anton Pelinka (Hg.): Austro Corporatism. Past, Present, Future. Contemporary Austrian Studies, Vol. 4., New Brunswick 1996, S. 177 - 221.
- Anita Kern: Poldi Wojtek - Malerin und Grafikerin, Eine designhistorische Einordnung des Plakatentwurfs von Poldi Wojtek für die Salzburger Festspiele. In: Das Logo der Salzburger Festspiele und seine Gestalterin Poldi Wojtek, hg. von den Salzburger Festspielen 2020, S. 33-44.
- Oliver Rathkolb: Zeithistorisches Gutachten zu den Beziehungen von Leopoldine (Poldi) Wojtek(-Mühlmann) mit Nationalsozialisten 1933-1938 - 1945 und zu etwaigen Kontinuitäten ideologischer Einstellungen zum NS-Regime nach 1945. In: Das Logo der Salzburger Festspiele und seine Gestalterin Poldi Wojtek, hg. von den Salzburger Festspielen 2020, S. 5-32.
- Walter Thaler: Poldi Wojtek - Helene von Taussig. Die konträren Schicksalswege zweier Salzburger Künstlerinnen. In: ders.: Erinnerungswürdig. Prägende Persönlichkeiten der Salzburger Geschichte. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2022, S. 96-102.
- Memory Gaps: Kunstinitiative des Gedenkens, "Aryanization": https://www.memorygaps.eu/gap-juli-2019/