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Bisher nur 40 Prozent in Salzburg für den S-Link - Landesregierung startet Offensive

Am Mittwoch rückte die Spitze der schwarz-blauen Landesregierung aus, um für das Verkehrsprojekt S-Link zu werben. Auch die Fragestellung für die Bürgerbefragung am 10. November ist nun bekannt. Laut den Ergebnissen einer Befragung in den Abstimmungsgemeinden gibt es Handlungsbedarf, wenn diese Befragung positiv ausgehen soll.

Die Entscheidung für oder gegen eine teils unterirdische Lokalbahnverlängerung in den Salzburger Süden fällt bei der Bürgerbefragung am 10. November.
Die Entscheidung für oder gegen eine teils unterirdische Lokalbahnverlängerung in den Salzburger Süden fällt bei der Bürgerbefragung am 10. November.

"Soll das Land Salzburg darauf hinwirken, dass im Interesse der Verkehrsentlastung die Verlängerung der Lokalbahn bis Hallein (S-LINK) als Teil einer Mobilitätslösung, die auch Stiegl- und Messe-/Flughafenbahn vorsieht, umgesetzt wird?" Diese Frage soll auf dem Stimmzettel für die Bürgerbefragung zum Verkehrsprojekt S-Link stehen, wie die Landesregierung am Mittwochvormittag in einer Pressekonferenz im Chiemseehof bekannt gab. Am 10. November kann die Bevölkerung in den Bezirken Flachgau, Tennengau und Salzburg-Stadt für oder gegen eine teilweise unterirdische Lokalbahnverlängerung bis Hallein stimmen. Etwa drei Monate vorher startet das Land am 16. August eine Informationsoffensive unter dem Leitsatz "Informieren - Mobilisieren - Handeln". Jeder und jede Einzelne habe es selbst in der Hand, die Weichen für eine nachhaltige Verkehrslösung und eine lebenswerte Stadt zu stellen, heißt es da vonseiten der Landesregierung. Am Mittwoch traten Landeshauptmann Wilfried Haslauer, sein Stellvertreter Stefan Schnöll (beide ÖVP) sowie Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) an, um für das Megaverkehrsprojekt zu werben.

Das Land startet eine überregionale Kampagne: Michael Piber (Reichl und Partner), LH-Stv. Marlene Svazek, LH Wilfried Haslauer, LH-Stv. Stefan Schnöll und Johannes Gfrerer (SVV).
Das Land startet eine überregionale Kampagne: Michael Piber (Reichl und Partner), LH-Stv. Marlene Svazek, LH Wilfried Haslauer, LH-Stv. Stefan Schnöll und Johannes Gfrerer (SVV).

Der Landeshauptmann appelliert, am 10. November mit Ja zu stimmen: "Der S-Link ist die Aorta für die Gesamtverkehrsstrecke, wenn diese Verbindung nicht errichtet wird, gibt es auch vieles andere nicht." Die Landesregierung stehe geschlossen dahinter, auch Grüne, Kommunisten und Neos seien dafür. Es brauche eine Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs. "Das ist ein Projekt nicht der Politik, sondern der Salzburgerinnen und Salzburger." Jetzt gehe es darum, aus dem Negativen herauszukommen, wie Haslauer betont. "Das soll eine Bewegung sein, wo man dabei sein muss. Wir haben jetzt die Chance, die Finanzierung des Bundes zu bekommen (mit 50 Prozent der Gesamtkosten, Anm.), sonst geht das Geld nach Linz oder woandershin."

Svazek: "Eine Frage der Vernunft"

Marlene Svazek bezeichnet den S-Link als eine "Jahrhundertchance" für Salzburg. Sie betont, sie wisse selbst aus eigener Erfahrung, dass es einfacher sei, gegen etwas zu sein. Doch zwei Begebenheiten hätten sie nun darin bestärkt, den S-Link zu unterstützen: "Ich war vor Kurzem in Wien, wo an der U-Bahn weitergebaut wird. Das wird positiv gesehen. Die Wiener haben vor langer Zeit eine Entscheidung getroffen, die für die Entwicklung der Stadt sehr wichtig war." Und in Linz habe es eine Einigung für die Stadtbahn gegeben, quer durch alle Parteifarben und ohne negative Begleitmusik. "Es ist eine Frage der Vernunft. In mir ist die Überzeugung noch stärker geworden, dass wir diese Verkehrslösung brauchen."

Stefan Schnöll, der sich seit Jahren für das Bahnprojekt ausspricht, fragt: "Wollen wir weiterhin im Verkehr ersticken?" Es gehe für ihn darum, das Projekt nach Jahrzehnten Diskussion endlich umzusetzen. Auf Nachfrage betont Schnöll: "Ja, wenn der S-Link kommt, kommt auch fix die Messebahn." Im Zentralraum würden sich mehr als eine Million Menschen bewegen, dafür komme die bestehende Infrastruktur an ihre Grenzen. "Wir werden alles dafür tun, dass wir diese Abstimmung gewinnen", kündigt Schnöll an. Daher gibt es diese Woche auch gleich drei Medientermine: Am Donnerstag will sich ein Personenkomitee für den S-Link der Öffentlichkeit vorstellen, am Freitag gibt Schnöll gemeinsam mit der Salzburger Planungsstadträtin Anna Schiester (Bürgerliste) Details zur Trasse und zum Gesamtverkehrsplan bekannt.

Eine Mehrheit gibt es noch nicht für den S-Link

Dass Werbung für den S-Link aus Sicht der Landesregierung notwendig ist, verdeutlichen die Ergebnisse einer IMAS-Befragung im Frühjahr, die vom Land in Auftrag gegeben worden ist: 79 Prozent der 1200 befragten Bürger aus dem Zentralraum (Stadt Salzburg, Flachgau, Tennengau) halten den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, insbesondere für die Fahrten von den Regionen in die Stadt Salzburg, für sehr bzw. eher wichtig. Dennoch befürworten nur etwas mehr als 40 Prozent der Teilnehmenden eine teils unterirdische Lokalbahnverlängerung. "41 Prozent waren dafür, 41 Prozent dagegen. Der Rest ist unentschlossen oder wollte keine Angabe machen", schildert Johannes Gfrerer, Geschäftsführer des Salzburger Verkehrsverbunds (SVV). Für eine Umsetzung braucht es jedoch mehr als 50 Prozent. Das Ergebnis soll für die Politik bindend sein, hieß es in der Stadt und beim Land.

Fast noch dramatischer aus Sicht der Befürworter ist folgender Wert: 53 Prozent der Befragten haben negative Assoziationen zum S-Link, nur 28 Prozent verbinden mit dem Projekt etwas Positives. 19 Prozent sehen das Verkehrsvorhaben neutral. Knapp die Hälfte fühlt sich ausreichend über den S-Link informiert.Es gebe also dringenden Handlungsbedarf, wie am Mittwoch bei der Pressekonferenz deutlich gemacht wurde.

"Das Rennen ist offen. Aber ich bin überzeugt, dass dieser Wert mit dem Informationsstand jedes Einzelnen noch weiter steigt", sagt Gfrerer. Das Gesamtverkehrskonzept wolle man in den kommenden Wochen und Monaten vor der Abstimmung noch an die Bürgerinnen und Bürger bringen. Man müsse diese Mobilitätslösung als "Ganzes" sehen, betont Gfrerer. "Von besseren Takten, Busverbindungen und Verbesserungen für die Rad-Infrastruktur profitieren alle."

Erkenntnisse zum Verkehrsverhalten wurden bei der Befragung ebenso erhoben. So gaben 64 Prozent der befragten Bevölkerung im Zentralraum an, täglich oder mehrmals pro Woche das Auto zu nutzen. Und 59 Prozent der Teilnehmenden rechnen damit, dass sich das Verkehrsaufkommen und der Individualverkehr in den nächsten vier bis fünf Jahren eher noch erhöhen werden.

"Alte, weiße Männer" eher dagegen, Junge eher dafür

Die Kampagne des Landes wird von der Linzer Agentur Reichl und Partner geführt. Geschäftsführer Michael Piber: "Die Kampagne wird über mehrere Kanäle verbreitet, darunter Plakat, Print, Online und Social Media. Des Weiteren wird bis zum Befragungstermin die mediale Präsenz nochmals verstärkt." Vor der Befragung soll es Informationsveranstaltungen in den Regionen und Gemeinden geben. Es werden Infopoints zur Aufklärung über das Projekt eingerichtet, an denen sich die Bevölkerung informieren kann. Wo ist es schwieriger für das Projekt zu mobilisieren, in der Stadt Salzburg, wo eine Abstimmung bereits negativ ausgegangen ist - oder um Umland, wo es entweder betroffene Anrainer gibt oder jene, die nicht an der Trasse liegen? "Beides ist eine Herausforderung", räumt Piber ein. "Es gilt beide Gruppen auf unterschiedliche Art zu überzeugen, man muss allen bewusst machen, dass der S-Link Vorteile für den gesamten Zentralraum bietet." Klar sei für ihn auch, dass man die überzeugten Gegner nicht mehr umstimmen könne. "Wir haben in der Befragung gesehen, dass es vor allem bei den alten, weißen Männern viele Kritiker gibt." 45 Prozent der Männer über 60 Jahre hat sich "eher gegen" den S-Link ausgesprochen, bei den 16- bis 34-Jährigen sprechen sich 33 Prozent dagegen aus, 51 Prozent dafür.

Infos in den Gemeinden: "Mobilitätslösung" statt S-Link

Der Begriff "Salzburger Mobilitätslösung" wird mehrmals im Zusammenhang mit der Kampagne genannt. Die neue Anlaufstelle wird die Website www.mobilitätslösung.at, die nun online gegangen ist. Auch auf den Sujets ist eher vom "Ausbau der S-Bahn" als vom S-Link zu lesen. Eine Abkehr vom für viele auch negativ besetzten Begriff S-Link? "Nein, das ist keine Abkehr, der S-Link ist die Grundlage", betont Schnöll. "Aber Fakt ist, dass die Kritiker hier viel an negativer Stimmung erzeugt haben." Es solle auch mit dem Irrglauben aufgeräumt werden, dass es sich um eine "Mini-U-Bahn" handle. "Das Gesamtkonzept steht nun im Fokus." Es gebe einen Rahmenvertrag mit der Agentur für die Kampagne. Das Land habe einen sechsstelligen Betrag dafür vorgesehen. Die genauen Kosten hingen davon ab, wie viel beworben werde. Dass die Stadt eine eigene Kampagne plane, sieht Schnöll "ganz entspannt", wie er sagt. "Je mehr Information, desto besser."

Stadt Salzburg hat eigenes Abstimmungsbüchlein

Die Stadt will im Herbst ein eigenes Abstimmungsbüchlein nach Schweizer Vorbild herausgeben. Dafür ist eine andere österreichweite Agentur beauftragt worden. Eine Befragung in der Stadt Salzburg im November 2023, initiiert von den Projektgegnern von "Stopp U-Bahn", ist mit 58 Prozent gegen den S-Link ausgegangen. 22 Prozent der Stimmberechtigten nahmen teil. Die Fragestellung lautete: "Soll für das Bahnprojekt S-LINK ein unterirdischer Tunnel vom Hauptbahnhof zum Mirabellplatz und unter der Salzach hindurch bis in den Süden der Stadt Salzburg gebaut werden?"

Und das Umland? In den Gemeinden, die direkt an der möglichen S-Link-Trasse liegen, ist das Thema umstritten. Am Dienstag fand eine Protestaktion in Hallein statt, bei der Anrainer ihren Unmut kundtaten. Bei den Bürgerdialogen gab es durchaus Gegenwind, vor allem in Hallein-Neualm. Eine andere Linienführung wird nun an zwei Stellen geprüft, im Herbst soll die finale Trasse präsentiert werden. Und jene Gemeinden, die nicht an der Trasse liegen, haben zuletzt nach mehr Informationen verlangt. Der S-Link sei dort kein Thema.

Zum Projekt: Die Strecke vom Salzburger Hauptbahnhof bis Hallein umfasst etwa 17 Kilometer, bis in die Alpenstraße soll der S-Link unterirdisch verlaufen und dann an die Oberfläche kommen. Erweiterungsäste wie bis zum Messezentrum und Flughafen, nach Bayern oder ins Salzkammergut sind angedacht. 50 Prozent der Gesamtkosten bis Hallein (2,2 Milliarden Euro) trägt der Bund. Bis zum Mirabellplatz teilen sich Stadt und Land die restlichen 50 Prozent je zur Hälfte auf. Für die restliche Strecke steht die Finanzierungsvereinbarung noch aus.