Lechner und sein Team zeigten in den vergangenen zwei Jahrzehnten, dass man alles aus Holz bauen kann: Einfamilienhaus, Kapelle, Kindergarten, Fünfsternhotel, Straßenmeisterei oder Supermarkt. Viele Ideen und Bauten seines Büros sind mittlerweile prämiert. "Die Vielfalt ist das Spannende. Eigentlich haben wir schon jedes Gebäude gebaut. Außer vielleicht ein Feuerwehrhaus aus Holz. Das fehlt noch. Das würde mich reizen."
Den Architekten interessiert die Auseinandersetzung mit dem Ort und den Auftraggebern. "Architektur ist im besten Fall etwas sehr Intimes. Das Durchdesignte, Gestylte und Austauschbare interessiert mich nicht. Wenn mir ein Bauherr sagt, dass er Geld ohne Ende hat und ich ihm eine geile Hütte hinbauen soll, dann ist das uninteressant." Wer mit Lechner baut, muss auch Zeit mitbringen und sich erklären. Manche Projekte lehnt er ab. Oder er steigt aus - wie eben erst bei einem Großauftrag in Deutschland.
An der aktuellen Baukultur stört den dreifachen Vater, dass Wissen und Handwerk verloren gingen. "Die Qualität ist auf einem Minimum angelangt. Die Gewinnmaximierung steht im Vordergrund." Investorenarchitektur nehme oft zu wenig Bezug auf den Ort. "Es herrscht ein formaler Trend vor, der nicht nachhaltig ist." Deshalb schreibt er auch gerade ein "Manifest gegen Vollwärmeschutz und Kunststofffenster". "Wir müssen die Qualität wieder heben. Wir sind eine hochzivilisierte Gesellschaft, fahren die teuersten Autos, aber beim Bauen machen wir das Banalste und das Billigste." Lechner verbaut in seinen Projekten nur Holzfenster. Das Argument, dass sich das nicht jeder leisten könne, lässt er nicht gelten. "Es gibt immer ein Budget. Wenn es nicht ausreicht, fangen wir an zu streichen. Aber wir streichen nicht das Holzfenster, sondern aus der Doppelgarage wird dann vielleicht nur ein Carport oder wir streichen ein paar Quadratmeter. Wir versuchen, das Geld dort zu investieren, wo es Mehrwert hat." Dafür hätten Auftraggeber am Ende keine Immobilie, "die man in zehn Jahren sanieren muss, weil alles kaputt ist, weil aufs Billigste gebaut wurde".
Dass ein eigenes Haus im Grünen für viele unerreichbar geworden ist, ist für den Pongauer keine negative Entwicklung. "Was wir uns nicht mehr leisten können, ist der Flächenverbrauch. Global gesehen liegt das Einfamilienhaus als Wohnform im Promillebereich. Wir müssen umdenken." Und möglicherweise brauche es hier andere Ansätze: Wohnen auf Zeit oder Wohnformen, die sich besser adaptieren lassen, wenn sich die Lebenssituation ändert. Als Architekt gegen Versiegelung aufzutreten sei eine Gratwanderung. Er versucht den Balanceakt trotzdem. Im Moargut in Großarl überzeugte er die Hoteliers, die Pläne für ein Chaletdorf zu verwerfen und die Zimmer in zwei Türmen zu stapeln - und so weniger Fläche zu verbrauchen. "In den vergangenen 20 Jahren hat man wütend drauflosgebaut. Vielleicht ist es Zeit, innezuhalten und zu reflektieren - egal, ob das die Stadt Salzburg ist, die kleine Dorfgemeinde oder der Tourismusort, der aus den Fugen gerät. Ich wünsche mir, dass man nicht mit dem Finger auf andere zeigt, sondern aus dem Vergangenen Schlüsse zieht und die Zukunft nachhaltiger gestaltet. Ich wünsche mir einen breiten Diskurs und die besten Leute am Tisch."
Dem Baustoff Holz ist Lechner über die Jahre treu geblieben. Er konnte beobachten, wie sich der Wind drehte. 2022 wurde in Hallein die neue Bezirksbauernkammer eröffnet, die Lechner geplant hatte: ein Holzbau.
SN-Sommerserie: Genug gejammert
Immer nur negative Nachrichten, immer nur das Schlechte im Vordergrund? Typisch Medien? Ganz und gar nicht! Im heurigen Sommer wollen wir im SN-Lokalteil einen Kontrapunkt setzen. Gejammert wird genug in Österreich. Und so haben wir auch unsere Sommerserie betitelt.
In unserer Serie "Raus aus dem Jammertal" stellen wir Menschen vor, die kreativ an Problemlösungen herangehen.
Wir sprechen mit Persönlichkeiten, die Probleme auf ihre ganz eigene Weise anpacken, anstatt die Schuld bei anderen zu suchen. Wir zeigen die positiven Entwicklungen und Seiten auf.