Wer wird Mitte Mai vom Präsidium zum neuen ÖFB-Präsidenten gewählt? Diese Frage beschäftigt seit mehreren Wochen nicht nur die Landespräsidenten, sondern auch viele Fußballfans. Der Wunsch nach einem starken Mann, der die Machtkämpfe und Querelen in den Griff bekommt und den größten Sportverband des Landes endlich professioneller aufstellt, ist groß. Bis zum Beginn dieser Woche war Sturm-Präsident Christian Jauk, der für die Bundesliga im ÖFB-Präsidium sitzt, in der Favoritenrolle. In den vergangenen Tagen wurde im Hintergrund aber an einer externen Lösung gearbeitet.
Überraschungskandidat setzt sich durch: Ex-Vizekanzler Josef Pröll wird neuer ÖFB-Präsident
Nach einer dreistündigen Sitzung steht der neue Fußballboss Österreichs fest.


Wahlausschuss-Bosse überraschen mit Ex-Spitzenpolitiker
Kurz nach Beginn der Sitzung um 16 Uhr sickerte der Name von Mister X durch. Die Vorsitzenden Martin Mutz und Josef Geisler haben dem Wahlausschuss den ehemaligen Vizekanzler Josef Pröll als neuen starken Mann im ÖFB vorgeschlagen. Nach einer dreistündigen Sitzung stand fest: Josef Pröll wird Mitte Mai vom ÖFB-Präsidium zum neuen Präsidenten gewählt werden. Diese Entscheidung ist am Mittwoch einstimmig gefallen. Der 56-jährige frühere ÖVP-Chef war bei der Sitzung nicht anwesend, wie Mutz erklärte. "Er ist derzeit bei einer Podiumsdiskussion im EU-Parlament. Wir haben leider das Zeitfenster verpasst, ihn zuzuschalten", sagte der Kärntner Landesverbandspräsident.
Josef Pröll will Einigkeit im ÖFB-Präsidium
Seine vorrangigen Ziele teilte Pröll aber schon im Vorhinein mit. "Es geht ihm in einem ersten Schritt vor allem darum, die Einigkeit nach außen zu stärken und eine gewisse Ruhe in den ÖFB reinzubringen", berichtete Mutz, der mit Pröll nach eigenen Angaben vor 14 Tagen einen ersten Austausch hatte. "Er wurde von einem Mitglied des Wahlausschusses (Anm.: die neun Landespräsidenten plus Philip Thonhauser von der Bundesliga) vorgeschlagen und daraufhin von mir kontaktiert. Er hat sich darüber sehr gefreut und es als Ehre empfunden", erklärte Mutz.
ÖFB-Präsident wird Mitte Mai gekürt
Mit Josef Pröll wird eine schillernde Figur der ÖVP und des ÖFB-Hauptsponsors Raiffeisen an die Spitze des Fußballverbands kommen. Der 56-Jährige machte vor allem in der globalen Finanzkrise 2008 Schlagzeilen, war Pröll doch damals Vizekanzler und Finanzminister der Republik und musste - eine Analogie zu heute - ein aus dem Ruder gelaufenes Budgetdefizit sanieren und ein heftiges Sparpaket umsetzen. Davor war er von 2003 bis 2008 Landwirtschafts- und Umweltminister. Sein Onkel ist der legendäre niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll. Josef Prölls Sohn Alexander führt derzeit die Pröll-Dynastie in der heimischen Spitzenpolitik fort. Er agiert als Staatssekretär im Bundeskanzleramt der aktuellen Regierung.
Kein Unbekannter im heimischen Fußball
Josef Pröll arbeitete sich über den Bauernbund in die heimische Spitzenpolitik hoch. Nach einer Lungenembolie trat der damals 42-Jährige im März 2011 als Vizekanzler und Finanzminister zurück. Bald danach heuerte er im mächtigen Raiffeisen-Konzern an und ist seit Juli 2011 Vorstand des zur Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien gehörenden Mischkonzerns Leipnik-Lundenburger. Das Unternehmen ist in der Nahrungsmittel- und Genussindustrie tätig. Kurze Zeit später übernahm Pröll zudem das Amt des niederösterreichischen Landesjägermeisters vom legendären Raiffeisen-Chef Christian Konrad, das er ebenfalls bis heute ausübt. Auch im Fußball war der Niederösterreicher schon tätig: Bis Mai 2021 war Pröll mehrere Jahre als Vizepräsident und Mitglied des Aufsichtsrates beim Bundesligisten Austria Wien engagiert. Aus zeitlichen Gründen legte er diese Ämter aber zurück. Nun wird er in Zukunft dem österreichischen Fußball vorstehen.