Jan Hörl aus Bischofshofen hat mit Silber im Einzelspringen auf der Großschanze am Samstag seine vierte Medaille in Trondheim geholt. Domen Prevc aus Slowenien wurde Weltmeister, Bronze ging an den Japaner Ryoyu Kobayashi, nachdem Marius Lindvik (NOR) disqualifiziert worden war. Der Weltmeister auf der Normalschanze war ursprünglich Zweiter geworden, wurde aber nachträglich ebenso disqualifiziert wie sein Landsmann Johann Andre Forfang. Maximilian Ortner kam auf den sechsten Platz. Für Daniel Tschofenig als 9. und Stefan Kraft als 12. endete der Einzelbewerb enttäuschend.
"Es war ein großartiger Tag", sagte Jan Hörl nach seinen Sprüngen auf 134 und 137 Meter und noch vor der Nachricht, dass er sogar Silber geholt hat. "Ich habe mich gut gefühlt und bin geduldig geblieben. Unglaublich, dass es so aufgeht. Ich wusste, dass ich das Vertrauen haben muss, eine Position mit dem Stand weit vorne zu halten. Eine Medaille war das Ziel, jetzt stehe ich mit vier da."
Neben Bronze auf der Normalschanze trug er auch zu Silber mit dem Männer-Team und Bronze mit dem Mixed-Team bei. Zum überraschenden Vorrücken nach der Disqualifikation der Norweger sagte Hörl: "Ich nehme Silber auch gerne. Vom Protest habe ich nichts mitbekommen."
Domen Prevc (138 und 140,5 Meter) jubelte zum zweiten Mal nach dem Teambewerb über Gold. Seine Schwester Nika siegte auf der Normal- und der Großschanze, sodass die Familie Prevc für alle vier slowenischen Goldenen verantwortlich zeichnet.
Protest der Österreicher
Hintergrund der Disqualifikation waren die Vorwürfe gegen Norwegens Team wegen Manipulation der Sprunganzüge. Denn auch Lindviks Landsmann Johann Andre Forfang, ursprünglich Fünfter, wurde aus der Wertung genommen.
Das Video eines polnischen Journalisten zeigt angeblich Manipulationen, die beim norwegischen Team nach der Anzugkontrolle durchgeführt worden sein sollen. Der sportliche Leiter der ÖSV-Springer, Florian Liegl, sagte: "Wir haben einen Protest eingebracht, weil wir vermuten, dass unerlaubte Manipulationen an den Anzügen vorgenommen wurden." Mit Kristoffer Eriksen Sundal wurde ein Norweger schon nach dem ersten Durchgang wegen eines regelwidrigen Anzugs disqualifiziert. Neben Österreich protestierten auch Slowenien und Polen. Zwar wurde dieser Protest abgewiesen, nach einer nachträglichen Anzugkontrolle folgte aber die doppelte Disqualifikation.
ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl erklärte, was passiert war: "Sie haben anscheinend vom Knie weg bis zum Schritt rauf auf der Innenseite ein steifes Band eingenäht. Das ist nicht erlaubt und bewirkt, dass es steifer wird und dass du, wenn du die Füße auseinanderziehst, den Schritt runterziehst", sagte er. Polens österreichischer Cheftrainer Thomas Thurnbichler verglich den Effekt mit einem Wingsuit wie bei einem Basejumper. Er war schwer verärgert: "Es ist für mich eine Verarschung. Es ist eine klare Manipulation und klarer Sportbetrug, ähnlich wie Doping. Es tut mir echt leid um ein paar Leute, die hier vielleicht eine Medaille gewonnen hätten, wenn diese Kontrollen früher passiert wären", sagte der Tiroler. "Ich glaube, man hatte es viel früher finden können."
Norweger: "Keine Manipulation"
FIS-Renndirektor Sandro Pertile verriet, dass es um die Verwendung eines strapazierfähigeren Materials bei den Nähten der Norwegern gegangen sei. Ob es weitreichendere Folgen geben wird, konnte er noch nicht sagen. Für den Ruf des Skispringen sei die Angelegenheit nicht positiv.
Vom norwegischen Team gab es vorerst nur knappe Reaktionen. Trainer Brevig, der im Video zu sehen ist, sagte vor Medienvertretern: "Es tut uns leid, dass die WM so endet, nachdem sie für Norwegens Skisport so gut gelaufen ist." Sportdirektor Jan Erik Aalbu wehrte sich gegen die Vorwürfe: "Das ist keine Manipulation und kein Betrug. Es wurde bei einer Kontrolle festgestellt, dass die Naht im Schritt zu wenig elastisch war." Es handle sich lediglich um einen "Regelverstoß". Ob die Anzüge nachträglich bearbeitet worden seien, beantwortete er nicht. Man müsse erst herausfinden, was konkret passiert sei.
Die frühere Springerin Maren Lundby, die bei der WM als TV-Expertin im Einsatz war, sagte: "Ich habe ziemliche Bauchschmerzen. Das wird ziemliche Konsequenzen haben." Lundby hatte übrigens zu Jahresbeginn zu jenen skeptischen Personen gehört, die über Schummeleien bei den Österreichern spekuliert hatte.
Vermutlich keine weiteren Annullierungen
Ob auch die Resultate der übrigen Bewerbe nun korrigiert werden müssen, ist noch offen. Sandro Pertile geht nicht davon aus. "Wir haben ein System - wenn die Kontrolle fertig ist, ist sie fertig", sagte Pertile in Trondheim. Das Video soll in der Nacht auf Samstag aufgenommen worden sein. Ob die Norweger schon davor etwas Unerlaubtes gemacht haben, bleibt offen. Daher sei auch nicht mit einer Annullierung aller Ergebnisse zu rechnen. Das soll von anderen Teams, darunter auch von den Österreichern, gefordert worden sein.
Seit Beginn dieser Saison gelten neue Regeln für die Sprunganzüge. Deren Anzahl pro Athlet ist begrenzt worden. Vor jedem Sprung wird die Luftdurchlässigkeit gemessen. Ein Opfer der strengen Kontrollen war Stefan Kraft gewesen, der beim Skifliegen in Oberstdorf im Jänner einen unzulässigen Anzug getragen hatte und deshalb disqualifiziert worden war.