Josefine Hinterstoisser
Josefine Hinterstoisser, geborene Schreiber, war seit 1903 mit dem Salzburger Luftfahrt-Pionier, Kommandanten der Militär-Luftschifferabteilung und Vizepräsidenten des Österreichischen Aero-Klubs, k u. k. Hauptmann Franz Hinterstoisser verheiratet und war die erste Frau in der Habsburgermonarchie, die das Patent zum Ballonfahren erhielt.
Josefine Hinterstoisser und die "Aeronautik"
Sie war dem Militärluftschiffer eine verständnisvolle Gefährtin geworden und wurde von ihm in den von Damen sonst nur sehr wenig kultivierten Sportzweig des Ballonfahrens bestens eingeführt. Sie beteiligte sich seit dem Jahre 1903 an verschiedenen Freiballonfahrten, die von Wien, Budapest, Salzburg, Innsbruck, Berlin und Mailand ihren Anfang nahmen und ohne Rücksicht auf die Jahreszeiten, in denen diese Fahrten durchgeführt wurden.
Bei diesen Fahrten sammelte Josefine Hinterstoisser so viel Erfahrungen gesammelt, dass sie zu Beginn des Jahres 1911 den Entschluss fasste, sich um das Führerdiplom des Österreichischen Aero-Klubs zu bewerben. Bis zu diesem Zeitpunkte hatte sie an folgenden Fahrten teilgenommen:
- Am 1. Jänner 1903 im "Meteor" von Wien nach Csorna in Ungarn (ca. 118 km[1]),
- am 5. Oktober 1904 im "Meteor" von Wien nach Szolnok in Ungarn (ca. 308 km),
- am 14. Juni 1905 im "Turul" von Budapest nach Üllö (ca. 26 km),
- am 7. Oktober 1906 im Ballon "Laetitia" von Mailand nach Carbonare (ca. 189 km),
- am 10. Oktober 1908 im "Radetzky" von Berlin nach Zehlendorf (ca. 30 km, da es mehrere Zehlendörfer im Umkreis von Berlin gibt),
- am 16. Mai 1909 im "Radetzky" von Wien nach Groß-Mugl (ca. 34 km), *
- am 7. März 1910 im Ballon "Salzburg" von Salzburg nach Teisendorf (ca. 16 km),
- am 29. Mai 1911 im "Tirol" von Innsbruck nach Gerlos (ca. 50 km).
Am 31. März 1911 stieg Frau Josefine Hinterstoisser in Begleitung ihres Gatten im "Radetzky" noch vor Sonnenaufgang auf. Nach dreistündiger Dauer wurde diese teilweise Nachtfahrt mit einer glatten Landung bei Nikolsburg beendet.
Zur Erlangung des Führerdiploms hatte die passionierte Luftschifferin nunmehr noch zwei Aufgaben zu erfüllen. Zunächst eine Nachtfahrt, bei der, nach den bezüglichen Bestimmungen, die Landung, falls die Abfahrt vor Sonnenuntergang stattfand, erst nach Mitternacht, sofern sie vor Mitternacht geschah, erst nach Sonnenaufgang erfolgen durfte. Schließlich hatte die Aspirantin noch eine Alleinfahrt auszuführen.
Am 10. April 1911 unternahm nun Josefine Hinterstoisser die erste Alleinfahrt, die bisher in Österreich von einer Amateurin ausgeführt wurde. Sie stieg um 04 Uhr 15 Minuten nachmittags im Ballon "Radetzky" vom Klubplatz in Wien auf und landete nach einer Fahrtdauer von 01:10 Stunde zwischen Rauchenwart und Maria-Lanzendorf. Am 14. Mai kam sie auch der letzten der noch zu erfüllenden Bedingungen nach, indem sie eine regelrechte volle Nachtfahrt absolvierte. Um 19 Uhr 30 Minuten abends stieg sie vom Klubplatz in dem von ihrem Gatten geführten "Excelsior" auf. Der Ballon überflog die Sächsische Schweiz und landete nach zehnstündiger Fahrt in Rodenwalde bei Pirna (390 km).[2]
Mit dieser Leistung hatte Josefine Hinterstoisser alle Bedingungen für die Erlangung des Führerdiploms des Österreichischen Aero-Klubs erfüllt. Sie erhielt 100 Jahre nach dem ersten Salzburger Aufstieg (4. September 1811) dieses als erste Dame in Österreich zuerkannt.
Quelle
- ANNO, "Allgemeine Sport-Zeitung", 1911, Seite 1440