Kalender Inner Gebirg
Der Kalender Inner Gebirg war ein regionsbezogener Wandkalender im DIN A3-Format, der von 1988 bis 2001 erschienen ist und von einer Initiativgruppe aus Pinzgau und Pongau hergestellt und vertrieben wurde.
Einführung und Überblick
Der Kalender Inner Gebirg wurde von einer Initiativgruppe aus den Bezirken Pinzgau und Pongau entworfen, entwickelt, gestaltet und vertrieben. Die Gruppe entstand 1987 und beendete die Kalenderarbeit nach 13 Jahrgängen im Jahr 2001.
Vereinsgründung
Die Kalendergruppe setzte sich jährlich aus zehn bis 14 Mitgliedern aus dem Pinzgau und aus dem Pongau, die in unterschiedlichen Berufen tätig waren, zusammen. Mehrere Kalendermacher und Kalendermacherinnen arbeiteten bei allen Kalenderjahrgängen, andere nur bei einem oder einigen wenigen Jahrgängen mit.
Nach den ersten Jahren als Freie Kulturinitiative gründete die Gruppe den Verein "Leben und Arbeiten auf dem Land", um als Juristische Person die mit der Abwicklung der Produktion und des Vertriebes verbundenen Aufgaben besser abzusichern. Neben der Kalenderarbeit wurden auch einige Veranstaltungen organisiert und mit dem eingenommenen Geld einige Buchprojekte in der Region gefördert.
Kalenderarbeit
Am Beginn der jährlichen Kalenderarbeit wurde ein Jahresthema gewählt und zu diesem die einzelnen Monatsblätter jeweils von einer Person allein oder von zwei Personen gemeinsam gestaltet. Gelegentlich nahm ein Kalendergruppenmitglied auch nur an der Diskussion teil, ohne selbst ein Blatt zu erstellen.
Die Kalenderarbeit erfolgte (ausgenommen begleitender organisatorischer Aufgaben eines in der Kultur- und Bildungsarbeit beruflich tätigen Gruppenmitgliedes) ausschließlich ehrenamtlich und der Reingewinn eines Kalenderjahrganges wurde in die nächste Produktion gesteckt.
Gestaltungsziel und Gestaltungsweg
Das Gestaltungsziel war die Erstellung eines optisch und inhaltlich möglichst ansprechenden und anspruchsvollen Kalenders mit kritischen Inhalten für das darauf folgende Jahr. Auf der Vorderseite des Kalenders im DIN A3-Format befand sich ein themenbezogenes Schwarz-Weiß-Foto und die handschriftliche Jahreszahl. Auf den einzelnen Monatsblättern befand sich vorne das handschriftliche Kalendarium und das ausgewählte Foto und auf der Rückseite der Text zum Thema.
Die Auseinandersetzung mit dem Jahresthema erfolgte regionsbezogen, aber immer mit dem Blick auf überregionale oder weltweite Zusammenhänge. Dem diesbezüglichen Entscheidungsprozess wurde besondere Aufmerksamkeit zu teil.
Beispielhaft waren die schwierigen Jahresthemen "Heimat" sowie "Glaube", um nur zwei heraus zu greifen, die von Beginn an in der Gruppe umstritten waren, aber letztlich nach der einstimmigen Entscheidung zu bemerkenswerten Beiträgen und mit zu den interessantesten Kalenderjahrgängen geführt haben. Die Kalendergruppe hat auch sonst keine Auseinandersetzung gescheut und Beiträge wie zur Krimmler Judenflucht, zur NS-Euthanasie oder zum Kriegsgefangenenlager "Markt Pongau" gestaltet, regionsbezogene zeitgeschichtliche Ereignisse, die damals entweder noch wenig bekannt waren oder gerne verdrängt wurden.
Eigene Texte waren für die Kalenderarbeit Voraussetzung, eigenen Bildern wurde – sofern in ausreichender Qualität vorhanden – der Vorzug gegeben.
Arbeitsorganisation
Die Kalendergruppe verstand sich als regionale Kulturinitiative mit Blick auf die Region und deren Stellung in der Welt. Das selbst auferlegte Arbeitsprinzip in der Gruppe war ein demokratisches, nämlich die Einstimmigkeit bei allen Entscheidungen. Um diese Einstimmigkeit zu erreichen, brauchte es manchmal einen längeren Diskussionsprozess. Denn hin und wieder schien bereits alles klar, als dann doch noch ein begründeter Einwand fiel, der auch berücksichtigt wurde.
Über jedes Gruppentreffen wurde ein schriftliches Protokoll geführt, das alle Gruppenmitglieder erhielten und in dem der Arbeitsprozess und die getroffenen Entscheidungen dokumentiert wurden. Nach der Auswahl des Jahresthemas machten sich die einzelnen Kalendermacher und Kalendermacherinnen auf die Suche nach Ideen für ein Monatsblatt, bzw. an die Umsetzung ihrer Ideen. Gedanken, Text- und Bildvorschläge wurden bei den darauf folgenden Gruppentreffen eingebracht, diskutiert und kritisch beleuchtet.
Die Erarbeitung und Fertigstellung eines Jahreskalenders sowie der Präsentationsveranstaltung geschah in acht bis 13 Gruppentreffen jährlich. Zuletzt wurden die Texte den einzelnen Monaten zugeordnet und die Bilder dazu ausgewählt. Darauf folgte die Drucklegung und alle damit verbundenen Vorarbeiten und schlussendlich der Vertrieb des Kalenders.
Nach Fertigstellung des Kalenders wurde nicht in allen aber in mehreren Jahren eine Kalenderpräsentation veranstaltet. 1987 fand die Präsentation des ersten Kalenders Inner Gebirg (für das Jahr 1988) in St. Johann im Pongau statt und es trat dort die damals noch wenig bekannte Musikgruppe Broadlahn zum ersten Mal im Bundesland Salzburg auf.
Kalendermacher und Kalendermacherinnen
Die Kalendermacher und Kalendermacherinnen stammten aus den Bezirken Pinzgau und Pongau, hatten unterschiedliche Berufe und damit auch unterschiedliche Zugänge zur Kalenderarbeit. Das Lebensalter der Gruppenmitglieder spannte sich von rund 20 bis zu 60 Jahren. Allen gemeinsam war das Interesse für die Region, die Freude an gemeinsamer kritischer Auseinandersetzung zu den gestellten Themen und die Ernsthaftigkeit und Redlichkeit im Umgang miteinander und mit den vorgestellten Arbeiten. Die unten stehende Liste ist nicht vollständig. Die angeführten Kalendermacher haben entweder einen Kalender, mehrere oder alle Kalenderjahrgänge mitgestaltet.
- Gerlinde Allmayer, Niedernsill
- Isolde Ellmauer, Bad Gastein
- Hemma Glittenberg, Kaprun
- Rosalia Graber, Saalfelden
- Maria Hartl, Saalfelden
- Rosa Lohfeyer, St. Johann im Pongau
- Roswitha Klaushofer, Zell am See, (Lyrikpreis 1996)
- Renate Kröll, Saalbach
- Hans Niedermüller, Zell am See
- Brigitte Niederseer, Maishofen, (Lyrikpreis 2000)
- Roswitha Niederseer, Fusch an der Großglocknerstraße
- Christina Nöbauer, damals Bruck an der Großglocknerstraße
- Theresia Oblasser, Taxenbach, (Radio Salzburg Mundartpreis "Quergredt" 2008)
- Heidi Rest-Hinterseer, Dorfgastein
- Franz Rest, Dorfgastein
- Roswitha Stadler, Bruck an der Großglocknerstraße
- Hans Steinlechner, (* 1956; † 2008), St. Johann im Pongau, (posthum ÖkoStil Preis 2008)
- Christine Stromberger, damals Weißbach bei Lofer
- Barbara Ziegler, damals Bruck an der Großglocknerstraße
Auflage, Druck und Vertrieb
Der Kalender wurde ausschließlich in der Region produziert, um die gesamte Wertschöpfung in der Region zu halten, auch wenn Druck oder Bindung anderswo billiger gewesen wären. Betriebe in der Region, von denen bekannt war, dass sie ihre Mitarbeiter schlecht behandeln, wurden – auch wenn sie billiger produziert hätten – bei der Vergabe der Arbeiten nicht berücksichtigt.
Der Kalender Inner Gebirg hatte eine Auflage von mindestens 1000 bis maximal 1200 Exemplaren und wurde auch in den regionalen und in einigen überregionalen Buchhandlungen angeboten. Die meisten Kalender wurden von den Kalendergruppenmitgliedern verkauft, die oft schon fixe Abnehmer hatten. Kalender Inner Gebirg-Freunde fanden sich nicht nur in der Region und in der Stadt Salzburg, sondern auch im Ausland. Jeder Jahrgang konnte restlos ausverkauft oder bis auf wenige Restexemplare verkauft werden und noch Jahre nach Einstellung der Kalenderarbeit, die aufgrund verschiedener interner und externer Änderungen beschlossen worden war, kamen Anfragen nach dem Kalender Inner Gebirg und es wurde das Bedauern über die Einstellung des Kalenders ausgedrückt.
Auszeichnung
Die Kalendergruppe erhielt zur Würdigung ihrer kulturellen Tätigkeit gemeinsam mit einer St. Johanner Kulturinitiative im Jahr 1999 den Salzburger Landespreis für Kulturarbeit.
Ende der Vereinstätigkeit
Der Verein wurde einige Jahre nach Ende der Kalenderarbeit aufgelöst und das noch vorhandene Geld gemäß dem Vereinsstatut zu gleichen Teilen an das Pongauer und an das Pinzgauer Frauennetzwerk zur Abwicklung der Netzwerkaktivitäten gegeben. Von allen Kalenderjahrgängen befinden sich Belegexemplare in der Salzburger Universitätsbibliothek.
Quellen
- Eigenartikel von Christina Nöbauer