Kraftwerksgruppe Stubachtal

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Tauernmoossee vom Medletzkopf
Speicher Weißsee
Grünsee

Die Kraftwerksgruppe Stubachtal gewinnt Strom aus Speicherseen im Stubachtal für die Österreichischen Bundesbahnen.

Allgemeines

Die Kraftwerksgruppe Stubachtal besteht aus vier Stufen und befindet sich im Oberpinzgau. Die Geländeform des Stubachtales, das durch die Stub-Ache entwässert wird, und des östlich anschließenden Wurfbachtales, hohe Geländestufen, bieten ideale Voraussetzungen für die Energiegewinnung aus Wasserkraft. Insgesamt vier Seen liefern die nötige Wassermenge: der Amertaler See im südöstlichen Talende des Amertales (westlich des Stubachtals), sowie der Salzplattensee, der Weißsee und der Stausee Tauernmoossee. Beim Stausee Enzingerboden handelt es sich lediglich um ein Ausgleichsbecken, der Grünsee speist die Kraftwerke der Gruppe für den Eigenverbrauch.

Baustufe 1

Von 1921 bis 1929 wurde der Großspeicher Tauernmoossee errichtet, der das Kraftwerk Enzingerboden speist. Aus dem westlich vom Tauernmoossee gelegenen Grünsee kommt das Wasser für die Eigenbedarfsenergiegewinnung des Kraftwerks Enzingerboden. Während dieser Bauphase sind neun Arbeiter im Zuge ihrer Bautätigkeit und sechs während ihrer Freizeit umgekommen. Für sie wurde am Enzingerboden ein Denkmal errichtet.

Baustufe 2

Von 1937 bis 1941 wurde der Speicher Enzingerboden mit dem Kraftwerk Enzingerboden errichtet.

Baustufe 3

1950 wurde schließlich mit der dritten Baustufe begonnen. Diese umfasste die Errichtung des Kraftwerks Schneiderau, das vom abfließenden Triebwasser für das Kraftwerk Enzingerboden aus dem Speicher Enzingerboden, sowie aus dem durch einen Stollen übergeleitete Wasser des Wurfbaches und des Wasser aus dem Ödbach gespeist wird.

Baustufe 4

Es folgten die Kraftwerke Kraftwerk Uttendorf I und [Kraftwerk Uttendorf II]], die am nördlichen Ausgang des Stubachtales liegen und über eine 10,3 km lange Leitung das Triebwasser vom Speicher Enzingerboden eingeleitet erhalten.

Pumpspeicherkraftwerk Tauernmoos

Seit 2020 wird das Pumpspeicherkraftwerk Tauernmoos errichtet.

Geschichte

Stand 1950.
Übersichtslängenschnitt Kraftwerksgruppe Stubachtal Stand 1950. Bild oben: Einlaufbauwerk des Kraftwerkes Uttendorf. Links die Triebwasserüberleitung vom Kraftwerk Schneiderau, rechts daneben die Kammern des Dufour-Entsanders. Bild unten: Stahlschalung für die Stollenbetonierung. Im Hintergrund der ausfahrende Schalungstransportwagen.

Ein Beitrag in der "Wiener Zeitung" vom 24. September 1950 (Auszug):

Fünf Kraftwerke der Österreichischen Bundesbahnen

Von dem rund 6 000 km umfassenden Streckennetz der Österreichischen Bundesbahnen werden derzeit etwa 1 075 km, also 18'5 Prozent, elektrisch betrieben. Dies scheint nicht viel‚ aber das auf diesen elektrifizierten Strecken beförderte Verkehrsvolumen betrug im Jahre 1949 rund 28'7 Prozent der gesamten Förderleistung überhaupt. Daraus kann man schon den bedeutenden Anteil ersehen, den der Elektrobetrieb bei der Bahn hat. Zur Erzeugung der für den elektrischen Zugbetrieb erforderlichen Energie stehen den Bundesbahnen nebst einer Reihe von Fremdstromlieferungen‚ darunter eine von 40 Millionen kWh jährlich aus dem Achenseewerk der Tiroler Wasserkraftwerke AG.‚ vor allem fünf eigene Wasserkraftwerke mit einem jährlichen Arbeitsvermögen von rund 300 Millionen kWh und einer Gesamtleistung von 132 000 PS‚ zur Verfügung:

Das Spullerseewerk in Vorarlberg (32 000 PS) mit einem Großspeicher von 13 Millionen Kubikmeter Fassungsraum und einer Nutzfallhöhe von 800 m‚
das Laufkraftwerk Schönberg am Ruetzbach bei Innsbruck (60 000 PS) mit einer Nutzfallhöhe von 175 m,
das Laufkraftwerk Obervellach in Kärnten (20 000 PS) und
im Stubachtal die Kraftwerke Enzingerboden (32 000 PS) und Schneiderau (32 000 PS).

Seit 1945 wurden noch zwei weitere Bahnkraftwerke in Bau genommen: das schon erwähnte Kraftwerk Braz (38 000 PS), ein sogenannter "Unterlieger" des Spullerseekraftwerkes, dessen Fertigstellung 1952 erfolgen wird, und das Kraftwerk Uttendorf, die dritte und unterste Stufe an der Stubache (36 000 PS). 340 Millionen kwh nach Vollausbau.

Unter allen diesen bahneigenen Kraftwerken nimmt die dreistufige Werkstreppe entlang der Stubache an der Nordseite der Tauern einen hervorragenden Platz ein. Die Wasserrechte für dem Ausbau dieser Kraftwerksgruppe wurden von den k. k. Österreichischen Staatsbahnen bereits vor dem ersten Weitkriege im Jahre 1914 erworben. Der dama1s in weit vorausblicken«der Großzügigkeit erstellte Entwurf sah schon den Ausbau von drei Kraftwerksstufen vor. Zunächst wurde in den Jahren 1921 bis 1925 durch das völlig vereinsamte Tal von Uttendorf bis zum Enzingerboden eine 17 km lange Straße gebaut‚ die sich in zahlreichen scharfen Serpentinen bis zur Höhe von 1 475 m emporwindet. Hand in Hand damit ging die Errichtung der obersten Kraftwerksstufe Enzingerboden mit dem 21 Millionen Kubikmeter fassenden Großspeicher Tauernmoosboden und einer Nutzfallhöhe von 522 m. Dieses Werk steht seit 1929 in Betrieb. Von 1937 bis 1941 wurde die unmittelbar anschließende zweite Stufe‚ das Kraftwerk Schneiderau‚ ausgebaut, welches das Speicherwasser vom Tauernmoosboden mit einer Nutzfallhöhe von 420 m ein zweites Mal ausnützt. Die dritte und unterste Stufe, das Kraftwerk Uttendorf, steht seit dem Jahre 1941 im Bau und wird bereits in den nächsten Tagen mit der Stromlieferung beginnen; Das Arbeitsvermögen dieser drei Stufen wird dann rund 230 Millionen kWh jährlich betragen und soll noch durch Einbeziehung weiterer Niederschlagsgebiete auf 340 Millionen kWh erhöht werden.

Die höchste Baustelle Österreichs

Das Speichervermögen der Stubachkraftwerke ist gegenwärtig durch den Großspeicher Tauernmoosboden auf der Seehöhe von 2 002 m und den mittels eines Behelfsdamms aufgestauten Weißsee (Seehöhe 2 220 m) gegeben. Das Speicherwasser des Weißsees kann durch einen 25 m unterhalb des normalen Seespiegels liegenden und durch Absperrorgane verschließbaren Stollen in den 240 m tiefer liegenden Tauernmoosspeicher abgelassen werden. Diese Gefällsstufe soll später durch ein in das Gestein des 2 400 m hohen Schafbichels eingebautes Kavernenkraftwerk ausgenutzt werden. Zur Vergrößerung der Speicherkapazität aber und damit zur Erhöhung der Stromlieferung im Winterhalbjahr ist noch eine Vergrößerung des Speichers am Weißsee auf 15 Millionen Kubikmeter geplant‚ wodurch in den drei Stufen Enzingerboden, Schneiderau und Uttendorf zusätzlich 25 Millionen kWh Winterenergie gewonnen würden. Die Vorarbeiten dazu sind beinahe abgeschlossen und im nächsten Jahr wird mit dem Bau der 33 m hohen Sperrmauer begonnen werden, für den 60 000 Kubikmeter Beton notwendig sind. Die Sperrenkrone soll bis zum Herbst des kommenden Jahres erreicht werden.

Zur Erschließung des Horizonts dieser höchstgelegenen Baustelle Österreichs inmitten einer romantischen Bergwelt ist neben einer bereits bestehenden außerordentlich geschickt angelegten Materialseilbahn, die als einzige in Europa in ihrer oberen Hälfte stützpunktfrei eine Strecke von 1 30O m über 140 m tiefem Abgrund bewältigt‚ noch eine Güter- und Personenseilbahn in Bau‚ die von der Talstation Enzingerboden über die Mittelstatior1 in 2 040 m Seehöhe zu der am Westhang des Schafbichels in 2 300 m Höhe liegenden Bergstation führen wird. Unmittelbar an die Fertigstellung der Weißseesperre soll am Tauernmoosboden‚ der bereits bestehenden Sperre luftseitig vorgelagert, eine neue Großsperre mit einem Inhalt von 300 000 Kubikmetern Beton aufgeführt werden‚ um damit das Speichervolumen dieser Anlage von 21 Millionen auf 65 Millionen Kubikmeter Wasser zu erhöhen. Das Angebot an Winterenergie aus der Stubachgruppe wird sich nach Beendigung dieser Bauarbeiten um weitere 100 Millionen kWh vergrößern und mit einer Gesamterzeugung von 340 Millionen kWh der österreichischen Wirtschaft jährlich die Einfuhr von 540 000 t Steinkohle aus dem Auslande ersparen. Schließlich ist auch noch an eine Einbeziehung des nahegelegenen Grünsees mit einer kleinen Wasserfassung gedacht.

Die wirtschaftliche Bedeutunng der Kraftwerksgruppe Stubachtal liegt also in den außerordentlich günstigen Speichermöglichkeiten in den von der Natur vorgezeichneten Speicherbecken am Weißsee und am Tauernmoosboden‚ die eine Ausnutzung des Speicherwassers über eine gesamte Nutzfallhöhe von rund 1 200 Meter zulassen. Wie sparsam dabei mit dem Materialaufwand umgegangen werden kann, zeigt folgende Rechnung: Mit einem Kubikmeter Sperrenbeton können am Weißsee (2 250 m) 525 kWh und am Tauernmoosboden (2 025, 111) sogar 855 kWh gespeichert werden‚ während dagegen am Wasserfallboden in Kaprun (Limbergsperre) nur 262 kWh pro Kubikmeter Sperrenbeton erreicht werden. Diese Ziffern beweisen mit aller Deutlichkeit‚ daß die maßgebenden Fachleute der Österreichischen Staatseisenbahnen‚ als sie vor fast 40 Jahren vor der Aufgabe standen‚ sich für den Ausbau der Wasserkräfte des Kapruner Tales und jener des Stubachtales zu entscheiden‚ die richtige Wahl getroffen haben. Für das gesamte Bauvorhaben dieses Bahnkraftwerkes in den Tauern sind 500 Mill. S vorgesehen‚ wovon bis jetzt etwa 70 Prozent verbraucht wurden.

Im Stubachtal wird aber nicht nur denkbar wirtschaftlich, sondern auch unerhört fleißig gebaut. Davon konnten sich dieser Tage einige Wiener Journalisten selbst überzeugen. Von Uttendorf bis hinauf zum Weißsee sind 1 500 Mann am Werk, von denen namentlich jene, die in 2 000 m Höhe beschäftigt sind‚ während neun Monaten des Jahres unter den denkbar schwierigsten Bedingungen in Schnee und Eis arbeiten müssen. In Uttendorf‚ wo sich der fast vollendete, geradezu spartanisch einfach ausgeführte Kraftwerksbau harmonisch in das herrliche Landschaftsbild einfügt‚ macht man jetzt gerade‚ den ersten Maschinensatz‚ zwei Hochleistungsturbinen österreichischer Erzeugung, und den dazu gehörigen Generator‚ der aus Deutschland bezogen wurde‚ betriebsfertig. Am kommenden Mittwoch wird auch die Wasserzuführung durch die 100 m lange Freispiegelrohrleitung vom 230 m höhergelegenen Wasserschloß, das mit seinen vier Kammern 20 000 Kubikmeter faßt, zum erstenmal ausprobiert und einige Tage später dann auch "Stufe 3" anlaufen.

Bildergalerie

Quellen