Gerade erst habe er den Anruf einer Rechtsanwaltskanzlei erhalten, sagt Anton Berger, Innungsmeister der heimischen Installateure, mit der Frage, ob man rasch eine Klimaanlage in dem völlig überhitzten Stadtbüro einbauen könne. "Immer dann, wenn es einige Tage richtig heiß ist, häufen sich die Anfragen", sagt Berger. Sofortige Abhilfe sei nicht möglich, mobile Anlagen wie aus dem Bauhaus seien nur Übergangslösungen. Generell sei aber bemerkbar, dass Arbeitgeber immer öfter bereit seien, in Kühlung zu investieren. "Schließlich geht es um eine möglichst hohe Arbeitsleistung der Mitarbeiter." Und die ist bei großer Hitze erwiesenermaßen nicht mehr gegeben.
"Größere Betriebe werden künftig kaum ohne Kühlung auskommen"
Wie viele der heimischen Büros und Firmen eine Klimaanlage haben, dazu gibt es keine Zahlen. "Fest steht, wer nicht das Glück hat im Grünen oder im Gebirge zu sein, wird als größerer Betrieb künftig kaum ohne Kühlung auskommen", meint Berger. Zu heißen Temperaturen komme in Betrieben noch Beleuchtung, EDV oder Abwärme - und das bei vielen Personen im Raum. Produktionsbetriebe mit meterhohen Hallen täten sich leichter, weil warme Luft aufsteigt und über Nacht durch Nachtströmung gekühlt werden könne. In Stadtbüros sei das schwierig, hier kämen noch strenge Bauvorschriften in Innenstädten dazu. "Und zig Bausünden aus den vergangenen Jahrzehnten, wo aus optischen Gründen auf viel zu große Fenster ohne der Möglichkeit einer Beschattung von Außen gesetzt wurde."
Bei Neubauten würde die Kühlung mittlerweile meist mitgeplant, auch wenn selbst hier manchmal noch aus Kostengründen gespart werde. "Gerade bei Wärmepumpen kann man Heizung, Heißwasser und Kühlung in einem planen", betont Berger, "und der Strom wird im Sommer gerade dann zum Kühlen gebraucht, wenn die PV-Anlage am Dach ohnehin viel Strom liefert."
Wie viele Bestandsbauten klimatisiert seien, sei je nach Stadt oder Land höchst unterschiedlich, grob geschätzt geht Berger von der Hälfte aus. Nachholbedarf bestehe, das zeige auch die hohe Nachfrage.
30 bis 40 Anfragen pro Tag
"Ich komme hint' und vorn nicht mehr nach", sagt Wolfgang Reindl, Chef der Reindl Kältetechnik in Hallwang. 30 bis 40 Anfragen für Klimaanlagen bekomme der Betrieb mit 50 Mitarbeitern derzeit täglich. Bei Neubauten sei der Einbau einer Kühlung bei Firmen und Büros mittlerweile Standard, bestätigt er. "In den letzten drei Monaten sind wir aber eigentlich nur mit dem Einbau von Klimaanlagen in bestehenden Büros beschäftigt." Gerade hier steige die Nachfrage - und sei in Innenstädten wie der Salzburger höchst komplex. Ob Stadthotel oder ein Lungenfacharzt im vierten Stock des Salzburger Rathauses: "Um hier eine Klimaanlage genehmigt zu bekommen, brauchst du mit Bundesdenkmalamt und Altstadtkommission mindestens ein halbes Jahr Vorlaufzeit", so Reindl. In Gewerbegebieten sei das einfacher. Lösungsansätze gebe es viele. "Die Arbeit geht uns jedenfalls nicht aus."
Kein Anspruch auf Hitzefrei
Rechtlich gesehen haben Beschäftigte in Österreich keinen Anspruch auf angenehme Temperaturen in der Firma. Eine Klimaanlage verlangen kann man nicht, sagt AK-Rechtsexperte Heimo Typplt. Auch Anspruch auf hitzefrei gibt es in Österreich nicht, egal wie hoch die Temperatur klettert - lediglich am Bau gibt es eine freiwillige Regelung. Die entsprechenden Bestimmungen im Arbeitsrecht und der Arbeitsstättenverordnung seien teils hundert Jahre alt, Klimawandel und Hitzetage waren damals kein Thema. Die Arbeiterkammer drängt seit Jahren auf Reformen.
Im Büro der zuständigen Arbeitsministerin Korinna Schuhmann (SPÖ) betont man, "an speziellen Schutzregelungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei großer Hitze" werde gearbeitet. Details will man demnächst liefern.
Büros oder Hotelzimmer lassen sich aber nicht nur mit Hilfe technischer Klimaanlagen kühl halten. Immer mehr Unternehmen, aber auch Städte setzen auf mehr Grünflächen, auch an Fassaden und auf Dächern. In der Stadt Salzburg ist seit März für Neubauten, Zu- oder Aufbauten eine Grünflächenzahl verpflichtend, das heißt: Grünflächen - egal ob Hecken oder an Fassaden - müssen in einem vordefinierten Verhältnis zum Bauplatz stehen. Salzburg ist nach Graz die zweite Stadt in Österreich, die verpflichtend auf mehr Grün setzt - und damit auf natürliche Kühlung.
Grüne Fassade statt Klimaanlage
Die Wiener Hotelierin Michaela Reitterer hat die Fassaden ihres Boutiquehotels Stadthalle schon seit den 1990-er Jahren begrünt. Messungen der Universität für Bodenkultur haben ergeben, dass es dadurch allein im Hotelgarten um fünf Grad kühler ist als auf der Straße. Die Zimmer werden zusätzlich über eine Betonkernaktivierung, durch die Brunnenwasser geführt wird, gekühlt. Im gesamten Haus stehen Ventilatoren. "Wenn ein Gast 14 Grad im Zimmer haben will, schaffen wir das nicht", sagt Reitterer, immer mehr Gäste aber würden gerade deshalb buchen, "weil wir keine Klimaanlage haben". Explizit erwünscht ist es im Boutiquehotel, die Fenster zu öffnen: "Wenn am Nachmittag der Schatten auf den Hotelgarten fällt, strömt die gekühlte Luft auch in die Zimmer." Weil auf dem Lavendelhoteldach viele Bienen Nektar sammeln, haben die Fenster Insektengitter.
Vorreiter ist Österreich in der Ausbildung von Profis, wenn es um begrünte Gebäude und Städte geht. Der Klimagärtner ist seit kurzem Versuchslehrberuf , "den gibt es so in ganz Europa nicht", betont Mario Steininger, Direktor der zuständigen Berufsschule Gartenbau Wien. Im Jänner starten die ersten beiden Klassen mit der Ausbildung, Steininger rechnet mit 19 Teilnehmern - zwei kommen fix aus Salzburg. Der Schwarzacher Gärtner Rudi Tautermann bildet zwei Klimagärtner aus, "einer ist seit April da, der zweite kommt im September, der übersiedelt für die Lehrstelle sogar aus Wien in den Pongau", erzählt er stolz. Die Stadt Wien selbst will laut Steininger künftig eine ganze Berufsschulklasse füllen - nicht nur, um Büros und Gebäude klimafitter zu machen. "Wenn ich in Zukunft keine begrünte, kühle Stadt haben, kommen mir auch keine Touristen mehr", sagt Steininger.
Arbeiten am See ist möglich - theoretisch
Ein Recht auf Hitzefrei gibt es in Österreich nicht. Lediglich bei Bauarbeitern gibt es die Regelung, dass ab 32,5 Grad freigegeben werden kann, darüber entscheiden kann der Arbeitgeber. Dann zahlt die Abfertigungskasse 60 Prozent des Lohns als Entschädigung aus.
Auch sonst gelten Soll-Bestimmungen, so AK-Arbeitsrechtsexperte Heimo Typplt: In den Arbeitsräumen soll die Temperatur bei geringer körperlicher Tätigkeit zwischen 19 und 24 Grad liegen, bei normaler körperlicher Belastung zwischen 18 und 24 Grad. Gibt es eine Klimaanlage, sollte dieser Wert eingehalten werden. Gibt es keine, müssen Maßnahmen wie Beschattung oder nächtliche Belüftung ausgeschöpft werden. Eine verpflichtende Neuinstallation von Klimaanlagen sieht das Gesetz nicht vor.
Zeitausgleich, Urlaub oder Verlegung der Arbeitszeit an den Tagesrand, darüber müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen. Das gilt auch fürs Homeoffice, so Typplt. Durch das neu geregelte "Telearbeitsgesetz" gilt jetzt: Gearbeitet werden kann nicht nur vom eigenen Zuhause aus, sondern auch anderswo, im schattigen Ferienhaus oder selbst am See. Auch das sei Vereinbarungssache, so Typplt, "und damit für die meisten eine rein theoretische Option".