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KTM mit indischen Millionen gerettet: Bajaj zahlt, Stefan Pierer muss sich ganz zurückziehen

Die für die Rettung von KTM notwendigen 600 Millionen Euro kommen vom indischen Miteigentümer Bajaj, das teilte das Unternehmen Donnerstagfrüh offiziell via Aussendung mit. Stefan Pierer wird nicht nur aus dem Vorstand ausscheiden, sondern alle KTM-Anteile abgeben.

Bajaj gewährt der KTM demnach ein Darlehen in der Höhe von 450 Mill. Euro, weitere 150 Mill. Euro stellen die Inder der Mutter Pierer Mobility zur Verfügung. Damit kann die Sanierungsquote finanziert werden. Im Gegenzug soll Bajaj die Mehrheit an Pierer Mobility übernehmen, Stefan Pierer scheidet aus.

Bajaj soll dabei die 100-Prozent-Mehrheit an der Pierer Bajaj übernehmen. Dieses Gemeinschaftsunternehmen von Stefan Pierer und den Indern hält derzeit 74,18 Prozent der KTM-Mutter Pierer-Mobility. Das bedeutet, dass Stefan Pierer "sein Lebenswerk" zur Gänze aus der Hand geben muss.

Die Bezahlung der 30-Prozent-Quote an die Gläubiger beläuft sich dabei auf 525 Mill. Euro, dazu kommen aber noch die Verfahrenskosten.

"Heute haben wir die Chance bekommen, die Geschichte von KTM fortzuschreiben. Gemeinsam mit unserem langjährigen Partner Bajaj konnten wir eine Strategie ausarbeiten, mit der zusätzlich zu den bereits zur Verfügung gestellten 200 Millionen Euro nochmals 600 Millionen Euro für unseren Neustart aufgebracht werden können", teilte KTM-Chef Stefan Neumeister in einer ersten Stellungnahme mit. "Die bestehenden Standorte - insbesondere unser Stammwerk in Mattighofen/Munderfing - bleiben die Basis für unseren zukünftigen Erfolg. Damit sind wir weiterhin ein wichtiger Arbeitgeber für die gesamte Region. Wir bei KTM empfinden angesichts dieser neuen, zweiten Chance tiefe Dankbarkeit und Demut gegenüber allen, die sie innerhalb und außerhalb unserer Unternehmensgruppe mitermöglicht haben."

Pierer scheidet aus Vorstand der Pierer Mobility aus

Der langjährige KTM-Chef Stefan Pierer scheidet nach Abschluss des Sanierungsverfahrens im Juni aus dem Vorstand der Mutter Pierer Mobility aus, teilte das Unternehmen weiter mit. Der Aufsichtsrat beruft Verena Schneglberger-Grossmann, die seit November 2015 für die Gruppe tätig ist, als neues Mitglied in den Vorstand, wo sie CEO Gottfried Neumeister unterstützt. "An dieser Stelle möchte ich auch Stefan Pierer im Namen aller Wegbegleiter meinen Dank aussprechen. Er hat den Grundstein für eine der bekanntesten Motorradmarken der Welt gelegt, die über eine einzigartige Community verfügt", meinte Neumeister weiter. Parallel will Bajaj 100 Prozent jener Firma übernehmen, die KTM großteils kontrolliert. Das bedeutet, dass alle wichtigen Entscheidungen künftig in Indien getroffen werden und Stefan Pierer die Kontrolle abgeben muss.

Bereits in der Nacht auf Dienstag hatte das Unternehmen bestätigt, dass es Finanzierungszusagen zur Erfüllung der 30-Prozent-Barquote im Insolvenzverfahren erhalten habe. Mit den Details hielt man sich aufgrund des laufenden Signing-Prozesses noch bedeckt, es galt aber als sicher, dass der Geldgeber der indische Miteigentümer Bajaj ist, der über die Pierer Bajaj AG an Pierer Mobility beteiligt ist. Die Nachricht hatte für Erleichterung im Innviertel und für ein Plus beim Aktienkurs von Pierer Mobility gesorgt.

Kurzer Höhenflug der Aktie

Seit Montag waren die Aktien um knapp 40 Prozent nach oben geschnellt, mit knapp 20 Euro ist der Höchststand vorerst aber wohl erreicht. Donnerstagvormittag gab die Aktie wieder leicht nach. Dies wohl auch vor dem Hintergrund, dass noch nicht klar ist, was Bajaj mit KTM vorhat und wann das Unternehmen wieder Gewinne schreiben kann. Zu Hochzeiten 2022 war der Aktienkurs bei über 80 Euro gelegen und im Zuge der Pleite auf unter zehn Euro gerauscht.

Deadline für Quote am Freitag

Ende November 2024 war KTM insolvent geworden und beantragte ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung. 1.250 Lieferanten und Banken sowie 2.600 Dienstnehmer meldeten Forderungen in der Höhe von rund 2,2 Mrd. Euro an. Der am 25. Februar von den Gläubigern mehrheitlich angenommene Sanierungsplan sieht eine Barquote von 30 Prozent vor. Das Geld - rund 600 Mio. Euro - muss demnach bis 23. Mai um 24 Uhr bei Sanierungsverwalter Peter Vogl erlegt sein, ansonsten wäre ein Konkurs unausweichlich.

Um dieses Geld aufzubringen war ein Investor nötig. Bereits im Dezember hatte die KTM-Mutter Pierer Mobility die US-Investmentbank Citigroup mit einem Suchprozess beauftragt. Bajaj war dabei immer eine Option. Das indische Familienimperium schoss nach der Insolvenz bereits mehrfach Geld zu, um Neustart und Fortführung des Werks, das von 13. Dezember bis 17. März stillgestanden war, abzusichern. Mit Anfang Mai wurde die Produktion allerdings erneut heruntergefahren, weil die Lieferketten unter der Insolvenz gelitten hatten und man keine Bauteile mehr hatte.

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Im November hatte KTM Insolvenz angemeldet
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