Skifahren ist eine Materialschlacht - nicht nur, was die Ausrüstung betrifft. Auch die Anreise findet oft inmitten einer Blechlawine auf der Autobahn statt und endet an der Talstation mit der verzweifelten Suche nach einer letzten Parkplatzlücke. Bis man in der Gondel sitzt, sind die Nerven ordentlich strapaziert worden. Ganz abgesehen davon, dass viele Autos in den Skigebieten auch viel Belastung für die Umwelt bedeuten.
Die Skischaukel Flachau-Wagrain-St. Johann, die als "Snow Space Salzburg" auftritt, will künftig mehr Touristen, aber auch Tagesgäste dazu bringen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Bisher sind es magere acht Prozent der rund 700.000 Wintergäste, die mit Zug oder Bus kommen. 84 Prozent setzen sich nach wie vor ins Auto, der Rest reist per Flugzeug an.
"70 Prozent der CO2-Emissionen beim Skiurlaub kommen von der Anreise", sagt Wolfgang Hettegger, Vorstand der Snow Space Salzburg Bergbahnen am Donnerstag bei der Präsentation einer neuen Kooperation mit den ÖBB. Damit und mit etlichen weiteren Initiativen und Investitionen will das Salzburger Skigebiet den Anteil der Zug- und Busgäste binnen fünf Jahren verdoppeln. 1,5 Mill. Euro - um 30 Prozent mehr als im Vorjahr - fließen in der soeben gestarteten Skisaison 2019/20 in klimafreundlichere Mobilitätsangebote. Konkret werden die ÖBB ab 23. Dezember und bis 13. April drei Direktzüge mehr anbieten - zusätzlich zu den bereits zwei täglichen direkten Railjet-Verbindungen von Wien bzw. Linz oder Salzburg nach St. Johann (und weiter nach Saalfelden). Angeboten werden vergünstigte Kombitickets mit Fahrkarte und Skipass, am Bahnhof wartet ein Gratis-Shuttlebus ins Skigebiet.
Es gehe nicht darum, mit erhobenem Zeigefinger die Gäste zu klimafreundlichem Verhalten zu bringen, betont Hettegger. Es gehe um stressfreies und komfortables Reisen. Künftig soll auch die Skiausrüstung beim Kombiticket einfach mitzubuchen sein. Wer mit den eigenen Brettln anreist, dem rät ÖBB-Fernverkehrsleiter Kurt Bauer, auf die Haus-zu-Haus-Gepäckzustellung zurückzugreifen (ab 21 Euro pro Gepäckstück und Strecke). Engpässe beim Skitransport befürchtet er nicht. Im Winter seien die Radstellplätze im Railjet meist frei.
Kombitickets mit Skipass und ÖBB-Zugkarte gibt es freilich schon länger und in etliche andere Skigebiete von St. Anton bis Stuhleck. Neu dazu kommt die Kombination mit Nachtzügen, die die ÖBB derzeit ausbauen und europaweit ausrollen. In Zusammenarbeit mit dem Fachverband der Seilbahnen und der Tirol Werbung kann ab Jänner unter dem Motto "Im Nightjet zum Schnee" die Anreise in vier Tiroler Skigebiete aus Wien oder Hamburg bzw. Düsseldorf nach Innsbruck gebucht werden - inklusive Skipass, Shuttlebus ins Hotel und nach Bedarf mit vergünstigtem Skiverleih. Ziele sind St. Anton am Arlberg, die Skiwelt Wilder Kaiser-Brixental, St. Johann in Tirol und der Stubaier Gletscher. Weitere sollen folgen. Das günstigste Angebot sieht aber nur einen Sitzplatz im Nachtzug vor. Der Liegewagen kostet extra.
Schon viele Jahre auf das Thema sanfte Mobilität im Tourismus setzen die Alpine Pearls. 2006 gegründet, setzt der Verbund aus mittlerweile 23 Tourismusorten in Österreich, der Schweiz, Frankreich und Italien auf umweltfreundlichen Urlaub - eben durch die Anreise im Zug und vor Ort garantierte Mobilität mit Shuttlebussen oder Elektrofahrzeugen. In Österreich sind Hinterstoder, Mallnitz, Neukirchen am Großvenediger und Werfenweng mit dabei.
In Mallnitz etwa liegt der Einstieg zur Langlaufloipe nur 150 Meter vom Bahnhof entfernt. Jeder zehnte Besucher komme mittlerweile mit der Bahn, sagt Peter Angermann von Alpine Pearl Mallnitz. In Werfenweng ist der Anteil der Bahnanreisen bei den Urlaubern auf mehr als 20 Prozent gestiegen. 70 Prozent der 2000 Gästebetten im Ort seien mit den umweltfreundlichen Mobilitätsangeboten verknüpft, sagt Bürgermeister Peter Brandauer. Wichtig sei ein Zusammenspiel aller Kräfte im Ort, im Winter etwa mit dem Skiverleih, um gepäckarme Produkte entwickeln zu können. Hoteliers, die einen Parkplatz auflassen, dürfen im Gegenzug dafür 12,5 Quadratmeter mehr verbauen. "Man muss am Thema dranbleiben und ständig neue Anreize schaffen", betont Brandauer.
Mehr davon würde sich der Bürgermeister für die Tagesskigäste wünschen. Die privat geführten Bergbahnen im Ort hätten vergünstigte Skitickets für Öffi-Fahrer bisher jedoch abgelehnt. So reisten die Tagesskigäste nach wie vor zu fast 100 Prozent mit dem Auto an.
Schweiz Tourismus vermarktet "autofreie Ferienorte": Auch der Flixbus fährt ins Skigebiet
In der Schweiz hat Bahnfahren traditionell einen hohen Stellenwert. Mit 2277 zurückgelegten Bahnkilometern pro Kopf und Jahr (2016) sind die Schweizer Weltmeister im Zugfahren. Entsprechend großes Augenmerk legt man auch im Tourismus auf die Anreise im Öffi und einen verkehrsberuhigten Urlaub. Elf Destinationen - darunter so berühmte Wintersportorte wie Zermatt, Saas-Fee oder Wengen - werden von Schweiz Tourismus als "autofreie Ferienorte" vermarktet. Mir dem "Swiss Travel Pass" gibt es eine All-in-one-Karte für Bahn, Bus und Schiff.
Auch Flixbus hat die Skigebiete als Geschäftsmodell im Programm. Seit 2013 etwa verbinden die grünen Fernreisebusse den Münchner Flughafen mit Innsbruck. Auf der Strecke macht Flixbus Halt in Garmisch-Partenkirchen (ab 19,99 Euro), Mittenwald und Seefelden. Seit 2016 erreichen Reisende aus Österreich auf der Strecke Graz-Salzburg unter anderem die Vier-Berge-Skischaukel in Schladming. Eine Fahrt von Salzburg nach Schladming ist ab 7 Euro möglich. Genutzt werde das Angebot vor allem von Jüngeren, steigende Nachfrage gebe es aber auch von Familien, heißt es bei FlixBus. Große Gruppen können für einen gemeinsamen Skitag einen ganzen Flixbus mieten.