So dramatisch teuer ist Wohnraum
Toxischer Mix aus aufgeblähten Immobilien- Preisen, heftig gestiegenen Kreditraten und stagnierenden Einkommen lastet auf dem Land.

"Was sich aktuell auf dem Wohnungsmarkt abspielt, kommt radikalem Marktversagen gleich." Andreas Ederer, Immobilienexperte bei der Vergleichsplattform Durchblicker, bemüht drastische Worte, um die Dringlichkeit politischer Eingriffe in den Wohnungsmarkt zu unterstreichen.
Die Vergleichsplattform hat erstmals im Detail durchgerechnet, was die aufgeblähten Immobilienpreise und nun massiv steigenden Zinsen für die Menschen im Land bedeuten. Der Preis einer hochwertigen 90-Quadratmeter-Wohnung in guter Lage im dritten Wiener Bezirk - der Ort ist austauschbar, das Preisniveau etwa in der Stadt Salzburg im Neubau noch höher - hat sich demnach seit 1997 von 241.000 auf 750.000 Euro mehr als verdreifacht. Parallel schnellten zuletzt die Leitzinsen in historisch nie da gewesener Form nach oben - von null auf nunmehr 4,25 Prozent in nur einem Jahr.
Wohnraum wurde zum Luxusgut - auch für Besserverdiener
Das führt zu einer Kreditrechnung für besagte 90-Quadratmeter-Wohnung, die bei einem aktuellen Kauf selbst für Besserverdiener nicht mehr zu stemmen ist. Die monatliche Belastung für einen neuen Kredit würde 3427 Euro betragen, weil die Wohnung heute drei Mal so teuer ist und die variablen Zinsen effektiv mittlerweile über fünf Prozent liegen. Damit frisst die Wohnungsfinanzierung selbst bei einem Haushalt mit netto 6800 Euro im Monat mehr als die Hälfte des monatlichen Einkommens auf. Bei einem Haushalt mit 4958 Euro pro Monat sind es gar 69 Prozent. Wohnraum sei zum Luxusgut geworden und selbst für Besserverdiener heute kaum noch zu finanzieren, sagt Ederer. Abgesehen davon, dass man in beiden Fällen gar keinen Kredit bekäme, weil die Vorschriften unter anderem vorsehen, dass maximal 40 Prozent des Haushaltseinkommens dafür aufgewendet werden dürfen.
Markt und Politik versagten
Die strengen Kreditvorgaben, die seit Monaten kritisiert würden, seien in Wahrheit aber längst ein Nebenaspekt, meint Ederer. Vielmehr versage der Markt und es sei an der Zeit, dass die Politik die Rahmenbedingungen offensiv gestalte. Der Immobilienexperte drängt darauf, dass der Neubau gerade im geförderten Wohnbau stark erhöht werde. Tatsächlich haben die Länder in der Niedrigzinsphase die Aufwendungen für den sozialen Wohnbau stark zurückgefahren. Berechnungen der geförderten Wohnbauträger zeigen, dass vor 25 Jahren die Mittel für den geförderten Wohnbau in den Landesbudgets 2,3 Milliarden Euro betrugen - das waren 1,4 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung (BIP). Zuletzt waren es gerade noch 1,8 Mrd. Euro oder 0,4 Prozent des BIP. Die gemeinnützigen Wohnbauträger forderten deshalb zusätzliche 1,6 Mrd. Euro der Länder für den geförderten Wohnbau. So würde die Quote wieder auf ein Prozent des BIP steigen.
Reallöhne sind kaum gestiegen
Zweitens fordert Ederer auch heuer gute Lohnabschlüsse und lenkt die Aufmerksamkeit auf einen vielfach zu wenig beachteten Aspekt. Die Reallöhne der Menschen im Land sind in den vergangenen 25 Jahren kaum gestiegen und kommen mit den Preisschüben bei den Immobilien bei Weitem nicht mit. Vom Jahr 2000 bis 2022 betrug der jährliche Reallohnzuwachs gerade einmal 0,1 Prozent. Nach herben Verlusten im Vorjahr steigen die Reallöhne heuer erstmals seit Langem wieder deutlich - ein schwacher, aber immerhin ein Trost. Ederer fordert zudem, dass die Zinsanstiege der Notenbanken ein Ende haben müssten.
Kreditnehmern, die unter dem massiven Anstieg der variablen Zinsen leiden, rät Ederer, einen Umstieg auf Fixzinsen in Erwägung zu ziehen. Die sind derzeit nämlich günstiger als variable. Das birgt freilich das Risiko, dass die Zinsen nächstes Jahr wieder sinken könnten. Weiters sei ratsam, mit der Bank wenn möglich über eine längere Laufzeit zu reden. Wer Mittel für Sondertilgungen hat, sollte dies nutzen, weil es die Kreditrate senkt.