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So will die Regierung die Inflation zähmen

Energieversorger sollen mit höherer Gewinnabschöpfung und der Lebensmittelhandel mit strengeren Wettbewerbsregeln und Preistransparenz an die Kandare genommen werden.

Zwei Tage nach dem von Sozialminister Johannes Rauch einberufenen Lebensmittelgipfel haben die Spitzen der Koalition am Mittwoch ein Bündel von Maßnahmen vorgelegt, mit dem man den hohen Preisen zu Leibe rücken will. Dabei setzt die Regierung den Hebel vor allem bei den Energiepreisen an, weil man damit an der Wurzel anpacke. "Die müssen jetzt runter", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer. Niedrigere Energiekosten entlasteten alle Wirtschaftsbereiche, damit fielen auch dort Argumente für hohe Preise weg, sagte der Kanzler.

Für Vizekanzler Werner Kogler geht es um einen Lastenausgleich, um jenen zu helfen, die die hohe Teuerung kaum stemmen könnten. Zudem müsse man die hohe Inflation auch deshalb bekämpfen, weil Österreich sonst an Wettbewerbsfähigkeit verliere. Das gehe nicht über Nacht, wirke aber wie ein zu hoher Blutdruck schleichend negativ.

Energiekonzerne

Weil einige Energieversorger die Preissenkungen im Großhandel noch nicht weitergegeben haben, will die Regierung die Gewinnabschöpfung verschärfen. Seit Dezember wird in Österreich über einem Durchschnittspreis von 140 Euro je Megawattstunde abgeschöpft bzw. ab 180 Euro, wenn Unternehmen in Ökoenergie investieren (was alle Landesversorger tun). Das soll laut Regierung bis Jahresende rund zwei Milliarden Euro bringen. Nun will sie ab einer Preisgrenze von 120 bzw. 160 Euro hingreifen. EU-rechtlich ist das möglich. Ziel ist laut Nehammer, das Energiekrisenbeitragsgesetz bis Juni zu ändern.

Damit steigt der Druck auf Landesversorger, Strom- und Gastarife rasch zu senken. Der teuerste Anbieter muss laut Nehammer um ein Drittel billiger werden. Laut E-Control hatte die Energie Burgenland zuletzt die höchsten Haushaltstarife, bei einigen Versorgern stehen Preiserhöhungen bevor, andere wie die Salzburg AG senken ab Juni.

Wer einen intelligenten Stromzähler hat, kann eine monatliche Rechnung verlangen, generell kommt ein Recht auf halbjährliche Anpassung der Vorauszahlungen. Zusätzlich müssen die Verbraucher ein Mal jährlich auf die Wechselmöglichkeiten und den Tarifkalkulator der E-Control hingewiesen werden. Die Vergleichsplattform wird gestärkt, indem die Versorger künftig Tarifänderungen schneller und klarer melden müssen.

Die Extragewinne gehen in einen Topf, auf den Gemeinden zugreifen können, die auf Gebührenerhöhungen verzichten. Der Bund wird seinen Gebührenstopp verlängern.

Lebensmittel

Um die Lebensmittelpreise zu dämpfen, setzt die Regierung auf mehr Wettbewerb im Handel, der eine hohe Konzentration aufweist. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) soll mit einschlägigen Experten Maßnahmen für mehr Transparenz erarbeiten. Zudem wolle die Regierung die Befugnisse der BWB im Zusammenhang mit Branchenuntersuchungen erweitern und die Fusionskontrolle verschärfen, sagte Kogler. Die Behörde werde auch zehn weitere Planposten erhalten.

Mehr Transparenz soll es auch durch einen regelmäßigen Bericht geben, in dem die Einkaufspreise des Handels anhand definierter Lebensmittel veröffentlicht werden. Basis ist die Agrarmarkttransparenzverordnung, in der vorwiegend Milchprodukte angeführt sind, diese Liste könnte möglicherweise um andere Artikel erweitert werden.

Um die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen, muss der Handel ausweisen, welche Mengen er als Sachspenden an gemeinnützige Organisationen weitergibt und wie viel vernichtet wird. Die Regierung stellt zur Unterstützung der Logistik zehn Mill. Euro bereit.

Reaktionen

Die E-Wirtschaft reagierte indigniert auf den neuen Staatseingriff. Die Gewinnabschöpfung wirke nicht inflationsdämpfend, so Michael Strugl, Verbund-Chef und Präsident des Branchenverbandes Oesterreichs Energie. Bessere wäre es, den Strompreis temporär vom Gaspreis zu entkoppeln, was freilich nicht Sache Österreichs sei. Die Auswirkung der jetzt angekündigten Regelung könne man erst abschätzen, wenn Details vorliegen.

Lob für die Maßnahmen, insbesondere im Energiebereich, kommt von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Die Größe des Pakets sei angesichts fast zweistelliger Inflationsraten aber zu klein: "Das wird nicht das letzte Paket gewesen sein." Fiskalrats-Chef Christoph Badelt forderte zusätzlich Sozialmaßnahmen und mehr Druck auf den Lebensmittelhandel. IHS-Direktor Klaus Neusser erwartet durch das Paket "keinen großen, aber einen nachhaltigen Beitrag" zur Inflationsdämpfung.

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KOMMENTARE (1)

Eva Schwaiger

Gewinnabschöpfungen werden, wenn überhaupt sehr verspätet an Endverbraucher weiter gegeben. In anderen Ländern wurde Zeitgerecht gegen Teuerungen und hohen Inflation vorgegangen. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr warnt die heimische Politik, die Folgen der hohen Inflation zu unterschätzen. Lasse man "die Sache laufen", ergehe es Österreich wie den "Südländern" der Eurozone nach dem Euro-Beitritt, schrieb Felbermayr am Dienstag auf Twitter. "Damals sind dort die Preise jenen der 'Nordländer' davongelaufen, mit den bekannten desaströsen Folgen." // Hr. Felbermayr hat Durchblick, Weitblick und Klugheit vor zu weisen. Hat beinahe Raritätenwert im derzeitigen Chaos !!
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