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Spitzenköche sehen Vorgaben zur veganen Kochlehre kritisch

Bei der Ausbildung zur "Fachkraft für vegetarische Kulinarik" sind noch viele Fragen offen.

13 Anträge für die neue Lehre wurden gestellt.
13 Anträge für die neue Lehre wurden gestellt.

Das Tian ist mit vier Hauben das höchstdekorierte vegetarische Restaurant in Österreich. Seit dieser Woche bildet Paul Ivić, "Chef" des Tian, erstmals einen Lehrling aus, eine zweite junge Frau stößt demnächst dazu. 18 Bewerbungen gab es für die vegetarische bzw. vegane Kochlehre, mehrheitlich von Frauen, alle volljährig und mit dem Thema vertraut, sagt Ivić am Dienstag bei einem gemeinsamen Auftritt mit Parvin Razavi, Küchenchefin des &flora. Auch in diesem Drei-Hauben-Restaurant in Wien wird vor allem Gemüse serviert, dort startet im September eine von drei Bewerberinnen erstmals eine vegetarische Lehre. Die 31-Jährige habe schon Erfahrung in Gastronomie und Hotellerie, sei seit der Kindheit Vegetarierin, erzählt Razavi. Das &flora hat bereits einen Kochlehrling, der aber auch an der vegetarischen Küche interessiert sei.

Paul Ivic
Paul Ivic

Die Sorge der beiden Chefs: Das - ohnehin mit sechsmonatiger Verspätung gestartete - Pilotprojekt lege den Schwerpunkt weiter zu sehr auf die österreichischen Nationalgerichte. "Ich habe den Eindruck, wir veganisieren die österreichische Küche", sagt Razavi. Vegane Rindsrouladen oder Eierspeis mit Pulver könnten nicht das Ziel sein. "Dann gibt es halt keine Eierspeis, sondern Gemüse. Wir werden keine Fleisch- oder Fischersatzprodukte anbieten", sagt die Spitzenköchin.

"Österreich hat eine gute Kochlehre, sie ist aber nicht mehr am Puls der Zeit", kritisiert auch Ivić. Kochen werde auf Fleisch reduziert, aber es gehe "um Lebensmittel, um ein Grundverständnis, woher sie kommen, um Kochtechnik, um Hygiene, um Ernährung". Dinge wie Tofuschnitzel, Buffets und einen Lachs aus Karotten nachbauen, sollten die Berufsschulen lehren, wenn man es für notwendig halte, fordert er, und: "Lasst uns das Richtige ausbilden." Die Gastronomie habe angesichts ihrer Nachwuchsprobleme die Aufgabe, die Jugend zu verstehen. Statt über die schwierigen Arbeitszeiten zu jammern, sollte die Branche die einzigartigen Möglichkeiten hervorstreichen, die der Beruf biete. Bedauerlich findet der Tian-Chef, dass "viele tolle Betriebe nicht ausbilden dürfen", sei es, weil sie nur vier Tage oder nur am Abend offen hätten. Und dass seine Lehrlinge nach der Ausbildung keine Köchinnen sind, sondern nur "Fachkräfte für vegetarische Kulinarik".

Parvin Razavi
Parvin Razavi

Um die Ausbildung anzubieten, brauchen die Betriebe einen Feststellungsbescheid. "Die Nachfrage ist überschaubar", sagt Alois Rainer, Obmann der Sparte Gastronomie in der Wirtschaftskammer. Ihm sei aber jeder Lehrberuf recht, "der neue Leute in unsere Branche bringt". 13 Anträge wurden bisher gestellt, davon sieben in Wien und vier in der Steiermark.

Etliche Details zur Ausbildung sind laut der &flora-Chefin noch unklar, etwa wie die Berufsschulen damit umgehen werden. Noch werde das Thema der veganen und vegetarischen Küche dort oft belächelt.

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