Erdnüsse zu schälen braucht vor allem eines - viel Zeit. Eine Stunde müssten selbst geübte Hände schuften, um nur ein Kilo Nüsse aus der Schale zu lösen, sagt Athanas Matheka, Gründer und Geschäftsführer des Kenianischen Erdnuss- und Honigverarbeiters Greenforest Foods. Dass seine Firma eine Maschine anschaffte, die die Schälarbeit von gleich 62 Menschen erledigt, habe durchaus unerwartete Folgen gehabt: Der Dorflehrer eines Ortes im Norden Kenias, in dem viele seiner kleinbäuerlichen Erdnuss-Lieferanten leben, habe ihm berichtet, dass seine Schüler - die in landesweiten Wettbewerben bisher stets auf einem der schlechtesten Plätze landeten - mit einem Mal zu den Besten zählten.
"Statt am Abend mit ihren Eltern Erdnüsse schälen zu müssen, konnten die Kinder ihre Aufgaben machen und das Einmaleins lernen", erzählt Matheka. Das Einkommen ihrer Eltern sei dennoch nicht gesunken, im Gegenteil: Durch hochwertigere Nüsse machten sie bessere Geschäfte.
Dass Matheka, gelernter Lebensmitteltechniker und zuvor Manager im Unilever-Konzern, heute Marktführer für Erdnüsse und Honig in Kenia ist, und vor allem mehr als 3000 kleinbäuerlichen Familien ein Einkommen sichert, verdankt er auch österreichischen Geldgebern. Möglich gewesen sei die Investition 2014 durch ein Darlehen von 77.000 Euro von Oikocredit, einer weltweit tätige Genossenschaft, die Kleinkredite an einkommensschwache Menschen vergibt, um sie zur Selbsthilfe zu animieren. "Wir brauchten auch Anlagen zur Verpackung der Erdnüsse und zur Abfüllung des Honigs", betont der Firmenchef.

Ein eigenes Unternehmen zu gründen, das sei schon als Kind sein Traum gewesen. Gleich am Tag nach der Hochzeit mit seiner jetzigen Frau Catherine Mutiso habe er 1996 daher losgelegt, sagt Matheka: Mit einem Startkapital von umgerechnet gerade einmal 130 Euro und einem kleinen Supermarkt in Kenias Hauptstadt Nairobi. Die Idee, Nüsse und Honig zu vertreiben, kam ihm Jahre später. "Von einem Besuch im Südosten des Landes habe ich zwei 30-Kilo-Container Honig mitgebracht, die ich in meinen Laden stellte." Wenig später habe ein einziger Kunde die gesamte Menge aufgekauft. Schon bald füllte Matheka Honig in Gläser ab und bastelte eigene Etiketten. Der Name "Greenforest Foods" war geboren - und die Idee Honig und Nüsse aus Kenia zu vertreiben.
Die habe es zuvor im Handel fast ausschließlich als Importe aus dem Ausland gegeben. "Honig und Erdnüsse haben in Kenia sehr wohl Tradition, verkauft wurden sie aber nur auf lokaler Ebene", erklärt Matheka. Gefehlt habe nicht nur ein effektiver Vertrieb, auch die Qualität der Nüsse stimmte meist nicht. Gemeinsam mit Oikocredit setzte Greenforest darauf, Bauern zu schulen und geeignetes Saatgut anzubieten.
"Drei Viertel unseres Landes sind trocken, für Bauern gibt es da oft nicht viele Verdienstmöglichkeiten und der Klimawandel und zunehmende Dürre verschärfen die Situation noch weiter", erklärt Matheka. Erdnüsse hätten da - gerade in Gebieten im Norden Kenias - den Vorteil, dass sie nur zu Beginn viel Wasser benötigen, dann aber anspruchslos seien. Und für Honig, der vor allem im Südosten Kenias gewonnen wird, habe das Fehlen von intensiver Landwirtschaft sogar einen entscheidenden Vorteil: "Dadurch, dass sich keine industrielle Landwirtschaft rentiert, gibt es auch keinen Einsatz von Pestiziden. Der Honig ist also wirklich bio."
Und: Die afrikanische Biene sei weit widerstandsfähiger als ihre europäischen Artgenossen.
39 Mitarbeiter arbeiten heute in Mathekas Werk in Nairobi, mehr als 800.000 Euro wolle man heuer umsetzen. Zuletzt habe man etwa eine große Airline als Kunden für kleine Erdnuss-Beutel gewonnen.
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze
Mehr als 3000 Kleinbauern mit zumeist nicht mehr als einem Hektar Land sichere man mittlerweile das Einkommen, und das in ländlichen Regionen, in denen weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt.
"Für einen Bauern in Kenia bringen heute 90 Kilo Honig den gleichen Ertrag wie eine Kuh", sagt Matheka. Auch Erdnüsse lieferten weit stabilere Einkommen als etwa der Anbau von Mais. Längerfristig sei auch der Export nach Europa ein Thema. Und eine nachhaltigere Produktion: Statt wie bisher ausschließlich auf Plastik-Verpackung, wolle man etwa beim Honig auf Gläser setzen. Problem dabei: "In Kenia gibt es derzeit nur ein einziges Unternehmen, das Gläser herstellt."
Die Wirtschaft in ländlichen Regionen zu stärken, hält Matheka für unumgänglich, um Migrationsströme aber auch den ungebrochenen Zuzug in die Städte zu stoppen. "Wenn auf dem Land viele neue Arbeitsplätze entstehen, dann bleiben die Menschen auch dort. Dann müssen diese Menschen nicht in die Städte ziehen - so lassen sich Druck und soziale Probleme vermeiden", ist er überzeugt.
Menschen vor Ort zu unterstützen ist auch der Grundgedanke von Oikocredit. Aktuell hat die Genossenschaft mehr als eine Milliarde Euro an Krediten vergeben, 86 Prozent im Form von Kleinstkrediten hauptsächlich an Frauen. Die Idee: Nicht durch Spenden, sondern durch rückzahlbare Kredite sollen sich Menschen selbst eine wirtschaftliche Zukunft aufbauen
Das Geld kommt von 57.000 Anlegern. 6300 Investoren sind es in Österreich, die zusammen fast 130 Millionen Euro angelegt haben. Die Dividende wird jedes Jahr in der internationalen Generalversammlung beschlossen, es sind aber maximal zwei Prozent. Die Ausfallsquote der Kreditrückzahlungen liegt seit vielen Jahren bei unter einem Prozent.
21,8 Milliarden flossen in nachhaltige Anlageformen
Dass sich immer mehr Kunden nicht mehr nur dafür interessieren, dass ihr Vermögen wächst, sondern auch dafür, was es bewirkt, ist ein allgemeiner Trend. Das Thema nachhaltige Anlage boomt. Das Wachstum ist rasant: Allein im Vorjahr sind die Nachhaltigen Geldanlagen in Österreich um 43 Prozent auf eine Gesamtsumme von 21,8 Milliarden Euro gestiegen, so die jüngsten Daten des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Vor allem nachhaltige Fonds und Anlageformen hätten deutlich zum konventionellen Markt aufgeholt. Sie machen laut FNG bereits knapp 13 Prozent des gesamten Investmentfondsmarktes in Österreich aus.