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Frauen können genauso gut moderieren wie Männer. Punkt.

Gönnerhaft beklatscht der Westen Iranerinnen, die ins Stadion dürfen. Gleichzeitig wird eine deutsche Moderatorin übel bedroht.

Karin Zauner

Wir hier, die wir im liberalen Europa leben, haben uns mit den Iranerinnen gefreut, dass sie vergangene Woche erstmals seit 40 Jahren wieder in ein Fußballstadion durften, um bei der Fußball-Weltmeisterschaft zumindest via Public Viewing ein Spiel mitzuerleben. Möglicherweise war das der Anstoß, im Iran den Stadionbann für Frauen generell zu brechen. Gleichzeitig mit der manchmal etwas gönnerhaft wirkenden Freude mit Frauen, die nun im Iran öffentlich Fußball schauen oder in Saudi-Arabien Auto fahren dürfen, würden bei uns viele Fußballanhänger Frauen gerne verbannen.

Nicht anders ist zu erklären, wie die einzige Moderatorin von Weltmeisterschafts-Fußballspielen im deutschsprachigen Raum, Claudia Neumann, aufs Übelste beschimpft wird. Beleidigungen Neumanns wie "Donnerfotze" sind jene, die ihr Sender, das ZDF, veröffentlicht und die man an dieser Stelle gerade noch zu schreiben wagt. Mehr Dreck sei hier niemandem zugemutet. Das zeigt, welch blanker Hass, gemischt mit Frauenfeindlichkeit und Sexismus, sich hier seinen Weg ins Netz bahnt. War da nicht gerade etwas mit #metoo, Harvey Weinstein und gestürzten Politikern? An manchen Fußballanhängern scheint dies unbemerkt vorbeigegangen zu sein. Pardon, es sind nicht manche, es sind so viele, dass das ZDF seine Social-Media-Abwehrtruppe zur WM verstärkt hat. Denn der Sender hat Erfahrungen, da Neumann auch schon bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren moderiert und schon damals einen Shitstorm ausgelöst hat.

Ja, man darf kommentierende Männer wie Frauen kritisieren. Ja, Frau Neumann macht Fehler - wie andere auch. Und ja, man darf Moderatoren mögen oder auch nicht, um dann wahlweise den Sender zu wechseln oder den Ton abzudrehen. Die Frage ist aber eine andere. Warum wird eine Moderatorin derart widerwärtig angegriffen, wie dies bei ihren männlichen Kollegen niemals der Fall war oder ist? Deutsche und Österreicher rümpfen die Nase, wenn die Kleriker im Iran bestimmen, die Frauen dürften nicht ins Stadion, um sie vor unflätigen Fußball-Anhängern zu schützen. Hier wird einer Moderatorin mit Vergewaltigung gedroht, weil sie ein Spiel kommentiert.

Die Fußballexperten in der SN-Sportredaktion sind keine Neumann-Fans, aber fachlich, sagen sie, sei die Frau so gut wie ihre männlichen Kollegen. Warum sie selbst die Moderatorin nicht so gerne hören, liegt ihrer Meinung daran, dass man Fußball moderierende Frauen nicht gewohnt ist. Tatsächlich sind Fußballmoderatorinnen und Sportjournalistinnen generell dünn gesät. Hier haben die Verantwortlichen dringenden Handlungsbedarf. Denn zwei Dinge sind gewiss: Frauen sind keinesfalls aufgrund ihres Geschlechts beim Moderieren von Fußballspielen schlechter als Männer. Aber einige Fußballfans sind widerwärtig und machen das schöne Spiel Fußball kaputt.