Als Sensation wird schnell einmal etwas im Sport tituliert - was sich aber am Samstag im Damen-Super-G von Pyeongchang abgespielt hat, dafür greift selbst der Begriff Sensation zu kurz. Lange Zeit sah Anna Veith wie die sichere Siegerin aus - die Salzburgerin wurde von TV-Station zu TV-Station gereicht und bekam auch schon Gratulationen von IOC-Präsident Thomas Bach und Lindsey Vonn, ehe diese ohnedies schon hollywoodreife Geschichte noch einmal überboten wurde: Die Tschechische Snowboarderin und Teilzeit-Skifahrerin Ester Ledecka, die bis heute einen 19. Platz als beste Listung im Super-G aufzuweisen hatte, fuhr mit beherzter Fahrt zu Gold - und schnappte Anna Veith diese Medaille um 0,01 Sekunden vor der Nase weg.
Ledecka stand lange regungslos im Zielraum und jubelte gar nicht, meinte auf Zurufe nur: "That must be a mistake"- nein, es war kein Fehler mit der Zeitnahme, es war eine der größten Sensationen der Olympia-Gesichte. Denn die 22-Jährige kam aus ganz anderen Gründen nach Pyeongchang: Sie wollte das Kunststück zu Wege bringen, im Snowboard und im alpinen Skisport anzutreten. Die Medaille war für Snowboard eingeplant. Daher wird sie vermutlich gar nicht die Damen-Abfahrt am Mittwoch bestreiten, da will sie schon wieder auf dem Snowboard trainieren.
Dass Anna Veith danach sprachlos war, ist verständlich. Dennoch nahm sie Silber als Erfolg auf. "Mein Weg zurück war so lange und so hart, dass ich das hier als riesengroßen Erfolg und Freude sehe."
Österreich hält damit zur Halbzeit der Spiele bei neun Medaillen, die 10. Medaille scheint für Janine Flock im Skeleton-Bewerb reserviert zu sein. Danach versuchen die Skispringer auf der Großschanze ihrer Krise davonzufliegen. Insgesamt liegt man vor den Erwartungen, die ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel mit 15 Medaillen angegeben hat.