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Ein Haus der Geschichte für Europa - und tausend Fragen

Die Geschichte eines Landes zu erzählen ist schwierig - und noch mehr die Europas. Taja Vovk van Gaal schafft das.

Monika Graf
Taja Vovk van Gaal.
Taja Vovk van Gaal.

Es ist schwierig, rund um die Eröffnung des neuen Hauses der Europäischen Geschichte die Leiterin des Projekts, Taja Vovk van Gaal, zu treffen. "Unmöglich" heißt es aus dem EU-Parlament, das die Idee des Museums geboren und nach zehn Jahren und 55 Millionen Euro Realität hat werden lassen: "Alle sind total im Stress." Danach muss die gebürtige Slowenin (Vovk bedeutet Wolf und Taja ist angelehnt an den österreichische-tschechischen Grenzfluss Thaya), in zweiter Ehe verheiratet mit einem Niederländer, tatsächlich eine Pause einlegen. Doch dann geht sich ein Frühstück im Café des Museums aus - in der einstigen Eastman-Zahnklinik im Park Leopold, einem Jugendstilgebäude, das das Haus der Europäischen Geschichte jetzt beherbergt.

Die Historikerin und Soziologin ist seit mehr als 20 Jahren im Museumsgeschäft, hat das Stadtmuseum in Laibach aufgebaut und geleitet, war in der Europäischen Kulturstiftung. Seit 2011 widmet sie sich mit einem zehnköpfigen wissenschaftlichen Beirat der fast unlös baren Frage, wie sich die europäische Geschichte darstellen lässt. "Das Schwierigste war, die Neigung jedes Kurators zu bremsen, so viel wie möglich zusammenzutragen", sagt sie. An Auswahl mangelte es in Europa mit seinen 45.000 Museen und zehn bis 15 Prozent der weltweit ausgestellten Exponaten ja nicht. Entsprechend schwer fiel die Wahl.

Das Haus der Europäischen Geschichte lebt nicht von den 1000 ausgestellten Objekten, auch wenn viele einzigartig sind. Etwa der durchlöcherte Pullover eines jungen Rumänen, der in den letzten Revolutionstagen 1989 umgebracht wurde. Oder eine der Pistolen aus dem Heeresgeschichtlichen Museum, mit der möglicherweise Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo erschossen wurde. Solche Stücke sollen unterstreichen, was auf den sieben Etagen und 4000 Quadratmetern über die jüngere europäische Geschichte erzählt wird. Vovk van Gaal zweifelt keine Sekunde, dass ein Museum ein interessantes Instrument ist, um die unterschiedlichen Perspektiven zu zeigen, aus denen Ereignisse und Fakten wahrgenommen werden. Das auf seine Art einzigartige Haus der Geschiche werfe mehr Fragen auf, als es Antworten gebe, denn "bei Europa ist nichts in Stein gemeißelt", nicht einmal die geografischen Grenzen, sagt sie. In einigen Monaten wird man wissen, ob das Konzept aufgeht. Das Interesse ist groß: Am ersten Tag kamen 3000 Besucher, seither sind es 900 täglich.

Was viele beeindruckt: dass es Erklärungen zur Ausstellung in allen 24 EU-Sprachen gibt - auf Tablets, die man am Eingang erhält. Das ist Vovk van Gaal wichtig, denn die Muttersprache sei Teil der Identität, auch wenn man sich in anderen Sprachen ausdrücken könne.