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Ein nobles Leben zwischen Weltausstellung und SOS-Kinderdorf

Was die gebürtige Wienerin und Wahlbelgierin Barbara Francois so erzählt, klingt wie aus einem modernen Märchen.

Monika Graf
Barbara Francois beim Interview mit SN-Redakteurin Monika Graf (r.).
Barbara Francois beim Interview mit SN-Redakteurin Monika Graf (r.).

Es gibt Österreicher, die lange in Brüssel sind. Es gibt auch welche, die schon sehr lange hier sind.

Und es gibt Barbara Francois.

Sie ist nach Brüssel gekommen, als der Kongo noch belgisch war, der König Baudouin hieß und die EU aus sechs Mitgliedern bestand.

Die damals 21-Jährige hat bei der Weltausstellung in Brüssel 1958 - für die übrigens das Atomium gebaut wurde - gearbeitet, und zwar im österreichischen Pavillon, der heute in Wien steht und ein Museum beheimatet.

"Der Pavillon war ein Renner", erzählt Francois beim Frühstück in ihrem Büro am Hauptsitz von SOS-Kinderdorf Belgien, dessen Präsidentin sie bis voriges Jahr war. Der Grund waren die Meisterklassen, die berühmte Opernsänger und Musiker dort live abhielten. In der Menge der Zuhörer und Zuschauer hat sie, eine geborene (von) Schmidburg, auch ihren ersten Mann kennengelernt: Comte Jean-Pierre de Launoit, Spross einer reichen belgischen Adelsfamilie.

Er, wie sein Vater ein Musikliebhaber und Mäzen, war lange Präsident des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs, eines der wichtigsten Musikwettbewerbe der Welt. Die Familie hat auch den Grundstein für das SOS-Kinderdorf in Belgien und Luxemburg gelegt. Alle drei Söhne sind heute im belgischen Kulturleben aktiv.

Vieles, was Barbara Francois erzählt, klingt wie aus der Zeit gefallen. Dass sie das belgische Königspaar Baudouin und Fabiola 1971 auf seiner Reise nach Wien und Salzburg begleitet - als "Hofdame, das war damals noch üblich" - und man in der Staatsoper "Don Giovanni" gab. Dass Belgien in den goldenen 1960er-Jahren ein tolles Land war, zwar zweisprachig, aber nicht so strikt zweigeteilt wie heute.

Das meiste, was sie sagt und macht, spielt aber ganz im Heute. Das iPhone stellt sie leise, damit die hereinkommenden Mails nicht stören. Sie kümmert sich als Ehrenpräsidentin weiter um Hinterlassenschaften und Spenden für das Kinderdorf und um die Projekte in Afrika. Sie erzählt ausführlich, wie schwierig und langwierig es war, beispielsweise in Kinshasa ein Haus für Waisenkinder zu errichten. Und dass ihr zweiter Mann, der aus einer belgischen Unternehmerfamilie kam, dort viel gebaut hat. Sie denkt an den nächsten "Wiener Ball" in Brüssel, den sie vor 30 Jahren erfunden hat und der wieder organisiert werden muss. Nebenbei gibt sie ihren Enkeln Deutschunterricht, weil diese plötzlich ihre Liebe zu Österreich entdecken.

Ihren Söhnen durfte sie damals nicht Deutsch beibringen, weil ihr erster Mann befürchtet hat, dass sie dann nicht perfekt Französisch sprechen. "Das würde ich jetzt anders machen", meint sie entschuldigend.

Ihre gute Konstitution führt Barbara Francois auf Veranlagung zurück und darauf, dass ihre Eltern sie und ihre drei Brüder gegen Kriegsende nach Tirol in die Berge gebracht haben. Das habe sie abgehärtet, davon ist sie überzeugt. Was auch helfe, sagt die Wahlbelgierin mit österreichischem Zweitpass, sei, mit Begeisterung zu arbeiten.

Das tut sie ganz offensichtlich.